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Energiewende Studien warnen vor Rekord-Strompreis

Die Strompreise steigen rasant. Nächstes Jahr könnte ein Durchschnittshaushalt 1000 Euro pro Jahr zahlen, zeigen neue Untersuchungen.

Peter Altmaier (CDU) hat zuletzt mit einer gewissen Penetranz versucht, seine bereits von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kassierte Strompreisbremse noch einmal ins Spiel zu bringen. Doch das ist ein aussichtsloses Unterfangen, denn da selbst in den Reihen von CDU/CSU mit der nachträglichen Förderkürzung für bestehende Solar- und Windparks ein Kernstück abgelehnt wird. Der Bundesumweltminister kann aber so möglichen rot-grünen Vorwürfen im Bundestagswahlkampf entgegenwirken, er hätte nichts gegen das drohende Ungemach getan.

Denn er weiß, dass 2014 ein weiterer Strompreisanstieg kommen wird. Das wurde am Montag durch eine in Berlin vorgestellte Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace bestätigt. Das Institut ist nicht bekannt für schrille Kostenwarnungen. Aber selbst dessen Energieexperte Felix Matthes erwartet einen Anstieg der von allen Stromverbrauchern zu zahlenden Umlage zur Förderung von Windrädern, Solarparks und Biogasanlagen. Diese soll voraussichtlich von 5,277 Cent je Kilowattstunde auf 6,1 Cent steigen. Zum Vergleich: 2010 lag die Umlage erst bei 2,05 Cent. Andere Schätzungen rechnen mit bis zu 6,5 Cent Umlage - sie muss bis zum 15. Oktober von den Netzbetreibern bekanntgegeben werden.

Für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden sind die Belastungen durch diese Umlage von 71 Euro (2010) auf 185 Euro (2013) gestiegen - 2014 könnten es über 215 Euro werden. Kostensteigernd kommt hinzu, dass laut einer neuen Studie für die Grünen-Fraktion die 2011 ausgeweiteten Rabatte für Unternehmen bei den Netzentgelten von rund 800 Millionen auf bis zu 1,2 Milliarden Euro steigen könnten - selbst mehrere Golfplätze wurden begünstigt. Für diese Kosten wurde eine weitere Strompreisumlage installiert.

Industrie-Rabatte kosten den Verbraucher

Alles in allem dürfte ein Durchschnittshaushalt 2014 erstmals die Grenze von 1000 Euro bei den jährlichen Stromkosten durchbrechen - auch weil die Bundesländer bei der Solarförderung harte Einschnitte verhinderten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Begriff Erneuerbare-Energien-Umlage etwas irreführend ist. Denn Union und FDP haben diese Umlage im Zuge der Energiewende aufgebläht. Enthalten sind auch weitere Rabatte für die Industrie, in diesem Fall bei der Ökoenergieförderung. Bis zu zwei Cent bei der Umlage gingen auf solche Umverteilungseffekte zurück, betont das Öko-Institut. Wie bei einem Rucksack wurden immer mehr Steine hineingepackt. Die Regierung will so Arbeitsplätze sichern.

Doch das ist derzeit fast das kleinere Problem. Denn noch in der großen Koalition war ein neuer Berechnungsmechanismus für die Umlage beschlossen worden, der das System nun zu sprengen droht. Die Umlage ergibt sich aus der Kostendifferenz zwischen dem an der Strombörse erzielten Preis für Solar- und Windstrom - und dem auf 20 Jahre garantierten, festen Vergütungssatz. Da der Börsenstrompreis 2013 viel geringer ist als kalkuliert, wächst diese Differenz stark. Die erneuerbaren Energien verbilligen zwar massiv den Stromeinkauf, aber dadurch wächst die im Endkundenpreis enthaltene Umlage. Selbst wenn in diesem Jahr kein einziges neues Windrad installiert würde.

So könnte die Umlage wieder sinken

Viele Versorger geben ihre Ersparnisse im Einkauf bisher kaum an die Endkunden weiter. Stattdessen laufen bisweilen auch noch zu viele Kohlekraftwerke durch. Der Stromexport erreicht dadurch immer neue Rekordhöhen. Trotz einem Ökostromanteil von fast 25 Prozent sind die CO2-Emissionen 2012 um 2,2 Prozent gestiegen. "Die Bundesregierung sollte dafür sorgen, dass Energieversorger gesunkene Börsenpreise an die Haushalte weitergeben", sagt Experte Matthes. Eine andere Option: Durch höhere Preise für CO2-Verschmutzungsrechte und in der Folge teureren Kohlestrom würde der Börsenstrompreis steigen. Das System ist kompliziert: Aber so würde die Öko-Umlage wieder sinken.

"Wir müssen den Strom aus erneuerbaren Energien werthaltiger machen", sagt der SPD-Umweltpolitiker Ulrich Kelber. Sein Rezept: Die Vergütungskosten sollen die Versorger bezahlen und nicht mehr die Stromkunden. Die Versorger müssten einen bestimmten Teil ihres Portfolios mit Ökostrom abdecken. So würde der Stromeinkauf für sie viel teurer, und diese Kosten würden an die Kunden weitergereicht. Aber diese Möglichkeit könnte sie zwingen, die Stromproduktion besser zu planen, solche Überkapazitäten wie heute würden verhindert. Kelber ist fest davon überzeugt, dass so die Stromkosten insgesamt gesenkt würden.

Merkel will eine grundlegende Reform direkt nach der Wahl angehen - wenn sie weiter regieren darf. Sie selbst hatte gesagt, die Umlage solle nicht über 3,5 Cent steigen, nun könnte es bald schon das Doppelte sein. Doch ein Blick in die Wahlprogramme zeigt: Keine Partei hat bisher ein Patentrezept parat - auch Altmaier hat zu den paradoxen Kosteneffekten kein Reformkonzept vorgelegt.

sas/DPA DPA

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