Handel Schnäppchenjagd mit Schere

Auf der Jagd nach Schnäppchen greifen die Deutschen immer öfter zur Schere: In Millionenauflagen flattern den Verbrauchern derzeit Gutscheinhefte von Kaufhäusern und Lebensmittelketten ins Haus.

Die ausgeschnittenen Coupons bringen an der Kasse satte Rabatte. Handelskonzerne und Markenartikler hoffen so auf mehr und treuere Kunden. Auch die in der Anzeigenkrise steckenden Zeitungen mischen kräftig mit. Für sie kann der Abdruck von Werbung mit Rabattmarken und die Produktion von Beilagen zum lohnenden Zusatzgeschäft werden.

Als Erfinder

des «Couponing» gilt der Getränkemulti Coca-Cola. Der US-Konzern verschenkte vor mehr als hundert Jahren schon Gutscheine für ein Gratis-Glas Limonade, einzulösen bei Händlern und Wirten. Heute werden in den USA für «Smart Shopper» jedes Jahr mehr als 250 Milliarden Rabattmarken verteilt. Aber auch in Frankreich, Spanien und Großbritannien ist die Schnipseljagd schon beliebter Hausfrauensport. Hier zu Lande kommt das «Couponing» erst seit dem Wegfall des Rabatt-Gesetzes vor zwei Jahren voran.

«Der Verbraucher muss den Einsatz von Coupons noch lernen», sagte der Chef der Couponing-Agentur GVK, Eckard Winkelmann, der «Lebensmittelzeitung». Technisch gibt es keine Probleme mehr: Der Kunde gibt den Zettel beim Bezahlen an der Kasse ab. Dort wird er eingescannt und der Kaufpreis entsprechend reduziert. Aus den gesammelten Coupons rechnet eine Clearingstelle die Beträge zusammen, die der Händler von der Industrie bekommt.

Das größte

deutsche Handelsunternehmen METRO hat das Marketinginstrument ausführlich getestet. In zehn Real-Supermärkten wurde ein Rabatt-Heft im Wert von 8,90 Euro verteilt. Jeder zweite befragte Kunde gab an, dass er die angebotenen Produkte ohne Coupon nicht gekauft hätte. Auch Rewe (miniMal, toom, Penny), Kaufhof und KarstadtQuelle wollen das Gutschein-Geschäft weiter ausbauen. Die Besitzer von Kaufhof-Kundenkarten bekamen erst kürzlich wieder ein Gutschein-Heft für zehn Extra-Prozente auf Artikel freier Wahl.

In Berlin hat die Edeka-Tochter Reichelt seit Beginn des Jahres Tag für Tag ein Coupon-Angebot in der Zeitung. Zu Zehntausenden schnippeln sparsame Hauptstädter seither mit. Berlin war im vorigen Winter auch schon der Testmarkt für die erste eigene Coupon-Zeitung. In einer Auflage von 650 000 Exemplaren wurde die «raba.tt»-Zeitung fünf Monate lang kostenlos verteilt - mit mäßigem Erfolg. Die Entscheidung, ob das Experiment aufs Bundesgebiet ausgedehnt wird, lässt raba.tt-Geschäftsführer Michael Timmermann noch offen.

Großes Interesse

zeigen die Zeitungsverlage. «Das ist eine spannende Sache, besonders für regionale Zeitungen und Anzeigenblätter», sagt Geschäftsführer Jörg Laskowski vom Bund Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Aber auch die Großen der Branche sind dabei: Der Axel Springer Verlag bringt seit Oktober «Cent Plus» heraus. Das randvoll mit Coupons gefüllte Heft erscheint einmal im Monat als Beilage in «Bild am Sonntag» und «Bild der Frau». Bei anderen Verlagen werden noch Nullnummern produziert.

Als erste Zeitung

ließ im vergangenen Jahr das Springer- Flaggschiff «Bild» zur Schere greifen. Das Motto damals: «Super- Rabatte gegen den Teuro-Frust». Mal gab es Nachlässe auf Waschmittel bei Norma, dann auf Werkzeuge bei Praktiker, Textilien bei Kaufhof oder Fischbrötchen bei Nordsee. Allerdings wurden dabei auch juristische Grenzen deutlich. «Wenn der Coupon mehr wert ist als die ganze Zeitung, wird es wettbewerbsrechtlich bedenklich», warnt der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands HDE, Hubertus Pellengahr.

Der Verband

sieht die Schnipseljagd zurückhaltend. «Das Problem ist, dass es an der Kasse zwei verschiedene Preise gibt», sagt Pellengahr. «Der Kunde, der den vollen Preis zahlen soll, ist dann natürlich sauer.» Verbraucherschützer empfehlen in solchen Fällen eine gewisse Hartnäckigkeit - meist geben die Verkäufer dann auch ohne Coupon den Rabatt. Oder sie verweisen auf den nächstgelegenen Zeitungskiosk.