Das beschlossene Schlecker-Aus wird sich in die Länge ziehen. Bei der Abwicklung der insolventen Drogeriekette aus dem baden-württembergischen Ehingen gibt es viele unterschiedliche Aspekte. Die wichtigsten Antworten dazu:
Wie groß ist das verbleibende Vermögen der Familie Schlecker noch?
Noch hat die Familie des Unternehmensgründers Anton Schlecker offenbar Reserven. Einem Zeitungsbericht zufolge besitzt sie nach der Insolvenz noch 35 bis 40 Millionen Euro Privatvermögen. Das Geld sei zum größten Teil im Besitz der Kinder Lars (40) und Meike (38), schreibt das "Handelsblatt". Dies hätten ehemalige Manager des Unternehmens bestätigt. Das Geld gehört größtenteils den Kindern, die Familien-Villa seiner Frau. 2011 sei das Vermögen der Schleckers noch auf 1,65 Milliarden Euro geschätzt worden - inklusive des Unternehmenswertes. Dem Blatt zufolge ist der Rest des Schlecker-Vermögens verbraucht. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz prüft derzeit, welche Werte vom Unternehmensgründer auf die Familie übertragen wurden. Dabei steckte Anton Schlecker einen Großteil seines Privatvermögens in die Drogeriekette, um die Verluste zwischen 2004 und 2011 in Höhe von rund 650 Millionen Euro auszugleichen, berichtet das "Handelsblatt" weiter. Noch kurz vor dem Beschluss über die Zerschlagung am Freitag habe der Insolvenzverwalter die Familie Schlecker gebeten, einen finanziellen Beitrag zu leisten, sagte Geiwitz. Anton "Ich habe gefragt, ob sie bereit sei, eine Verlustfinanzierung zu leisten", zitiert ihn der "Spiegel". Es sei um 7 bis 9 Millionen Euro für den Monat Juni gegangen. Doch die Familie sei "entweder nicht bereit oder nicht in der Lage" gewesen, diese Summe zu zahlen.
Wer sind die großen Gläubiger?
Laut dem Magazin "Wirtschaftswoche" hat das Ehinger Logistikunternehmen LDG, das Meike und Lars Schlecker gehört, 70 Millonen Euro Darlehen an den Drogeriekonzern vergeben. Damit zählen die Geschwister laut dem Magazin neben dem Kreditversicherer Euler Hermes und dem Einkaufsverbund Markant zu den Großgläubigern des Schlecker-Konzerns. Das Darlehen war dem Magazin zufolge nicht an besondere Sicherheiten gebunden, so dass die Schlecker-Kinder nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nur die Gläubigerquote erhalten - und damit einen Bruchteil ihrer Forderungssumme.
Was wird alles zu Geld gemacht und wie lange dauert das?
Wie lange die Abwicklung im Fall Schlecker dauert, ist unklar. Geiwitz will alles "zügig" durchziehen. Neben den Schlussverkäufen werden die Auslandstöchter veräußert. Die deutschen Töchter Ihr Platz und Schlecker-XL sollen an den Finanzinvestor Dubag verkauft werden. Ob dies tatsächlich passiert, ist noch nicht ganz klar - Großgläubiger Euler Hermes hat Bedenken geäußert. Auch einzelne Schlecker-Filialen sollen verkauft werden können. Vermögenswerte wie Logistikstandorte und Unternehmensimmobilien werden auch veräußert. Alles Geld fließt in die Insolvenzmasse.
Was passiert mit der Insolvenzmasse?
Sie deckt die laufenden Kosten, darunter auch die Tätigkeit der Insolvenzverwaltung. Der Rest kommt in einen Topf und wird unter den Gläubigern aufgeteilt.
Welche Unternehmensteile bleiben übrig?
Nur für die moderneren Schlecker-XL-Läden und die Tochter Ihr Platz steht mit Dubag ein Käufer bereit. Der Münchner Finanzinvestor will in den Unternehmen keine Stellen streichen. "Im Gegenteil, wir wollen den Mitarbeiterstamm aufbauen", sagte Vorstand Michael Schumann der Münchner Zeitung "tz". Sowohl die Ihr-Platz-Firmenzentrale in Osnabrück als auch die Filialen sollten personell gestärkt werden. Schumann rechnet damit, dass die Schlecker-Gläubiger wie auch das zuständige Insolvenzgericht Ulm der Übernahme kurzfristig zustimmen werden. Der Ihr-Platz-Insolvenzverwalter Werner Schneider hatte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag gesagt, dass er eine Zustimmung für sehr wahrscheinlich halte. Dubag wolle dann die etwa 340 Schlecker-XL-Geschäfte mit ihren rund 1110 Beschäftigten dem Ihr-Platz-Filialnetz mit 490 Läden und rund 3990 Mitarbeitern hinzufügen.
Wie lange haben die 13.200 Mitarbeiter noch ihren Job?
Nach Angaben des Insolvenzverwalters Geiwitz können die Beschäftigten bis Ende Juni mit der Kündigung rechnen. Es werden nicht alle gleichzeitig ihren Job verlieren, das hängt von den bestehenden Kündigungsfristen ab. Gehen die meisten Kündigungen und Freistellungen wie geplant Ende des Monats raus, dürfte der Großteil der Belegschaft spätestens zum 1. Oktober arbeitslos werden.
Was fordert Geiwitz von der Belegschaft und warum?
Trotz der demotivierenden Lage hat Geiwitz Loyalität gefordert und daran erinnert, dass die Arbeitsverträge bis zur Kündigung Bestand haben und auch eingehalten werden müssen. Er sagte weiter, dass "die Insolvenzverwaltung verpflichtet ist, jedweden Unregelmäßigkeiten und Gesetzesverstößen genau nachzugehen". Er ist auf die Kooperation der Mitarbeiter angewiesen, denn der große Ausverkauf steht bevor.
Welche Kündigungsfristen gelten?
Wegen der Insolvenz gelten die üblichen Fristen nicht. Sie betragen nur noch maximal drei Monate. Längere Kündigungsfristen verlieren ihre Gültigkeit. Das regelt die Insolvenzordnung. Gewitz wird sich mit Gewerkschaft und Betriebsräten treffen, um einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln. Er strebe eine "sozialverträgliche Einigung" an.
Müssen die Beschäftigten um ihr Geld bangen?
Die laufenden Kosten - dazu zählen die Gehälter - werden von der Insolvenzmasse gedeckt. Geiwitz versicherte: "Die laufenden Gehaltszahlungen sind sichergestellt und auch Mehrstunden werden bezahlt."
Welche Chancen haben die Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt?
Aus Sicht der Branchenverbands HDE werden viele Beschäftigte bei anderen Handelsunternehmen unterkommen können, es gebe zahlreiche offene Stellen. In Ballungsräumen treffe das aber eher zu als auf dem Land. Viel schwieriger schätzt die Gewerkschaft Verdi die Vermittlung ein, insbesondere aufgrund der Altersstruktur. Sie befürchtet auch viele 400-Euro-Jobs. Erst im März war 10.000 Schlecker-Mitarbeitern gekündigt worden, längst sind nicht alle untergekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel versprach rasche Unterstützung über die Bundesarbeitsagentur.
Was wird aus den Verträgen mit Geschäftspartnern?
Auch diese Verträge wird Schlecker kündigen, betroffen sind davon Vereinbarungen etwa mit Vermietern und Lieferanten. Auch hier gelten durch die Insolvenz verkürzte Kündigungsfristen. Schlecker wird den Wareneinkauf sofort stoppen. Der Betrieb wird stillgelegt. In der Insolvenz bestellte Waren werden von der Insolvenzmasse gedeckt, genau so wie andere Dienstleistungen aus dieser Zeit.
Wann werden Filialen geschlossen?
An diesem Freitag soll der große Ausverkauf aller Waren beginnen. In jedem noch geöffneten Laden werde es anfangs Rabatte zwischen 30 und 50 Prozent auf das gesamte Sortiment geben, später werden die Nachlässe sukzessive erhöht. Schlecker wird versuchen, auch die Einrichtung und technische Geräte an den Mann zu bringen. Wenn alles verkauft ist in den rund 2800 deutschen Filialen, sollen die Märkte geschlossen werden. Nach Geiwitz könnte das schon Ende Juni bis Mitte Juli der Fall sein.
Was macht die Politik?
Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) lehnt finanzielle Hilfen des Landes für die Beschäftigten der insolventen Drogeriemarktkette ab. "Wir sind als Land nicht in der Lage, eine Transfergesellschaft oder einen Sonderfonds zu speisen, der dann über zwei oder drei Monate die Arbeitslosigkeit hinausschieben würde", sagte Schneider am Montag im Hörfunksender WDR 2. Ein solches Modell könne nur funktionieren, wenn es von der Bundesebene ausgehe. "Deshalb ist jetzt Berlin am Zuge." Der Gläubigerausschuss hatte die Zerschlagung des Unternehmens beschlossen. "Da kann keine Landesregierung gegenhalten", sagte Schneider. "Wir glauben nicht, dass wir Schlecker, in welcher Form auch immer, in NRW erhalten können."