Übernahmekampf Der "Facelifter" als Waffe

Die eigenen Stärken loben, die gegnerischen Schwächen betonen - Aventis-Chef Landau rüstet sich für die Schlacht. Neue Produkte wie der "Facelifter aus der Flasche" sollen das Image von Aventis retten.

Die eigenen Stärken loben und den Gegner schlecht machen: Im spektakulärsten Übernahmekampf der europäischen Wirtschaftsgeschichte seit Mannesmann/Vodafone malte ein selbstbewusster Aventis-Chef Igor Landau am Donnerstag in London die Zukunft seines deutsch-französischen Pharmakonzerns in rosaroten Farben. Neue Produkte vom Diabetes-Mittel bis zum "Facelifter aus der Flasche" sollen den Aktionären satte Dividenden sichern und Aventis vom Image eines innovationsschwachen Unternehmens befreien.

Denn der unter Druck geratene Konzern ist schon lange kein Börsenliebling mehr. Beim Übernahmeangebot von Sanofi-Synthelabo in der vergangenen Woche war der kaum halb so große französische Konkurrent etwa gleich viel wert, erst danach setzte die Aventis-Aktie zu einem kleinen Höhenflug an.

Diese schwache Börsenbewertung hat Aventis erst zum Übernahmekandidaten gemacht. Konzernvize Richard Markham bemühte sich deshalb in London, die Finanzwelt ausführlich von der Qualität der "Pipeline" zu überzeugen, den Produkten im Entwicklungsstadium, die für die Zukunft des Unternehmens stehen.

Die Kriegskasse wird gefüllt

Landau versucht zunächst einmal, den Sanofi-Angriff im Alleingang abzuwehren, ohne einen starken "Weißen Ritter", der sich derzeit auch nicht gerade aufzudrängen scheint. Dazu will Aventis nicht-strategische Aktivitäten abstoßen, die derzeit 1,5 Milliarden Euro zum Umsatz beitragen. Das füllt die Kriegskasse und konzentriert das Portfolio weiter auf die wenigen "Blockbuster", mit denen Aventis derzeit sein Geschäft macht. Dabei stützt sich das deutsch-französische Unternehmen auf unerwartet hohe Gewinne im Kerngeschäft. Im vergangenen Jahr sei dort der Überschuss um 17,5 Prozent auf 2,444 Milliarden Euro gestiegen, teilte Aventis am Donnerstag in Straßburg und London mit. Der Gewinn je Aktie sei um 18,6 Prozent in die Höhe geschossen und werde im laufenden Jahr erneut um 15 Prozent zulegen.

Diese Zahlen belegten, dass Sanofis Offerte von 47 Milliarden Euro "Aventis fundamental unterbewertet", sagte Konzernchef Igor Landau. "Das feindliche Übernahmeangebot ist lediglich ein Versuch von Sanofi, die eigenen Risiken auf Aventis zu übertragen." Bis mindestens 2007 hat Aventis seinen Aktionären weiter zweistellige Gewinnsprünge versprochen. Die Anleger beeindruckte dies allerdings nicht: Die Aventis-Aktie verlor bis zum Mittag 0,64 Prozent auf 61,75 Euro. Auch ein neues Aktienrückkaufprogramm soll Sanofi eine Übernahme erschweren.

Landau hält sich alle Optionen offen

Aber welche Karte Aventis in dem Milliardenpoker letztlich ausspielen wird, weiß Landau derzeit auch nicht. Alle Optionen seien offen, auch die eines spektakulären Gegenangebots für Sanofi. Der Rivale, dessen Chef Jean-Francois Dehecq derzeit öffentlich auch nicht gerade zimperlich mit seinem Objekt der Begierde umspringt, bekam erst Mal sein Fett weg. "Unsere Strategie ist weit besser ist als die, die Sanofi auf den Tisch gelegt hat", tönte Landau.

Die von Dehecq vollmundig angekündigten Synergieeffekte und Umsatzsteigerungen seien wohl kaum zu realisieren, eine Übernahme per Aktientausch berge für die Aventis-Aktionäre große Risiken. Denn ein Blockbuster von Sanofi drohe den Patentschutz zu verlieren, mit drastischen Folgen für den Börsenwert der Franzosen und die Brieftasche der Anleger.

Fakten gegen die Träume des Konkurrenten

Und wenn Dehecq stichele, dass sein Unternehmen mit halb so viel Geld gleich viele Projekte entwickele, dann solle dieser sich mal anschauen, welche Entwicklung es denn letztlich bis zum Medikament schaffe. Alles in der vorklinischen Phase sei in der Pharmabranche erst mal nicht mehr als "ein Traum".

Den Träumen und Hoffnungen des Konkurrenten wolle Aventis Fakten entgegenstellen: Vier neue Produkte 2004, zwei Milliarden Euro Umsatz zusätzlich ab 2007 durch jetzt noch nicht eingeführte Medikamente. Der Gewinn pro Aktie werde weiter zweistellig wachsen, verspricht Aventis. An der Börse konnte der Konzern sich am Donnerstag mit seinen Zahlen zunächst etwas weiter Luft verschaffen. Bis zum Nachmittag legte das Papier in Paris um etwa ein Prozent zu.

AP
Uwe Gepp, AP

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