Deutschlands Handballer sind wieder wer. Im Finale der Europameisterschaften musste sich das DHB-Team nach großem Kampf Titelverteidiger Schweden erst nach der Verlängerung geschlagen geben.
Dramatik und Pech
In einem dramatischen Spiel unterlag die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) dem schwedischen Drei-Kronen-Team mit 31:33 (26:26 nach 60 Minuten) nach der Verlängerung. Die Schweden sicherten sich damit zum vierten Mal den Europameister-Titel. Pech für den Überraschungs-Finalisten, dass am Ende der regulären Spielzeit ein Treffer des Lemgoers Florian Kehrmann zum 27:26 nicht anerkannt wurde. Beste Torschützen im Team von Bundestrainer Heiner Brand waren Mark Dragunski (Essen/6), Stefan Kretzschmar (Magdedurg/6/1) und Daniel Stephan (Lemgo/6/2). Für Schweden erzielte Stefan Lövgren (8/5) vom Bundesligisten THW Kiel die meisten Treffer.
Sehenswerter Auftritt
Mit Irokesen-Frisuren und Bärten nach Heiner-Brand-Vorbild stellte sich die deutschen Spieler der bisher unbekannten Herausforderung eines EM-Finales. Böller und Raketen beim Einlaufen der Mannschaften und 14 303 begeisterte Zuschauern erzeugten eine Gänsehaut-Atmosphäre. Doch mit kühlem Kopf und heißem Herzen widerstanden die deutschen Nationalspieler allen äußeren Einflüssen, und hatte wenige Sekunden vor Schluss gar die Hand an der Goldmedaille.Erst sieben Sekunden vor Schluss der regulären Spielzeit erzielte Staffan Olsson das 26:26 und retteteSchweden damit in die Verlängerung.
Beeindruckte Schweden
»Wir schenken denen nicht die Medaille. Es wäre geil, wenn 14 000 Schweden heulend aus der Halle rennen«, gab sich der Magdeburger Linksaußen Stefan Kretzschmar kämpferisch, dessen Freundin Franziska van Almsick der deutschen Mannschaft von der Tribüne aus die Daumen drückte. Das schien zu wirken. Denn der erste Durchgang ernüchterte die frenetischen schwedischen Fans von Minute zu Minute. Die deutsche Deckung stand solide, und im Angriff spielte die DHB-Auswahl effektiv. Bei 2:1 (3.) hatte sie erstmals die Führung inne. Zwar wendete der Gastgeber das Blatt und verschaffte sich gar einen 11:8- Vorsprung, aber davon ließ sich der Olympia-Fünfte weder beeindrucken noch beirren. Beim 11:11 (26.) war er wieder dran, ehe Mark Dragunski (Essen) mit zwei Treffern in Folge die 14:13-Halbzeitführung erzielte.
Leitfigur Zerbe
»Die Rückkehr hat sich gelohnt. Ich habe gezeigt, dass ich kein Seuchenvogel bin«, freute sich Volker Zerbe, der erst kurz vor der EM wieder sein Comeback in der Nationalmannschaft gegeben hatte und noch nie eine Medaille gewann. Im Halbfinale gegen Dänemark (28:23) und im Finale gegen Schweden bot der 33-jährige Rückraumspieler seine besten Turnierleistungen. »Ich könnte ihn in den Arm nahmen. Er hat ein Riesenspiel gemacht«, lobte Kretzschmar. Und Bundestrainer Heiner Brand meinte: »Er hat sich alles aufgehoben und in der Vor- und Hauptrunde nur geblufft«.
Starker Schweden-Keeper
Zerbe und Kretzschmar waren maßgeblich daran beteiligt, dass ihre Mannschaft in der zweiten Halbzeit den Schweden immer mehr den Schneid abkaufte und zu Fehlern verleitete. Mit seinem ersten verwandelten Siebenmeter verschaffte Kretzschmar dem DHB-Team einen 18:16-Vorteil (40.). Der baumlange Dragunski erhöhte mit seinem fünften Tor sogar auf 20:17 (43.). Doch dann steigerte sich Schwedens Torhüter Peter Gentzel vom Bundesligisten HSG Nordhorn. Die Ballgewinne nutzen die Schweden zum 20:20-Ausgleich (46.).
Anschließend kippte das Spiel. Durch drei Zeitstrafen wegen Fouls und eines Wechselfehlers standen zwischenzeitlich nur drei deutsche Akteure auf dem Parkett, und der Gastgeber nutzte seinen Vorteil zur vorentscheidenden 25:22-Führung (54.).