Die Ansage kam überraschend und sorgte für Gesprächsstoff, aber auch Stirnrunzeln im Berliner Regierungsviertel. Damit Deutschland die Euro-Verschuldungsgrenze 2005 wieder einhalte, werde er jene Subventionen abbauen, bei denen der unionsdominierte Bundesrat kein Mitspracherecht habe, verkündete Hans Eichel vergangenen Donnerstag am Rande des EU-Finanzministertreffens in Luxemburg. Falls dies nicht reiche, habe er "zusätzliche Maßnahmen" im Visier.
Mit Ankündigung Rätsel aufgegeben
Der deutsche Kassenwart, der mal als "Hans im Glück" gefeiert wurde, neuerdings aber als "das tapfere Schneiderlein" verspottet wird, weil seine Haushaltsplanungen Jahr für Jahr "auf Kante genäht" sind, gab mit seiner Ankündigung Rätsel auf. Was könnte der Mann meinen? Die von ihm geplanten Kürzungen verschiedener Vergünstigungen für Landwirte kann die Länderkammer zwar nicht verhindern. Sie bringen jedoch nur einige Millionen, jedenfalls viel zu wenige, um die Euro-Vorgaben zu schaffen. Die Abschaffung der Eigenheimzulage wiederum kann der Bundesrat stoppen. Union und FDP kündigten bereits Widerstand an.
Erste Anfragen im Bundesfinanzministerium, was Eichel gemeint habe, blieben unbeantwortet. Seine Sprecher hüllten sich in Schweigen. Steuererhöhungen? "Käse", hieß es knapp im Hause Eichel. Was also dann? Wieder Schweigen. Selbst in der Koalition wurde gegrübelt, was der Minister in petto habe. "Keine Ahnung", sagt eine führende Finanzpolitikerin. Es war die "Welt am Sonntag", die einen ersten Versuch machte, das Rätsel zu lüften. Sie berichtete über ein Streichliste Eichels, die Arbeitnehmer, Selbstständige und Wirtschaft treffen würde.
Regierung dementierte
Erwogen werde, die Pendlerpauschale weiter zu kürzen, die Steuerfreiheit der Zuschläge für Feiertags-, Sonntags- und Nachtarbeit zu beschneiden, meldete das Blatt. Auch eine Kappung der Ökosteuer-Vergünstigungen für die Industrie sei im Gespräch. Die Reaktion der Regierung kam prompt. "Es gibt keine Planungen, diese Maßnahmen zu ergreifen", sagte eine Sprecherin Eichels. In Regierungskreisen wurde der Bericht als "totaler Quatsch" zurückgewiesen. Jeder Versuch, Steuervergünstigungen oder Subventionen abzubauen, "würde an der Opposition scheitern".
Im Herbst 2006 ist Bundestagswahl. Union und FDP hätten, sollten die Pläne tatsächlich stimmen, neues Futter, Eichel und die Koalition, die sich seit kurzem im Aufwind befindet, wieder in die Bredouille zu bringen. Bisher war der Sozialdemokrat stets eher bereit, höhere Schulden zu machen als den Sparkurs zu verschärfen oder Steuern zu erhöhen. Das sei "Gift für die Konjunktur", erklärte er immer wieder. Seinen Versuch, bei der Mehrwertsteuer draufzusatteln, und im Gegenzug die Lohnnebenkosten zu senken, stoppte Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Knappe Sache
Klar scheint jedoch, dass Eichel etwas unternehmen muss, wenn er die Euro-Vorgaben 2005 halten will. Denn das wird eng, wie selbst sein Ministerium einräumt. Die Steuerschätzung kommenden November wird wieder eine Hiobsbotschaft bringen, ganz besonders für den Bund. 5,5 Milliarden Euro Mindereinnahmen für 2004 und 2005 sind in Sicht, wie aus Schätzer- und Länderkreisen übereinstimmend berichtet wird.
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute gehen zudem davon aus, dass das Wachstum kommendes Jahr schwächer wird als dieses und dass sich die Lage am Arbeitsmarkt nur marginal bessert. Das wiederum drückt die Steuereinnahmen und sorgt für anhaltend hohe Sozialausgaben des Staates. Eichel plant eine Art Notpaket, um die Euro-Kriterien zu erfüllen. Entscheidungen würden "im Lichte der Steuerschätzung" fallen, heißt es fast schon routinemäßig im Finanzministerium.