Der französisch-deutsche Aventis-Konzern hat das verbesserte Übernahmeangebot seines kleineren Rivalen Sanofi-Synthelabo angenommen und damit grünes Licht zur Schaffung des weltweit drittgrößten Pharma-Unternehmens gegeben.
Aventis-Vorstand und -Aufsichtsrat empfehlten den Aktionären das nunmehr freundliche Sanofi-Angebot von rund 54 Milliarden Euro, teilte der in Straßburg ansässige Konzern am Montag mit. Damit ging ein dreimonatiger zäher Übernahmekampf zu Ende, in dem zuletzt auch noch der Schweizer Wettbewerber Novartis mitmischte. Die Bundesregierung sieht nach Worten ihres Sprechers Bela Anda durch den Zusammenschluss den Standort Frankfurt gestärkt. Der Betriebsrat von Aventis-Pharma in Deutschland befürchtet dagegen Verlagerungen von Arbeitsplätzen nach Frankreich. In Deutschland arbeiten für Aventis etwa 9.000 Menschen, davon die meisten im Rhein-Main-Gebiet. An der Pariser Börse wurden Sanofi- und Aventis-Aktien bis zum frühen Nachmittag vom Handel ausgesetzt.
Die neue Gruppe "Sanofi-Aventis" wäre nach dem US-Branchenprimus Pfizer und der britischen GlaxoSmithKline die Nummer Drei der Branche. Sie käme auf einen Jahresumsatz von rund 25 Milliarden Euro und würde weltweit rund 110.000 Mitarbeiter beschäftigen. Sanofi verspricht sich von der Übernahme Synergien über 1,6 Milliarden Euro bis 2006.
Frankreich begrüsst nationale Lösung
Sanofi-Chef Jean-Francois Dehecq soll dem fusionierten Konzern vorstehen. Das neue Angebot beinhalte fünf Sanofi-Aktien je sechs Aventis-Aktien plus 120 Euro in bar, erklärte Sanofi. Alternativ gebe es auch ein reines Aktien- und ein reines Barangebot. Insgesamt solle der Baranteil der Offerte jedoch 29 Prozent nicht überschreiten. "Endlich ist es passiert. Die (französische) Regierung wird mit diesem Ergebnis glücklich sein", kommentierte Jaques-Antoine Bretteil, Fondsmanager bei International Capital Gestion in Paris. Frankreichs Ministerpräsident Jean-Pierre Raffarin äußerte sich umgehend positiv zu dem Zusammengehen. Die Regierung hatte stets eine klare Präferenz für eine "nationale Lösung" gezeigt und stand einem Zusammenschluss mit Novartis kritisch gegenüber.
Milliardenkredit zur Finanzierung
Zur Finanzierung der Barkomponente seines erhöhten Übernahmeangebots nimmt Sanofi einen Kredit über 16 Milliarden Euro in Anspruch. Vorstandschef Jean-Francois Dehecq sagte auf einer Pressekonferenz am Montag ferner, dass Schulden im Zusammenhang mit der Übernahme von Aventis innerhalb von fünf Jahren mittels der Generierung von Cash-Flow zurückgezahlt würden.
Kritiker warfen der französischen Regierung wiederholt Einmischung vor und sagten, die Parteinahme könne potenzielle Investoren abschrecken. Hätte Sanofi den Übernahmekampf gegen Novartis verloren, wäre der französische Konzern nach Einschätzung von Experten selbst zu einem Übernahmeziel geworden. Damit wären dann womöglich die beiden führenden französischen Pharmakonzerne in ausländische Hände geraten.
Sanofi hatte zunächst Ende Januar eine feindliche Übernahmeofferte im Wert von inzwischen rund 47 Milliarden Euro für Aventis vorgelegt. Das Management der erst 1999 aus der Fusion der französischen Rhone-Poulenc und dem Frankfurter Hoechst-Konzern entstandenen Aventis hat das ursprüngliche Angebot aber mehrfach als zu niedrig zurückgewiesen.
Betriebsrat befürchtet Verlagerungen
Der Betriebsrat von Aventis-Pharma in Deutschland befürchtet durch den Zusammenschluss den Verlust von Arbeitsplätzen im Rhein-Main-Gebiet. "Natürlich gibt es Bedenken, dass es zu Verlagerungen nach Frankreich kommt", sagte Michael Klippel, Betriebsratschef von Aventis Pharma in Deutschland. In den nächsten Tagen werde es Gespräche mit dem Management geben. Gebe es keine Zusagen zur Sicherung der Beschäftigung, würden Proteste organisiert. Nach Aventis-Angaben hatten die Arbeitnehmervertreter im Aventis-Aufsichtsrat gegen die Vereinbarung mit Sanofi gestimmt. Die zuständige Gewerkschaft IG BCE will bei einem Zusammenschluss die Forschungsarbeitsplätze in Deutschland erhalten. "Deutsche Sanofi-Standorte ohne Forschung und Entwicklung sind nicht vorstellbar", sagte der BCE-Vorsitzende Hubertus Schmoldt in Hannover.
Bereits am Sonntag hatte der Schweizer Rivale Novartis nach Bekanntwerden der Einigung mitgeteilt, nun kein Gegenangebot vorzulegen und sich aus dem Rennen um Aventis zurückzuziehen, nachdem er erst wenige Tage zuvor die Aufnahme von Fusionsverhandlungen bekannt gegeben hatte. Novartis war von Aventis zu Fusionsgesprächen eingeladen worden. Dadurch hatte sich der Druck auf Sanofi erhöht, eine verbesserte Offerte vorzulegen. Novartis-Aktien verzeichneten am Montag deutliche Kursgewinne.
Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 24. Mai sollen Sanofi-Aktionäre der neuen Offerte zustimmen. Die beiden Sanofi-Hauptaktionäre, der Kosmetikkonzern L’Oreal und der Mineralölkonzern Total, unterstützten das neue Angebot. Das Direktorium der neuen Gruppe werde 17 Mitglieder haben, teilte Sanofi weiter mit. Neben Konzernchef Dehecq kämen je acht Mitglieder von Aventis und von Sanofi in das Gremium.