Das Wachstum der wichtigen Weltregionen scheine zuletzt ausgewogener zu verlaufen, was in Richtung eines geordneten Abbaus der weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte wirken sollte, sagte Steinbrück am Dienstag in Singapur bei der Jahresversammlung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF). "Nichtsdestotrotz kann aber das Risiko eines ungeordneten Anpassungsprozesses der Ungleichgewichte nicht ausgeschlossen werden", warnte er. Um das zu verhindern, müssten alle Regionen ihren Beitrag leisten. Zur umfassenden Reform des Internationalen Währungsfonds werde Deutschland seinen Beitrag leisten. Auf die Möglichkeit einer Aufwertung der Position Deutschlands, das Steinbrück im Fonds für unterrepräsentiert hält, will er vorab nicht verzichten, wie er in Singapur wiederholt sagte.
Zeitpunkt für Reformen ist gekommen
Nach der Zustimmung der IWF-Mitglieder zum Start einer umfassenden IWF-Reform vom Vortag sagte Steinbrück am Dienstag in Singapur, bei einer umfassenden Neuverteilung der Quoten und damit Stimmen müssten die am meisten unterrepräsentierten Länder besser gestellt werden. Dem IWF-Chef Rodrigo Rato sagte der Minister die Unterstützung Deutschlands für den Reformprozess zu, formulierte aber deutsche Forderungen. Ziel der umfassenden Quoten-Neuordnung im IWF, der eine Erhöhung der Gewichte für China, Südkorea, Mexiko und der Türkei vorangeht, ist es, die Länder-Gewichte an ihre tatsächliche weltwirtschaftliche Bedeutung anzupassen. Dabei sollen die Positionen der Schwellenländer, aber auch der ärmsten Länder, aufgewertet werden. Die Industrieländer hatte Rato im Vorfeld zu einem Quotenverzicht aufgerufen.
Weltbankpräsident Paul Wolfowitz hat die reichen Staaten unterdessen dazu aufgerufen, sich verstärkt dem Kampf gegen die Armut in Afrika zu widmen. Es sei zu befürchten, dass die internationale Gemeinschaft ihren Verpflichtungen zu verstärkter Hilfe nicht nachkomme. "Ich bleibe überzeugt, dass Afrika unsere erste Priorität sein muss", sagte Wolfowitz. Auf internationale Hilfe seien besonders diejenigen Länder angewiesen, die sich um einen Ausweg aus Krisen bemühten, sagte der Weltbankpräsident und nannte Sierra Leone, Liberia, den Kongo und die Zentralafrikanische Republik.
Schwellenländer brauchen Unterstützung auch aus Deutschland
An der Ausarbeitung einer umfassenden IWF-Reform wird Deutschland nach Steinbrücks Worten konstruktiv mitwirken. Er erneuerte die deutsche Forderung, dass die neue Quotenformel die Offenheit einer Volkswirtschaft und deren Integration in die Weltwirtschaft berücksichtigen müsse. Generelle Quotenerhöhungen und damit zusätzliches Kapital für den Fonds sollten von dessen Liquiditätslage abhängig gemacht werden. Daneben sollte eine Quotenerhöhung mit mehr finanziellen Verpflichtungen versehen sein, etwa für Länderhilfen. Positiv beurteilt Steinbrück die Stärkung der Fonds-Überwachungsfunktionen. Noch Klärungsbedarf sieht er bei der Schaffung neuer IWF-Kreditinstrumente, für die Bundesbank-Chef Axel Weber allerdings keine Notwendigkeit sieht.
Um die Ungleichgewichte in der Welt abzubauen, bedarf es nach Steinbrücks Worten unter anderem mehr Flexibilität der asiatischen Länder bei den Wechselkursen. "Lassen sie mich ergänzen: alle Länder einschließlich derer in Südostasien sollten ein ausreichendes Maß an Wechselkursflexibilität zulassen", sagte Steinbrück laut Redetext. Andernfalls hätten Länder mit marktgerechten Wechselkursen einen unangemessen hohen Teil der Anpassungslasten zu tragen. Steinbrück rief zudem die Beteiligten zu neuen Bemühungen auf, um die Freihandelsrunde in der Welthandelsorganisation (WTO) - die Doha-Runde - wieder in Gang zu setzen. "Ich hoffe, dass eine Einigung in der absehbaren Zukunft gelingt", sagte er.