Der wegen des Vorwurfs der Günstlingswirtschaft unter Druck stehende Weltbank-Präsident Paul Wolfowitz (63) hat bei der Beförderung seiner Lebensgefährtin Shaha Riza eindeutig gegen Richtlinien verstoßen und eigene Interessen über die der Bank gestellt. Das geht aus der Einschätzung eines vom Exekutivrat der Weltbank eingesetzten Untersuchungsausschusses hervor. Wolfowitz habe ethische Regeln und Verhaltensmaßstäbe der Bank verletzt, indem er nach seinem Wechsel zur Weltbank 2005 seiner ebenfalls bei der Organisation tätigen Lebensgefährtin einen deutlich höher bezahlten Posten mit einer automatischen jährlichen Gehaltserhöhung beschaffte.
Die Weltbank befinde sich angesichts der Vorgänge in einer "Führungskrise", heißt es in dem Bericht an das oberste Führungsgremium der Bank weiter. Das Direktorium müsse erwägen, ob Wolfowitz weiterhin seine Führungsrolle ideal ausfüllen könne, erklärte der Ausschuss. Das Direktorium sollte nun über die Zukunft Wolfowitz' beraten.
Persönliche Stellungnahme
Nach Angaben der Weltbank soll Wolfowitz vor dem Exekutivrat erscheinen, um persönlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Der 24-köpfige Vorstand müsse dann entscheiden, ob Wolfowitz noch die notwendige Führungsrolle bei der Bekämpfung der Armut in der Welt einnehmen könne, um die Mission der Weltbank zu erfüllen. Der Vorstand, der letztlich über das Schicksal des Bank-Präsidenten entscheiden muss, hat bereits eine Reihe von Disziplinarmaßnahmen erörtert. Er könnte Wolfowitz entlassen, ihn zum Rücktritt auffordern, ihm das Misstrauen aussprechen oder ihn rügen. Bislang haben Vorstandsmitglieder zum Misstrauensvotum tendiert, was es Wolfowitz praktisch unmöglich machen würde, weiter im Amt zu bleiben.
Einen Rücktritt hat Wolfowitz bislang abgelehnt, die Vorwürfe bezeichnete er als "Schmutzkampagne". Er habe sich in der strittigen Angelegenheit stets an die Ratschläge der Ethik-Kommission der Bank gehalten. Dies wurde jedoch vom früheren Chef des Gremiums, dem Niederländer Ad Melkert, gegenüber dem Untersuchungsausschuss bestritten.
Vor allem die europäischen Mitglieder der Weltbank dringen auf einen Rücktritt Wolfowitz'. Sie wollen erreichen, dass er sein Amt freiwillig aufgibt, um eine Spaltung bei einer Abstimmung im Exekutivrat zu vermeiden.
USA fordern faire Behandlung
Aus Kreisen des Direktoriums verlautete indes, dass die USA versucht hätten, den Bericht des Ausschusses ein paar Stunden zurückzuhalten. Die USA erklärten, ihnen sei es dabei lediglich darum gegangen, dass Wolfowitz fair behandelt werde. Vertreter des Direktoriums mutmaßten jedoch, die US-Regierung habe damit der wachsenden Überzeugung in dem Gremium entgegenwirken wollen, dass Wolfowitz seinen Hut nehmen müsse. US-Finanzminister Henry Paulson sagte einer Sprecherin zufolge zu den jüngsten Einschätzungen, Wolfowitz müsse deswegen nicht zurücktreten. Die US-Regierung hat ihrem ehemaligen Vize-Verteidigungsminister und Bush-Berater bislang trotz internationaler Kritik den Rücken gestärkt.