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Verantwortung von Unternehmen "Die technologisch-wirtschaftlichen Führer müssen den Menschen Sicherheit geben"

Joe Kaeser Keynote bei G+J-Veranstaltung "Verantwortung"
Siemens-Chef Joe Kaeser während seiner Keynote zur G+J-Gemeinschaftsveranstaltung mit "Zeit" und "Spiegel": Die Wirtschaft darf zu den gesellschaftspolitischen Umbrüchen nicht schweigen.
© Mara Monetti / GRUNERJAHR
Sollten Führungskräfte aus der Wirtschaft angesichts des gesellschaftlichen Wandels politisch Haltung zeigen? Siemens-Chef Joe Kaeser hat dies mit einem AfD-kritischen Tweet getan. Während einer Gruner + Jahr-Veranstaltung bekräftigte er nun: "Wir dürfen nicht schweigen."

"Lieber 'Kopftuchmädel' als 'Bund Deutscher Mädel". Joe Kaesers Tweet ist legendär. Als der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG im Mai 2015 dieses Statement als Reaktion auf eine Rede der AfD-Fraktionschefin Alice Weidel in die Welt postete, löste er damit eine nationale Debatte aus: Wie politisch darf ein Konzernchef sein? Kaeser hat die Antwort im Grunde damals schon gegeben, und er tat es erneut in einer Keynote während einer Gemeinschaftsveranstaltung von Gruner + Jahr (der Verlag, in dem auch der stern erscheint) mit dem "Zeit"-Verlag und dem "Spiegel"-Verlag am Montagabend im Frankfurter Stadthaus. "Wir dürfen nicht schweigen", nahm der Siemens-Chef seine Managerkollegen angesichts des aktuellen gesellschaftlichen Wandels in die Pflicht.

Kaeser eröffnete mit seinen Worten die Diskussion zum Thema "Verantwortung - Die Bedeutung von Unternehmen für Demokratie und freie Gesellschaft". "Gesellschaften ohne Vertrauen sind Pulverfässer", mahnte Gruner + Jahr-Chefin Julia Jäkel zuvor einleitend. "Sie zerfallen in Gruppen, die einander misstrauen und immer heftiger bekämpfen. Deshalb stehen wir alle vor einer großen Aufgabe: Das Vertrauen wiederherzustellen." Dies gelte umso mehr, da Menschen heutzutage vor allem ihrem Arbeitgeber vertrauten - noch vor den Parteien oder Nicht-Regierungsorganistationen.

Gruner + Jahr-CEO Julia Jäkel
Gruner + Jahr-CEO Julia Jäkel: "Gesellschaften ohne Vertrauen sind Pulverfässer."
© Mara Monetti / GRUNERJAHR

Joe Kaeser: Manches kann man nur für sich selbst verantworten

Joe Kaeser knüpfte in seiner Keynote an Jäkels Worte an. "Wer heute ein Geschäft betreibt, das der Gesellschaft nicht dient, sollte sich etwas anderes suchen", sagte der 61-Jährige. Unternehmer müssten in der heutigen Zeit wirtschaftlichen und gleichzeitig gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht werden. Als Chef mit Verantwortung für knapp 400.000 Mitarbeiter weltweit sehe er das persönlich als seine Aufgabe.

Kaeser gab den Gästen zudem Einblick in die Entstehung des legendären Tweets, für den er kritisiert wurde, aber mindestens genauso viel Zuspruch erhielt. Es war eine spontane Reaktion auf die Rede der AfD-Fraktionschefin im Reichstag, die er auf einem Bildschirm am Frankfurter Flughafen sah. Er habe es als seine Pflicht angesehen, dazu Stellung zu beziehen. Denn es gebe zu viele Menschen, die diese Worte nicht einordnen könnten. Dass er seinen Tweet damals nicht mit seiner Kommunikationsabteilung abgestimmt habe, sorgte für ein Raunen unter den Gästen. "Die wären tot umgefallen oder hätten es mir verboten", ist sich Kaeser sicher. "Manche Dinge kann man nur für sich selbst verantworten", so Kaeser weiter.

BASF-Managerin Dubourg: Medien haben große Verantwortung

In der sich anschließenden Diskussion richtete BASF-Vorstand Saori Dubourg einen Appell an die Wahrhaftigkeit von Unternehmen und ihren Führungskräften: "Vertrauen entsteht dann, wenn man das tut, was man auch sagt." In Richtung der gastgebenden Medien fügte die vom "Manager Magazin" ausgezeichnete "Managerin des Jahres" hinzu: "Medien kommt dabei eine enorm große Verantwortung zu." Co-Gastgeber und "Zeit"-Verlagsgeschäftsführer Rainer Esser ergänzte: "Medien müssen dafür sorgen, dass wieder mehr diskutiert wird."

Angesichts "eines der größten gesellschaftspolitischen Umbrüche, die die Welt gesehen hat", will Joe Kaeser die Verantwortung aber nicht allein bei den Medien sehen. "Die technologisch-wirtschaftlichen Führer müssen den Menschen Sicherheit geben, dass es eine Zukunft gibt", betonte er in einem Interview am Rande der Veranstaltung noch einmal. Nationalismus, Rassismus und Ausgrenzung machten sich derzeit breit. "Da haben wir gerade als Deutsche die Pflicht, dass wir dieses Mal - schon bevor das ins Unheil führt - klar machen, dass so etwas in Deutschland nie wieder passieren darf."

Sehen Sie im Video ein Interview mit Joe Kaeser am Rande der G+J-Gemeinschaftsveranstaltung "Verantwortung" mit "Zeit" und "Spiegel":

Hinweis: Der stern und stern.de erscheinen im Verlag Gruner + Jahr.

G+J

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