Der Kampf um die Fusion von E.ON und Ruhrgas geht in eine neue Runde. Jetzt zanken sich Politik und Justiz um die im Juli erteilte Ministererlaubnis - das Ende ist offen. Die Gegner haben mit dem vorläufigen Stopp der Übernahme durch das Oberlandesgericht Düsseldorf nach Ansicht von Beobachtern zwar einen Sieg errungen und der Bundesregierung eine empfindliche Schlappe beigebracht. Endgültig entschieden ist der Streit aber noch nicht.
Vordergründig geht's um das Verfahren
Dabei geht es - zumindest vordergründig - nicht mehr um den Inhalt der Erlaubnis, sondern um das Verfahren. Denn eine Ministererlaubnis ist eine politische Entscheidung, die sich aus Gründen des Gemeinwohls über sachliche Einwände der Kartellbehörden hinwegsetzt. Inhaltlich ist sie deshalb nicht gerichtlich überprüfbar. Aber gerade deshalb muss die Form besonders penibel eingehalten werden, fanden offenbar die Düsseldorfer Richter und stoppten den Milliarden-Deal wegen gravierender Verfahrensfehler.
Regierung lenkte ein
Der Bundesregierung blieb nichts anderes übrig, als einzulenken. Sie kann schließlich nicht davon ausgehen, dass die Richter in der Hauptverhandlung ihre Ansichten grundlegend ändern. Also teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Montag mit, eine Neuaufnahme des Verfahrens für die Ministererlaubnis werde geprüft. Die Regierung geht zwar nach wie vor davon aus, dass alles ordnungsgemäß abgelaufen ist. »Im Interesse des überwiegenden gesamtwirtschaftlichen Vorteils der Fusion« wird dennoch erwogen, das Verfahren neu aufzurollen und eine erneute Anhörung durchzuführen.
Keine Verzögerung
»Damit würde unter Aufrechterhaltung der Rechtsposition des Ministeriums den Erwägungen des Gerichts Rechnung getragen, um das Verfahren nicht aus diesen Gründen unnötig zu verzögern«, verlas eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums die Begründung für das Einlenken. Dies geschieht auch unabhängig davon, was die beteiligten Unternehmen jetzt planen, sagte sie zu Berichten, es hätte eine entsprechende Aufforderung von E.ON gegeben.
Projekt soll durchgebracht werden
Die Bundesregierung will das Projekt nach Ansicht von Beobachtern unbedingt durchbringen. Die Fusion würde den Konzern vor allem auf dem Gasmarkt nach vorn bringen. Ruhrgas allein ist mit seiner derzeitigen Aktionärsstruktur in seiner Weiterentwicklung stark eingeschränkt, hatte Staatssekretär Alfred Tacke schon bei Erteilung der Ministererlaubnis als ausschlaggebendes Argument genannt. Bereits heute ist Erdgas in Deutschland nach dem Öl der Energieträger Nummer zwei. Drei von vier neuen Wohnungen werden mit Erdgas geheizt. Der Gasmarkt gilt als der zukunftsträchtigste Sektor der Energiebranche.
»Global Player«
Durch den Zusammenschluss entsteht ein leistungsstarker »Global Player«, argumentiert die Bundesregierung, der auch unter sich ändernden Bedingungen der Welt-Energiemärkte wettbewerbsfähig ist und einen substanziellen Beitrag zur Sicherung der Erdgas-Versorgung in Deutschland leisten wird.
Koalitionspartner hält zu den Gegnern
Der Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen dürfte dagegen den Klägern vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf die Daumen drücken. Sie hatten sich gegen die Ministererlaubnis ausgesprochen und dies unter anderem damit begründet, dass E.ON damit über 50 Prozent des Marktes für Strom und Gas beherrschen würde. Bürger und Industrie müssten mit höheren Preisen bezahlen. Umweltfreundliche Technologien würden behindert, weil Wettbewerber, die umweltfreundlich Strom aus Gas erzeugen wollen, von E.ON die Preise diktiert bekämen.
Eva Tasche