Amazon ist einer der größten Online-Händler Europas. Pro Jahr verschickt der Konzern Millionen Pakete. Doch nicht alle Waren behalten die Kunden, einige gehen als Retouren zurück – weil sie defekt sind, nicht passen oder einfach nicht mehr gefallen. Allein die Deutschen schickten im vergangenen Jahr 487 Millionen Artikel in 280 Millionen Paketen an die Online-Händler zurück, das entspricht etwa jedem sechsten Paket. Solch eine Rücksendeflut kann kein Unternehmen händisch bearbeiten, viele verlassen sich deshalb auf automatische Prozesse.
Diese Tatsache hat ein junger Spanier ausgenutzt, um Amazon im großen Stil zu betrügen. Der 22-Jährige soll insgesamt einen Schadenswert in Höhe von 330.000 Euro angerichtet haben – damit handelt es sich der auf Online-Handel spezialisierten Webseite "Tamebay" zufolge um den bislang größten Amazon-Betrug in der EU.
Es kommt auf das Gewicht an
Die Masche des Spaniers, der mit einem Partner zusammenarbeitete, war simpel, aber kreativ: Der Mann bestellte hochpreisige Elektronikprodukte, nach Erhalt wog er zunächst die Pakete. Anschließend öffnete er den Karton, entnahm die Ware und füllte das Paket anschließend mit Erde auf, bis das Ursprungsgewicht wieder erreicht war. Den Karton klebte er anschließend wieder zu und schickte ihn als Retoure zurück an Amazon – weil der Betrüger Prime-Kunde war, war die Rücksendung für ihn sogar kostenlos.
Bei Amazon werden Rücksendungen zunächst routinemäßig auf den Retourenschein und das Gewicht geprüft. Stimmt dieses mit den ursprünglichen Daten der Aussendung überein, wird der Rückabwicklungsprozess eingeleitet. Sprich: Die Rücküberweisung des Geldes wird eingeleitet, bevor das Paket überhaupt geöffnet wurde. Lediglich auffällige Pakete landen in einer händischen Sonderprüfung.
Die entwendeten Artikel verkaufte der Betrüger über eine eigens für diesen Zweck gegründete GmbH über einen Online-Shop. Die Masche funktionierte überraschend lange und sogar bei Waren mit einem Wert von 1000 Euro, etwa iPhones. Amazon wurde erst stutzig, weil die vergleichsweise hohen Rückgabequoten auffielen. Der Konzern veranlasste eine manuelle Prüfung durch Mitarbeiter – und der Betrug flog auf.
Der Täter wurde daraufhin gemeinsam mit seinem Partner verhaftet, später sollen sie gegen eine Kaution in Höhe von 3000 Euro freigelassen worden sein.
Amazon hat sich zu dem Fall bislang nicht geäußert.
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