
Wenn Frauen Männer-Domänen erobern, ist das fast immer eine gute Nachricht – mit wenigen Ausnahmen. "Suchterkrankungen sind nach wie vor bei Männern etwa viermal häufiger, aber die Frauen holen auf", sagt Gabriele Fischer im Gespräch mit Simone Menne, der Gastgeberin des stern-Podcasts ''Die Boss – Macht ist weiblich". Neueste Untersuchungen aus den USA ergaben, dass durch die Legalisierung von Cannabis der Freizeitkonsum besonders bei den jungen Frauen steige. Denn anders als Männer ließen sie sich stärker von gesetzlichen Verboten beeinflussen. Auch Alkohol werde mehr und mehr zum Frauenthema – oft mit fatalen Folgen.
"Anders als bei anderen Krankheiten zögern Frauen bei Suchterkrankungen oft viel länger, bis sie sich in Behandlung begeben als Männer", erklärt die Leiterin der Abteilung für Suchtforschung und -therapie an der Uniklinik Wien, "häufig sind die Organschäden dann schon viel höher." Denn das Tabu sei bei Frauen noch deutlich höher. Und Scham verhindere, dass ihre Suchterkrankungen rechtzeitig behandelt würden.
Dr. Gabriele Fischer: Sucht ist keine Charakterschwäche
Dabei sei Sucht keine Charakterschwäche, betont Fischer, sondern eine chronische Krankheit. Zum Teil genetisch mitverursacht, zum Teil aber auch Begleiterscheinung ganz anderer psychischer Probleme. Und es gibt Hilfe – man muss sie sich aber auch holen. Umso wichtiger ist der Kampf gegen Verleugnung und Tabus.
Eine von Fischers wichtigsten Forschungs-Erkenntnissen: Es gibt nicht nur genetische Faktoren, sondern auch eine Reihe von Grunderkrankungen, die Menschen anfällig machen für Sucht aller Art. Vor allem, wenn sie nicht erkannt und behandelt werden. Insbesondere Jugendliche, die Schwierigkeiten haben, ihren Social Media-Konsum zu kontrollieren, sollten eigentlich auf ganz andere Krankheitsbilder getestet werden, sagt die Expertin.
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Wie viel ist zu viel?
Die Schwelle zwischen Genuss, gelegentlichem Kontrollverlust und handfesten Suchterkrankungen ist allerdings nicht so genau zu definieren. Erst vor Kurzem sorgte eine Empfehlung der deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zum Thema Alkohol für Diskussionen: Die Expertenrunde kassierte ihre bisherigen Grenzwerte für risikoarmen Konsum. Weil Alkohol in keiner Menge und Häufigkeit als wirklich unbedenklich gelten könne. Anders gesagt: Alkohol schadet der Gesundheit – egal, wie viel man trinkt. Gabriele Fischer geht da nicht mit: "Ich halte nichts von diesem totalitären Zugang, ich setze auf andere, nachhaltigere Wege statt auf Verbote."
Welche das sein könnten, warum Menschen eigentlich Süßigkeiten so unwiderstehlich finden, wenn sie sich gerade das Rauchen abgewöhnt haben und wie sich Gabriele Fischer als junge Frau gegen einen Chef durchsetzte, der ihre Stelle lieber einem Mann gegeben hätte, das erzählt sie im stern-Podcast "Die Boss – Macht ist weiblich".
Bei "Die Boss – Macht ist weiblich" sprechen Spitzenfrauen unter sich: Gastgeberin und Multi-Aufsichtsrätin Simone Menne (unter anderem Siemens Energy und Henkel) trifft Chefinnen aus allen Gesellschaftsbereichen, um mit ihnen über ihr Leben und ihre Karriere zu reden. "Die Boss" erscheint vierzehntäglich immer mittwochs auf stern.de sowie auf RTL+ und allen gängigen Podcast-Plattformen.
Hinweis der Redaktion: Der stern gehört zu RTL Deutschland.