Bahn-Umzugspläne Neue Runde für Mehdorns Machtprobe

Wer hat das Sagen bei der Bahn? Der Streit über den möglichen Umzug der Bahn-Zentrale von Berlin nach Hamburg wird in einem Spitzentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Bahn-Chef Hartmut Mehdorn fortgesetzt.

Mehdorn komme in der zweiten Wochenhälfte zu einem Antrittsbesuch ins Kanzleramt, teilte ein Regierungssprecher mit. Der Vorstandschef der Deutschen Bahn AG habe um das Treffen gebeten, bei dem alle die Bahn betreffenden Themen angesprochen würden. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte berichtet, Merkel habe Mehdorn einbestellt, weil das Staatsunternehmen trotz Ablehnung der Bundesregierung an den Umzugsplänen festhalte. Gewerkschaftschef Norbert Hansen und Aufsichtsratschef Werner Müller warnten die Regierung vor voreiligen Festlegungen. Sie plädierten dafür, das Angebot des Hamburger Senats in Ruhe zu prüfen. Hamburgs Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) wies die Regierung demonstrativ darauf hin, dass die große Koalition ohne Hamburg keine Mehrheit im Bundesrat habe.

Das Bundeskabinett hatte sich am Dienstag gegen einen Umzug der Bahn-Zentrale ausgesprochen. Die Bahn hat Hamburg nach Angaben der Landesregierung ein Paket angeboten, das die Beteiligung der Bahn an dem größten Hafenunternehmen HHLA und der Hamburger Hochbahn (HHA) sowie die Verlagerung von Konzernleitung und Konzernfunktionen nach Hamburg beinhaltet. Die Regierung sähe darin eine Schwächung Ostdeutschlands.

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Basedow, äußerte Bedenken gegen einen Einstieg der Bahn bei der HHLA. Dann bestehe "die Gefahr, dass Straße und Binnenschifffahrt im Wettbewerb ausgebremst würden", sagte Basedow dem "Tagesspiegel am Sonntag". Die CSU-Bundestagsabgeordnete Renate Blank brachte in der "Bild am Sonntag" Mehdorns Ablösung ins Spiel. Er müsse sich einen anderen Politikstil einfallen lassen. "Ansonsten muss sich die Bahn überlegen, ob Mehdorn die Interessen des Unternehmens noch wirksam vertreten kann", sagte Blank. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Stephan Hilsberg warnte die Bahn, wenn sie an den Umzugsplänen festhalte, bekomme sie "ein Problem mit dem Eigentümer" - dies ist der Bund.

Arbeitnehmer nicht gegen den Umzug

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Transnet, Hansen, nannte in der "Bild am Sonntag" die Reaktion der Regierung zu hektisch. In der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch werde das Gremium den geplanten Einstieg der Bahn in Hamburg sicherlich begrüßen und den Auftrag erteilen, die Standortfrage in Ruhe zu prüfen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat gegen einen Umzug von Teilen der Bahn-Zentrale nach Hamburg aussprechen wird, wenn dieser Voraussetzung ist für die Beteiligung an der HHLA und der Hamburger Hochbahn", sagte Hansen, der stellvertretender Vorsitzender des Gremiums ist.

Aufsichtsratschef Müller sprach von einer nervösen Diskussion, die der gesamten Bahn AG schade. Das Angebot des Hamburger Senats müsse mit unternehmerischer Vernunft geprüft werden. "Hastige Schnellschüsse treffen selten ins Ziel", sagte der frühere Bundeswirtschaftsminister der "Bild am Sonntag".

Finanzsenator Peiner sagte der "Welt am Sonntag", Hamburg wolle die Bundesregierung in den nächsten zwei, drei Monaten überzeugen, dass es sich um ein ökonomisch sinnvolles Paket handele. Er warnte zugleich die Bundesregierung, die Interessen der sie unterstützenden Länder nicht zu vernachlässigen. Mit Blick auf den Bundesrat sagte Peiner: "Ohne Einbindung Hamburgs hat die Bundesregierung keine sichere Mehrheit. Das muss man gelegentlich den handelnden Personen in Berlin deutlich machen."

Das Magazin "Der Spiegel" berichtete, als Kompromisslösung werde hinter den Kulissen bereits über einen Umzug nicht der gesamten Bahn-Zentrale, sondern nur des Logistik-Bereichs einschließlich von Abteilungen diskutiert, die heute noch bei der Güterbahn Railion in Mainz oder bei der Logistik-Tochter Schenker in Essen säßen. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte bereits vorige Woche aus Kreisen des Unternehmens erfahren, dass ein Wechsel des Logistik-Zweiges nach Hamburg vorbereitet werde.

Reuters

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