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Gründer aus "DHDL" "Außer Kontrolle geraten" - Frank Thelen äußert sich zur Schlammschlacht mit "Von Floerke"

Frank Thelen
Frank Thelen, Investor bei "Die Höhle der Löwen" äußert sich zur Schlammschlacht mit dem Von-Floerke-Gründer.
© Eventpress Adolph/ / Picture Alliance
Seit Wochen schießt David Schirrmacher, Gründer des Herrenausstatters "Von Floerke" gegen seinen Investor Frank Thelen. Nun äußert sich der "Löwe" selbst.

Vom Liebling der Löwen zum umstrittenen Gründer: David Schirrmacher punktete 2015 mit seiner Herrenausstatter-Firma "Von Floerke" in der Vox-Show "Die Höhle der Löwen". Frank Thelen investierte. Das Unternehmen entwickelte sich gut, galt als Vorzeige-Start-up. Keine vier Jahre später scheint das Unternehmen vor dem Aus zu stehen: Unzufriedene Kunden, Strafanzeigen, drohende Insolvenz.

Was ist geschehen? Der stern fragte bei beiden Seiten nach. Gerne hätten wir beide Seiten dargestellt, doch David Schirrmacher reagierte auf die Anfrage nicht. Daher mussten wir mit Facebook-Posts und Aussagen aus älteren Interviews Vorlieb nehmen. Der Investor Frank Thelen antwortete auf die Anfrage und ordnet die Hintergründe des Streits aus seiner Sicht ein: 

Das Spannende am Format DHDL ist, dass man als Investor in neue Bereiche investieren kann. Als David Schirrmacher durch unseren goldenen Käfig im Vox-Studio kam und seinen Fliegen-Shop “Von Floerke” präsentierte, war mein erster Gedanke: Ich bin raus! Ich trage weder Krawatte, Fliege noch Einstecktuch. Aber David hat mich als Gründerpersönlichkeit überzeugt: Er hatte damals seine Zahlen im Griff, viel Energie und bereits beachtenswerte Umsätze. Zusammen mit Judith Williams und Vural Öger investierte ich, wobei die beiden kurze Zeit später als Gesellschafter wieder ausschieden. Sie kamen offenbar mit Davids Verhaltensweisen nicht zurecht.

Dass die "DHDL"-Investoren abspringen, ist keine Seltenheit. Mal fallen die Gründer bei der Prüfung der Bücher durch, mal kann man sich nicht auf eine gemeinsame Strategie einigen. Schirrmacher nahm den Bruch persönlich - und ging an die Presse.

Auch ich war von einigen Verhaltensweisen enttäuscht, sah aber das Gute in David und unterstützte ihn und die Firma weiterhin. Unter anderem stellte ich von Floerke einem befreundeten Gründer vor, der im Juli 2016 investierte. Weiterhin begrüßten wir den Einstieg eines erfahrenen Mode-Unternehmers, da uns diese Kompetenz im Kreis der Investoren fehlte.

Von Floerke im Aufwind

Dann ging es für das Unternehmen nach oben. Der erste Store wurde eröffnet, auf der Plattform Kapilendo wurden 1,2 Millionen Euro per Crowdfunding eingesammelt.

David wurde bekannt und hatte die erste Million auf dem Konto. Ich glaube, das war der Zeitpunkt, an dem er die Bodenhaftung verlor. Plötzlich waren wir nicht mehr die richtigen Investoren für ihn. Er wollte schneller wachsen und uns durch neue Investoren ersetzen, die ihm solch schnelleres Wachstum versprachen. Obwohl wir weiterhin an die Firma glaubten, kamen wir Davids Wunsch nach und waren bereit, für die neuen Investoren beiseite zu treten.

Doch der notariell beurkundete Verkauf unserer Beteiligung wurde nie vollzogen. Auch nach mehrmaligen Zahlungsversprechen und Fristverlängerungen floss ein Jahr nach Beurkundung immer noch kein Geld von den neuen Investoren.

Schnell wachsen, richtig groß werden - das ist der Traum von vielen Gründern. Doch offenbar war das allein mit Herrenmode nicht machbar. Also erweiterte Schirrmacher seine Produktpalette um alkoholische Getränke. Die Idee sei dem 26-Jährigen spontan gekommen und in weniger als einer Woche umgesetzt worden, sagte er damals "Gründerszene".

Im Oktober 2018 entschied David ohne vorherige Abstimmung mit den Gesellschaftern, rabattierten Alkohol und Delikatessen über den "Von Floerke Online-Shop" zu vertreiben. Wir erfuhren dies erst nach der Umsetzung und zwar per Newsletter: “Saufen by von Floerke”. Als die neue Geschäftsidee zu massiven Problemen führte, sprangen wir sofort ein. Wir schickten ein Team unseres ERP-Software Portfoliounternehmens Xentral, um eine Übersicht über offene Bestellungen zu gewinnen und unterstützten in der Kommunikation mit Zahlungsdienstleistern.

Billig-Schnaps statt hochwertiger Klamotten? Das passte Frank Thelen nicht. Schirrmacher wirft Thelen im Gegenzug vor, ihn im Stich gelassen zu haben. Spätestens ab diesem Punkt kippt das Gründer-Investoren-Verhältnis in einen handfesten Streit. Klar ist: Es geht bergab mit "Von Floerke". Es hagelt schlechte Bewertungen, Kunden beschweren sich, keine Ware erhalten zu haben, Payment-Dienstleister wie Amazon Pay und Paypal frieren die Konten mehrere Tage ein, Strafanzeigen folgen, die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Schlechte Kundenbewertungen, ein Shitstorm auf Social Media und erste Strafanzeigen von verärgerten Kunden führten dazu, dass Kredite nicht verlängert wurden. Als Ruben Welsch mich über LinkedIn kontaktierte und sein Interesse an einer Restrukturierung bekundete, sah ich hierin die letzte Hoffnung für das Unternehmen. Wir waren von Anfang an dazu bereit, unsere Geschäftsanteile kostenfrei zu übertragen. Doch es war schnell klar, dass es zu keiner Einigung zwischen den Gläubigern kommen würde. Mein Eindruck ist bis heute, dass Ruben das Unternehmen ernsthaft restrukturieren wollte. Und dann begann David mit seiner Guerilla-Marketing-Aktion aufFacebook

Dieses Marketing sieht so aus, dass sich David Schirrmacher, eventuell sogar leicht angetrunken, vor seine Webcam setzt und via Facebook Menschen bepöbelt. Und zwischendrin ein paar Userfragen beantwortet und Rabattaktionen für den Onlineshop rausbläst. Die Reaktionen sind durchwachsen: Einige User finden diese Auftritte höchst amüsant, andere verstehen nicht, warum sich ein so seriöser Unternehmer auf diese Weise im Netz entblößt.

Wie er jedoch kürzlich in einem Artikel der "Wirtschaftswoche" bekundet hat, steckt hinter seinen Facebook-Attacken gegen meine Person tatsächlich eine Guerilla-Marketing-Kampagne, die zu mehr Aufmerksamkeit und letztendlich mehr Verkäufen führen soll. Inzwischen greift David nicht nur mich und andere Mitgesellschafter und Kritiker an, sondern erklärt auch öffentlich dem Feminismus den Kampf, indem er am Weltfrauentag den Rabatt-Code “Schlampe40” für den "Von Floerke Shop" herausgab und wenig elegante “Herrenwitze” vorlas. Als vorläufigen Höhepunkt forderte er seine Community dazu auf, eine weibliche Bloggerin, Mutter von 3 Kindern, die ihn zuvor wegen seines Auftritts am Weltfrauentag anzeigen wollte, auf ihrenSocial MediaSeiten anzugreifen. Hierzu teilte er ihre privaten und öffentlichen Profile und veröffentlichte ihre Mobilnummer in seinem Live-Stream. Unserer Meinung nach ist diese “Guerilla-Marketing-Aktion” spätestens zu diesem Zeitpunkt außer Kontrolle geraten und hat nichts mehr mit der Rettung des Unternehmens zu tun.

Thelen hat inzwischen auch seine Anwälte bemüht.

Da alle außergerichtlichen Einigungsversuche gescheitert sind, habe ich David zunächst beschränkt auf diesen Sachverhalt eine einstweilige Verfügung zustellen lassen: Ich möchte, dass er aufhört, meinen Namen für seine Marketingzwecke zu missbrauchen. Wir haben ganz offensichtlich keinen Einfluss mehr auf sein Handeln und ich möchte nicht mit seinem aktuellen Verhalten in Verbindung gebracht werden. Für solches Geschäftsgebahren stehe ich nicht.

Frank Thelen: "Bin sehr enttäuscht"

Schirrmacher scheint mit der Guerilla-Taktik zufrieden. "Trotz unserer aggressiven Strategie erhalten wir enorm viel Rückhalt in den sozialen Medien und Solidarität aus der Gründerszene", sagt der Unternehmer der "Wirtschaftswoche". "Wenn man mal ehrlich ist, sind wir doch nur Symbolbild für vieles, was in der von Investoren getriebenen Szene falsch läuft."

Wie kann man diese verfahrene Situation nun noch auflösen? Klar ist: Frank Thelen will als Investor raus - und Schirrmacher will ihn als Geldgeber loswerden. Also wollen beiden das gleiche? Möglich - doch Schirrmacher sagte selbst, er wolle die Anteile von Thelen "vernichten". Für das Rachemotiv spricht auch die Petition im Netz, die Thelen als Investor rausdrücken soll. "Wir fordern, dass Frank Thelen und die Freigeist Capital GmbH sofort ihre Anteile zurückgeben. Er hat nicht die nötigen Eigenschaften als Unternehmer, in Krisensituationen zu seinen Investments zu stehen“, so Schirrmacher. "Als es uns schlecht ging, ist er öffentlichkeitswirksam über uns hergezogen. Wir fordern: Frank Thelen muss raus."

In den letzten Wochen ist klar geworden: David und ich haben unterschiedliche Vorstellungen vom Unternehmertum, Kommunikation und dem Umgang miteinander. Wir wollen unsere Anteile am gemeinsamen Unternehmen nun an einen Mitgesellschafter übertragen und damit das Kapitel "Von Floerke" für uns beenden. Dennoch muss ich zugeben, dass ich sehr enttäuscht bin. Mir ist so etwas noch nie widerfahren und ich habe beim besten Willen nicht damit gerechnet, dass einer unserer Gründer in diesem Maß Grenzen überschreitet. Mein großes Learning aus diesem Investment ist, zukünftig noch genauer darauf zu achten, mit wem wir zusammenarbeiten und, falls nötig, früher die Reißleine zu ziehen. 

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