Wie viele Fahrzeuge in dieser Zeit nicht produziert werden, wollten Konzern und Betriebsrat nicht beziffern. Die Mercedes Car Group hat in Deutschland rund 160.000 Beschäftigte. Am Mittwoch hatten Vorstand und Gesamtbetriebsrat die Verhandlungen über das geplante Sparpaket fortgesetzt.
Fackelzug in Düsseldorf
In der Nacht zum Donnerstag hatten die Beschäftigten im Werk Düsseldorf bereits vorübergehend die Arbeit niedergelegt und damit ihre Proteste gegen die Sparpläne des Unternehmens begonnen. Nach Angaben des Betriebsrates stellten 760 Mitarbeiter pünktlich zu Beginn der Spätschicht um Mitternacht die Arbeit ein. Auch die nachfolgenden Schichten sollen jeweils zu Beginn die Arbeit zeitweise aussetzen. Rund 400 Beschäftigte beteiligten sich zudem an einem Fackelzug zu der nächtlichen Kundgebung am Werk.
Hubbert will 500 Millionen Euro einsparen
Mercedes-Chef Jürgen Hubbert hat mit dem Abbau von 6.000 Arbeitsplätzen in Sindelfingen gedroht, wenn bei der künftigen Produktion der neuen C-Klasse nicht 500 Millionen Euro eingespart würden. Dann könnte die Produktion von Sindelfingen hauptsächlich nach Bremen und teilweise nach Südafrika verlagert werden, wo die Arbeitskosten deutlich niedriger seien. Der Betriebsrat ist bereit, im Rahmen der Umsetzung des Entgeltrahmentarifvertrages (ERA) auf rund 180 Millionen Euro zu verzichten. Umgekehrt müsse das Unternehmen alle Mercedes-Stellen bis 2012 garantieren.
Die Sparte Mercedes Car Group (Mercedes, smart, Maybach) ist mit Abstand der wichtigste Ertragsbringer des Autokonzerns. 2003 trug der Geschäftsbereich mit rund 3,1 Milliarden Euro zum gesamten operativen Konzerngewinn (Operating Profit) von 5,7 Milliarden Euro bei.
Protestzentrum in Sindelfingen
Die zentrale Protestkundgebung findet am (heutigen) Donnerstag im größten deutschen Mercedes-Werk in Sindelfingen statt. Dort gibt es 30.000 Beschäftigte. Aktionen gibt es auch an den Standorten Stuttgart-Untertürkheim, Gaggenau, Rastatt, Mannheim (alle Baden-Württemberg), Wörth (Rheinland-Pfalz), Hamburg, Düsseldorf, Berlin und Bremen.
Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm zeigt sich zunehmend enttäuscht über den harten Kurs von Mercedes-Chef Hubbert. "Der harsche Ton und die völlige Unbeweglichkeit in der Sache haben mich schon überrascht und, wenn ich ehrlich bin, auch schockiert", sagte der stellvertretende Aufsichtsratschef der Zeitung "Die Welt" (Mittwoch). Ein IG Metall-Sprecher ergänzte in Stuttgart, die Beschäftigten seien nicht bereit, den "Amoklauf des Vorstandes" länger hinzunehmen.
Proteste könnten weiter gehen
Ein Arbeitskampf sei derzeit aber kein Thema. Sollte der Vorstand allerdings nicht einlenken, könnten die Proteste weitergehen. Näher gekommen sei man sich mit dem Vorstand bei den Punkten Ergänzungstarifvertrag für Dienstleistungen und der bezahlten 40-Stunden-Woche in Forschung und Entwicklung, sagte Klemm.
Auch nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa sind die Verhandlungen keineswegs so verfahren, wie es derzeit den Anschein hat. Aus Unternehmenskreisen wurde bekannt, dass Klemm sich vor einigen Tagen zu einem Gespräch mit DaimlerChrysler-Vorstandschef Jürgen Schrempp getroffen hat. Branchenexperten gehen davon aus, dass der Konzernchef eine Eskalation des Konflikts vermeiden will. Hubbert hatte erklärt, bis Monatsende müsse eine Entscheidung fallen.
Sonderregelungen sind Konzern Dorn im Auge
Der Personalvorstand des nach Umsatz größten deutschen Unternehmens, Günther Fleig, bekräftigte in der "Welt" erneut die Notwendigkeit des Sparkurses. "Die zu schließende Deckungslücke in den Arbeitskosten hat sich in den vergangenen Jahren vergrößert." Dem Konzern sind vor allem Sonderregelungen in Baden-Württemberg ein Dorn im Auge. Dazu zählen insbesondere die "Steinkühler-Pause" von fünf Minuten pro Stunde sowie Spätschicht-Zuschläge von 15 Prozent schon von mittags 12.00 Uhr an. Mercedes-Chef Hubbert hatte in diesem Zusammenhang von einer "baden-württembergischen Krankheit" gesprochen. (dpa)