Ohne Jan Ullrich und zahlreiche weitere Spitzen-Radsportler beginnt die Tour de France. Wegen Doping-Vorwürfen wurden unmittelbar vor dem Start Ullrich, Ivan Basso und Dutzende andere prominente Radsportler von ihren Teams suspendiert. Tour-Direktor Christian Prudhomme hatte am Freitag im Startort Straßburg mitgeteilt, dass alle Team-Manager zugestimmt hätten, ihre von den spanischen Doping-Ermittlungen betroffenen Radsportler zurückzuziehen.
Die Tour startet daher mit einem deutlich kleineren Feld als den bislang gemeldeten 189 Fahrern. Auf der Liste der spanischen Ermittler standen die Namen von 56 Fahrern. Die Teams von Ullrich, Basso und des Spaniers Francisco Mancebo bestätigten die Sperren. Prudhomme zeigte sich entschlossen, radikal gegen das Doping vorzugehen. "Der Feind ist nicht das Radfahren, der Feind ist das Doping."
Ullrich ist schockiert
Für Ullrich platzte der Traum vom zweiten Toursieg schon vor dem offiziellen Beschluss der Tourleitung. Das T-Mobile-Team suspendierte ihn wegen "begründeter Zweifel" an seinen Unschuldsbeteuerungen. Ullrich sagte vor Fernsehkameras, unter anderem des ZDF.
Ullrich fühle sich als Opfer: "Ich bin in einem absoluten Schockzustand. Das ist das Schlimmste, was mir bisher in meiner Karriere passiert ist. Ich kann nur sagen, dass ich nach wie vor nichts mit der Sache zu tun habe." Er werde weiter kämpfen, sagte Ullrich. Die "Frankfurter Rundschau" zitierte Ullrich mit den Worten: "Mir kann ja keiner was. Ich habe nichts zu verbergen. Und ich habe auch nichts zu beweisen."
Teammanager ist enttäuscht von Ullrich
Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds, Thomas Bach, forderte eine schnelle Aufklärung. Dabei könne auch ein DNA-Test helfen, erklärte Bach in Frankfurt am Main. In der vorbehaltlosen Mitwirkung Ullrichs liege eine Chance für ihn selbst und für den Anti-Doping-Kampf. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble bezeichnete die Entscheidung, Ullrich zu sperren, als richtig. "Wir nehmen den Kampf gegen Doping ernst", sagte Schäuble im ARD-Mittagsmagazin. Es dürfe aber keine Vorverurteilung geben.
Auch der zweite Spitzenfahrer des Teams, Oscar Sevilla, und Sportdirektor Rudi Pevenage wurden wegen Dopingverdachts suspendiert, wie T-Mobile-Sprecher Luuc Eisenga mitteilte. Er könne dazu nur so viel sagen, "dass die Information klar genug ist, um jeden Zweifel auszuräumen". Teammanager Olaf Ludwig zeigte sich tief enttäuscht über die suspendierten Fahrer. "Wir haben mehrmals mit den Fahrern gesprochen und ihre Unschuldsbeteuerungen sogar in schriftlicher Form vorliegen", sagte er.
56 Radfahrer auf der Liste
Der spanische Radiosender Cadena SER berichtete am Donnerstag, Ullrich werde in den Notizen des mutmaßlichen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes erwähnt. Die spanische Polizei habe die in den Unterlagen des Arztes aufgeführten Code-Namen entschlüsselt.
Genannt würden 56 Radfahrer, darunter auch der Amerikaner Tyler Hamilton, der Kolumbianer Santiago Botero, die Spanier Francisco Mancebo, Joseba Beloki, Roberto Heras, Santi Perez und Jose Enrique Gutierrez. In Fuentes’ Klinik wurden im Mai Steroide, Hormonpräparate und das leistungssteigernde Mittel EPO beschlagnahmt. Außerdem wurden fast 100 Blutbeutel und Dokumente über Doping-Behandlungen an Radsportlern gefunden. ARD und ZDF erklärten, sie würden die Tour de France wie geplant übertragen.