Der Abschlussbericht zur Doping-Affäre an der Universitätsklinik Freiburg wirft einen Schatten auf die komplette Erfolgsgeschichte des früheren Vorzeigeteams Telekom/T-Mobile. Nach der Befragung von 77 Zeugen kam die Doping-Untersuchungskommission zu dem Ergebnis, dass im Magenta-Radrennstall mehr als zehn Jahre lang manipuliert wurde. "Die Untersuchungskommission hat ermittelt, dass im Team Telekom/Team T-Mobile von 1995 bis 2006 durch die beiden Ärzte Dr. Heinrich und Prof. Schmid systematisch gedopt wurde", heißt es in dem 63-seitigen Abschlussbericht. "Das systematische Dopen unter ärztlicher Kontrolle wurde perfektioniert", sagte der Kommissionsvorsitzende Hans Joachim Schäfer bei der Vorstellung des Berichts am Mittwoch in Freiburg.
Neben zahlreichen geständigen Dopingsündern wurden die Radprofis Andreas Klöden und Matthias Kessler namentlich erwähnt und damit schwer belastet. Die drei Kommissionsmitglieder unter dem Vorsitz des Juristen Schäfer kamen zu dem Schluss, dass "neben dem geständigen Fahrer Patrik Sinkewitz während der Tour de France 2006 zumindest zwei weitere Radfahrer mit Hilfe der beiden Ärzte Eigenblutdoping betrieben haben: Matthias Kessler und Andreas Klöden." Kessler, noch bis zum 26. Juli wegen Testosteron-Dopings gesperrt, und Klöden haben bislang alle Doping-Vorwürfe bestritten.
Eigenblut-Transfusionen in Freiburg
"Ein Rhein-Konvoi mit mehreren Fahrzeugen hat sich nicht erweisen lassen. Aber es war in jedem Fall ein Fahrzeug mit Sinkewitz, Klöden und Kessler", sagte Schäfer. Die drei Fahrer sollen sich am 2. Juli 2006 während der Tour Eigenblut-Transfusionen unterzogen haben. Sinkewitz' frühere Freundin habe sie im Auto von Straßburg nach Freiburg gefahren - und wieder zurück.
Laut dem Dokument begann systematisches EPO-Doping in der Magenta- Equipe unter Anleitung der Teamärzte Schmid und Heinrich im Januar 1995 während eines Trainingslagers auf Mallorca. Schon 1994 seien Glucocorticoide und Wachstumshormone im Team Telekom eingesetzt worden. Der Bericht listet verschiedene Indizien auf, "die in Verbindung mit weiteren Erkenntnisquellen der Kommission auf Doping mit EPO-Präparaten oder Blutdoping bis einschließlich 2006 hindeuten".
77 Zeugen
Für seinen Bericht hat das Gremium mit Schäfer, Biochemiker Wilhelm Schänzer und dem Pharmakologen Ulrich Schwabe insgesamt 77 Zeugen, viele aus dem Bereich des Profi-Radsports, befragt. Zudem wurden zahlreiche Quittungen und Kontobewegungen ausgewertet und nachträglich 58.800 Blutproben nachgetestet. "Mühsam war es", sagte Schäfer.
Zugleich entlastete die Kommission die Bonner Unternehmen Telekom und T-Mobile. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die früheren Hauptsponsoren "in die Aktivitäten der dopingbelasteten Ärzte verwickelt waren". Auch die Uniklinik habe demnach keine Kenntnis von den Dopingvorgängen in ihrem Haus gehabt. "Ein Ergebnis des Kommissionsberichts ist, dass die maßgeblich für die Betreuung von Profiradsportlern verantwortlichen Ärzte ohne Kenntnis und ohne Nebentätigkeitsgenehmigung des Universitätsklinikums zusätzliche persönliche Einkünfte erzielten", hieß es.
Auch die Apotheke der Uniklinik sei "zu keiner Zeit in die Beschaffung von Dopingmitteln durch die beiden Ärzte" involviert gewesen. "Vielmehr konnte aus Sicht der Kommission eine Apotheke in Elzach als eine der Haupt-Lieferanten ermittelt werden", schreibt die Kommission. Neben den beiden maßgeblich beschuldigten Medizinern Schmid und Heinrich hätten drei weitere Ärzte ungenehmigte Nebeneinkünfte erhalten.