Busbahnhof Victoria, London. Damian ist gerade aus Polen angekommen und sieht sich noch etwas unsicher um. Der 28-Jährige hat in Breslau (Wroclaw) als Zahntechniker gearbeitet. Aber die Bezahlung war nicht gut. Jetzt sucht er Arbeit in Großbritannien. Was, ist egal, erklärt er in gebrochenem Englisch. Hauptsache, es bringt Geld. Nach London ist er gekommen, weil sich Großbritannien anders als die meisten der 15 "alten" EU-Länder sofort für Arbeiter aus den zehn neuen Beitrittsländern geöffnet hat.
Täglich kommen an der Victoria Station Busse aus Danzig, Krakau oder Warschau an. Es sind überwiegend junge Leute, die da aussteigen, gewöhnlich mehr Männer als Frauen. Sie versuchen, der Arbeitslosigkeit zu entkommen, die in Polen bei rund 20 Prozent liegt. Die meisten wollen nur für ein paar Jahre im Ausland arbeiten und dann wieder zurückgehen.
Schon vor der Osterweiterung der EU sind viele Polen zum Arbeiten nach Großbritannien gegangen, oft illegal. Aber seit dem 1. Mai ist ihre Zahl deutlich gestiegen - Schätzungen zufolge ums Doppelte. "Jeden Tag kommen etwa 20 bis 25 Busse, manche fliegen auch von Polen hierher", sagt Tomasz Trafas, der polnische Generalkonsul in London. "Insgesamt sind das vielleicht 2000 Personen am Tag."
"Nicht das gelobte Land"
Viele Neuankömmlinge finden einen Job über Landsleute, die schon seit längerem in London wohnen. Manche arbeiten am Bau, wie Marcin (25) aus Elblag (Elbing), der seit einem halben Jahr in London lebt und mehr verdient als den Mindestlohn von 4,50 Pfund (6,75 Euro). Nächste Woche bekomme er eine Gehaltserhöhung, erzählt er stolz.
Aber nicht alle finden einen Job. "Das größte Problem ist Englisch. Viele sind nicht darauf vorbereitet, mit Ämtern umzugehen, Versicherungsfragen zu klären, oder ein Bankkonto zu eröffnen", sagt Laura Krzyszczuk von der Vereinigung von Polen in Großbritannien. "Ich hatte einige traurige Erlebnisse mit Leuten, die nicht finanziell abgesichert waren." Wenn sie nicht gleich einen Job finden, haben viele nicht mal genug Geld, um wieder nach Hause zu fahren. "Dann müssen sie beim Konsulat Geld leihen, um zurückgehen zu können." Trafas bestätigt: "Es ist eine harte Zeit für viele. Das ist hier nicht das gelobte Land."
"Wenn man hart arbeitet, sind die Leute nett"
Ganz andere Aussichten haben hoch qualifizierte junge Polen. Norbert (29) hat an der Universität Poznan Europäische Wirtschaftswissenschaften studiert und lebt seit mehr als zwei Jahren in London. Früher kam er während der Semesterferien nach England, um am Bau zu arbeiten. Heute bietet er als selbstständiger Sub- Unternehmer Internetdienste an.
Probleme damit, dass er Pole ist, hat er nicht. "Die Leute sind gerade nett zu dir, weil du Pole bist", sagt er. Seine Freundin Joanna (27), die auch Wirtschaftswissenschaften studiert hat und jetzt im Marketing-Gewerbe ist, stimmt zu: "Wenn man nur hart arbeitet, sind die Leute nett. Schließlich leben wir jetzt doch alle im geeinten Europa. Warum sollte man da Unterschiede machen?"