Die Ankündigung der Deutschen Bank, trotz hoher Gewinne Tausende von Stellen zu streichen, hat parteiübergreifend Empörung ausgelöst. SPD-Fraktionsvize Michael Müller sprach in der "Berliner Zeitung" von einer "Schweinerei". "Die Gewinnerwartungen so zu Lasten der Arbeitsplätze zu überziehen, ist eine Unverschämtheit." Auch von Seiten der Grünen und des Arbeitnehmerflügel der CDU wurde scharfe Kritik laut.
"Dies ist ein Zeichen, dass die Wirtschaftsethik verloren zu gehen droht", sagte der derzeitige Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, der Bundestagsabgeordnete Gerald Weiß, der Zeitung. "Die alleinige Rendite-Orientierung ist ein Ausweis kurzfristigen Denkens. Man muss für die Menschen und mit den Menschen wirtschaften."
Entrüstung über die Pläne der Bank gab es auch bei den Finanzexperten von Rot-Grün. Der SPD-Politiker Joachim Poß sprach von einem Kurs, der moralisch wie volkswirtschaftlich fragwürdig sei. Kurzfristige steuerpolitische Maßnahmen schloss er allerdings aus. Zunächst müsse man in der Europäischen Union zu einer einheitlichen Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung kommen.
Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann hatte am Vortag angekündigt, dass trotz des besten Geschäftsergebnisses seit vier Jahren weitere 6400 Stellen abgebaut werden. 2004 steigerte die Bank ihr Ergebnis vor Steuern um 50 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro. Der Jahresüberschuss verbesserte sich um 87 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. "Dieser Erfolg ist Beweis dafür, dass wir gut aufgestellt sind", sagte Ackermann.
Die Ankündigung des Deutsche-Bank-Chefs erregen gerade auch deshalb Empörung, weil viele Deutsche derzeit noch von Existenzängsten geplagt werden. So erwarten sich viele Bundesbürger angesichts der Rekordarbeitslosigkeit von über fünf Millionen Arbeitslosen im Januar wenig vom Arbeitsmarkt. "Noch nie waren die Werte über die persönliche Zukunft so schlecht wie zurzeit", sagte der Chef des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid, Klaus-Peter Schöppner, der Zeitung "Die Welt". 85 Prozent der Deutschen seien über ihre "persönliche Zukunft beunruhigt". 68 Prozent rechneten für das Jahr 2005 mit weiter steigenden Arbeitslosenzahlen. Laut einer Umfrage des "Handelsblatts" unter 885 Managern will jedes vierte Unternehmen (28 Prozent) in den nächsten zwölf Monaten seine Belegschaft verkleinern. Damit sank der Anteil zwar Anfang 2005 auf den tiefsten Stand seit fast vier Jahren. Trotzdem seien Firmen, die Stellen streichen, gegenüber denen, die neue Jobs schaffen wollen, weiter in der Überzahl, hieß es.
Die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel sagte, gerade angesichts der neuesten Arbeitslosenstatisti sei die Ankündigung der Deutschen Bank höchst problematisch.
"Die Politik kann aber auf unternehmerische Entscheidungen nicht viel Einfluss nehmen", fügte sie hinzu. Der niedersächsische SPD-Vorsitzende Wolfgang Jüttner beklagte ebenfalls die Machtlosigkeit der Politik. "Derartiges Unternehmens-Verhalten dokumentiert, was für kleine Brötchen die Politik mitunter backt", sagte er.