Nach Gewehrfunden in Libyen Ermittlungen gegen Waffenhersteller Heckler & Koch

Wie gelangten 600 Gewehre des deutschen Waffenherstellers Heckler & Koch in den Händen des Gaddafi-Regimes? Diese Frage beschäftigt jetzt auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, weshalb sie gegen Angestellte des Unternehmens ermittelt.

Nach dem Auftauchen deutscher G36-Sturmgewehre in Libyen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Waffenhersteller Heckler & Koch (HK) aus Baden-Württemberg. "Das Unternehmen begrüßt, dass die Staatsanwaltschaft jetzt aktiv die Ermittlungen aufgenommen hat", hieß es in einer Mitteilung der Firma aus Oberndorf vom Sonntag. Sollten diese Ermittlungen oder eigene Aufklärungen einen Verstoß früherer verantwortlicher Mitarbeiter oder Manager gegen Rüstungskontroll- und Embargobestimmungen bestätigen, werde man "gegen diese Personen mit allen juristischen Möglichkeiten vorgehen".

Die Stuttgarter Staatsanwältin Claudia Krauth sagte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel": "Wir ermitteln gegen Verantwortliche der Firma wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz." Laut Bundeswirtschaftsministerium hatte die Bundesregierung für die HK-Gewehre vom Typ G36 keine Exportgenehmigungen nach erteilt.

Gaddafi-Söhne waren in Oberndorf

Die im August von libyschen Rebellen in einer Gaddafi-Residenz gefundenen G36-Sturmgewehre konnten aufgrund der internen Überprüfung einer legalen und genehmigten Lieferung nach Ägypten aus dem Jahr 2003 zugeordnet werden, schreibt der Waffenhersteller weiter. Es soll um mehr als 600 Gewehre und 500.000 Schuss Munition gehen. "Auf welchen Wegen die Waffen von Ägypten nach Libyen gelangt sind, ist Gegenstand von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft." Heckler & Koch habe bereits im Sommer Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

Derzeit prüft das Unternehmen laut Mitteilung zudem, ob ein Sohn des getöteten libyschen Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi 2003 das Unternehmen besucht habe. Nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" war damals Al-Saadi al-Gaddafi und drei Jahre später sein Bruder Saif al-Arab in Oberndorf, um Waffengeschäfte einzufädeln. "In den Archiven des Unternehmens findet sich weder ein Hinweis darauf, dass Saadi al-Gaddafi das Unternehmen Heckler & Koch jemals besucht hat, noch auf die Lieferung von G-36-Gewehren an Libyen", sagte Firmenanwalt Jürgen Wessing dem Blatt.

Heckler & Koch gibt sich ahnungslos

"Auch wenn ein Besuch aus der Familie Gaddafi in Oberndorf keinen Verstoß gegen geltendes Recht darstellen würde, wirkt Heckler & Koch aktiv an einer vorbehaltlosen Aufklärung mit, auch wenn es ehemalige Mitarbeiter betreffen sollte", erklärte Wessing. Nach aktuellen Informationen soll Saif al-Arab im Mai von Nato-Bomben getötet worden sein. Al-Saadi soll sich im Niger aufhalten.

Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Wochen intensiv eigene Untersuchungen angestellt und die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft Stuttgart übermittelt. "Nach derzeitigem Stand der HK-internen Aufklärung gibt es keinen Hinweis auf ein fehlerhaftes oder rechtswidriges Verhalten seitens des Unternehmens", hieß es.

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