Deutsche Bank vs. Postbank "Die Bank hat kühlen Kopf bewahrt"

Die Finanzwelt atmet auf: Die Deutsche Bank wird die Postbank nun doch nicht übernehmen. "Es hätte auch keinen Sinn gemacht. Die beiden passen einfach nicht zusammen", so das einhellige Urteil von Finanzexperten.

Am Ende hat es dann doch nicht gereicht. Trotz der tagelangen Spekulationen machte der Vorstand der Deutschen Bank am Dienstag kein Übernahmeangebot für die Postbank. Das Gremium vertagte sich in Frankfurt, ohne eine Entscheidung mitzuteilen. "Die sechs Milliarden Euro Kaufpreis sind selbst für den Blauen Riesen zu viel", sagte ein Börsianer. "Die Bank hat kühlen Kopf bewahrt."

"Einmalige Chance"

Auf den ersten Blick war die Postbank ein attraktiver Übernahmekandidat: 11,5 Millionen Privatkunden, die außer ihrem Sparbuch bislang kaum Bankprodukte nutzen, hätten dem deutschen Branchenprimus ein enormes Potenzial geboten. Die Bank wäre mit knapp 20 Millionen Kunden zum führenden Institut unter den Privatbanken in dem Bereich geworden. "Das wäre eine einmalige Chance gewesen", findet die Landesbank Rheinland-Pfalz. Ein Postbank-Kunde sei mit durchschnittlich 1,8 Bankprodukten bisher "absolut unterversorgt".

Aber in der Praxis waren die Hindernisse wohl einfach zu hoch. Die Preisvorstellungen der Post und des hochverschuldeten Bundes, der die Mehrheit an der Deutschen Post hält, von bis zu neun Milliarden Euro waren dem "global player" Deutsche Bank zu viel.

"Die Übernahme hätte auch keinen Sinn gemacht. Deutsche Bank und Postbank passen einfach nicht zusammen", lautet das einhellige Urteil aus Finanzkreisen. Die größte deutsche Bank pflegt ihr Image als Hochpreisanbieter, der im Privatkundengeschäft anspruchsvolle Kunden für margenstarke Investmentprodukte anzieht. Die Postbank dagegen stellt ihre Kundschaft mit wenigen und einfachen Produkten von der Stange zufrieden. Da ist es schwer vorstellbar, dass Deutsche-Bank- Filialen in Poststellen umgesiedelt werden. "Das erfordert eine Zwei- Marken-Strategie", sagt Alexander Plenk von der Bankgesellschaft Berlin. "Die erhofften Einsparungen wären gering."

Nachfolger für Ackermann gesucht?

Mit seiner Zurückhaltung hat Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann einen Zick-Zack-Kurs vermieden und seine Glaubwürdigkeit bewahrt. Erst vor wenigen Wochen hatte die Deutsche Bank die Postbank damit beauftragt, ihr die Abwicklung des Zahlungsverkehrs abzunehmen. "Der Rückkauf wäre ein Rückschritt gewesen", meinen Beobachter. Von Ackermanns Logik, die Bank auf ihre Kerngeschäfte zu fokussieren und unrentable Randbereiche abzustoßen, wäre nichts mehr übrig geblieben.

Berichte über ein Zerwürfnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank wurden zurückgewiesen. Es sei unverständlich, wieso bereits dementierte Spekulationen wieder aufgekommen seien, sagte ein Sprecher. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, Bankchef Josef Ackermann sei im Streit um die künftige Strategie isoliert, der Aufsichtsrat suche bereits nach einem Nachfolger.

Imageschaden mit schlechtem Beigeschmack

Am schwersten wog aber wohl der zu befürchtende Imageschaden, den die Bank erlitten hätte. Als Konsortialführerin hat sie den für Juni geplanten Börsengang der Postbank begleitet und verfügt über Insiderwissen. "Die Übernahme hätte einen schlechten Geschmack hinterlassen", kritisierte die Sprecherin der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Reinhild Keitel. Die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) erklärte bereits, den Fall prüfen zu wollen.

Bei einer Absage des Börsengangs der Postbank hätte es an allen Fronten Kritik gehagelt. "Die Post-Aktionäre könnten Schadenersatzforderungen stellen, wenn sie keine bevorzugte Zuteilung der Aktien erhalten", sagte Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Viele Volkswirte sahen bereits den Finanzplatz Deutschland in Gefahr. Nach jahrelanger Flaute soll die Postbank das Emissionsgeschäft endlich wieder in Gang bringen. "Wir brauchen unbedingt den Postbank-Börsengang, um den anderen den Weg zu ebnen", sagt ein Börsianer. "Eine Absage könnte Deutschland sich einfach nicht leisten."

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Marion Trimborn/DPA

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