Opel ist nicht Holzmann
"Wir retten keine Unternehmen, sondern wahren ihnen eine Chance." Warum soll dieser Satz, ausgesprochen von Bundeskanzlerin Angela Merkel im September 2009, nicht mehr gelten? Nur weil der Empfänger staatlicher Hilfen General Motors und nicht mehr Magna heißt?
Staatliche Eingriffe sollen und müssen eine große Ausnahme bleiben, denn Zitat Merkel: "Bewähren müssen sich die Unternehmen selber am Markt, das kann der Staat nicht abnehmen." Aber es gilt auch: Wenn ein tragfähiges unternehmerisches Konzept vorliegt, darf sich der Staat der Sicherung von zehntausenden Arbeitsplätzen nicht verschließen.
Die US-Regierung hat General Motors mit Milliarden aus der Staatskasse vor dem kompletten Aus bewahrt. Innerhalb von nur 40 Tagen - und damit weitaus schneller als von allen erwartet - hat sich GM aus der Insolvenz befreit. Die Einschnitte waren brutal: Insgesamt 40 Prozent der Händler wurden dicht gemacht. Bis zum Jahresende sollen in den USA nur noch 64.000 GM-Arbeitsplätze übrig bleiben. General Motors hat massiv Überkapazitäten abgebaut und wurde damit wieder arbeitsfähig. Und die Kunden sind bei der Stange geblieben: Im Oktober ist der Umsatz sogar gestiegen.
Diese Sanierung soll Europa jetzt torpedieren? Opel gilt gemeinhin als Perle innerhalb des Unternehmens, das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim als überlebenswichtig für GM. Will die Bundesregierung zumindest einen Teil der Jobs erhalten, muss sie dafür zahlen oder zumindest für Kredite bürgen.
Und dass es General Motors mit der Rettung von Opel ernst meint, lässt sich allein schon an den Personalentscheidungen der vergangenen Tage ablesen. Der neue Chef an der Spitze von GM Europe, Nick Reilly, gilt als beinharter Sanierer. Nicht ohne Grund löst er bei den Opelanern in Deutschland Angst und Schrecken aus. Dass die Sanierung blutig wird, sollte allen klar sein.
Ein Vergleich von Opel mit fehlgeschlagenen staatlichen Interventionen wie bei Holzmann, ist aber fehl am Platz. Es gilt, das Opel-Konzept von General Motors genau zu prüfen. Es gilt aber auch, nicht apodiktisch staatliche Hilfen per se zu verdammen.
Fehler dürfen nicht belohnt werden
Die Lage erscheint verworren. Vor ein paar Wochen steckte die Bundesregierung mitten im Wahlkampf und wollte unter allen Umständen verhindern, dass unschöne Bilder von arbeitslosen Opel-Schraubern entstehen. Das war machtpolitisch verständlich. Ein Politiker will (innerhalb einer kurzen Frist) wiedergewählt gewählt, ihm geht es im Zweifel nicht um langfristige Perspektiven für ein Unternehmen.
Nun will GM Opel doch nicht verkaufen, und der eben noch taumelnde Autoriese langt nach deutschem Steuergeld. Denn die Sanierung von Opel dürfte General Motors nach Einschätzung der Ratingagentur Moody’s 5,6 Milliarden Euro kosten - weil das Geld schlicht nicht da ist, bliebe dem Konzern nur die Hoffnung auf Staatshilfen. Und nun?
Die Lage scheint verworren, doch ist ein sattes Licht am Ende des Tunnels zu sehen.
Die Regierung sollte sich jetzt, da der Wahlkampf vorbei ist, wieder klarmachen, was ihre Aufgabe ist: Rahmen setzten und Bedingungen für Investitionen schaffen. Sich in unternehmerische Entscheidungen einmischen und gar mitentscheiden zu wollen, welche Firma überlebt und welche nicht, ist anmaßend und zeugt von reichlicher Selbstüberschätzung. Quelle, Holzmann und die Maxhütte sind mahnende Beispiele, wie man es besser nicht macht. Nach pompösem Eingriff ging es doch in die Pleite.
Welche Firmen produzieren können und welche nicht, entscheiden die Kunden, in diesem Fall die Autofahrer. Wenn nicht genügend Autos gekauft werden, um eine Existenz zu sichern, dann wurden die falschen Autos gebaut. Dann hat das Unternehmen die Fehler gemacht. Wer welche Schuld daran trägt und ob GM oder Opel auf die falschen Modelle gesetzt haben, ist letztlich zweitrangig und muss intern geklärt werden. Fakt ist: Die Käufer konnten nicht überzeugt werden. In den vergangen Jahren hat GM auch in Europa kaum Gewinn gemacht. Warum sollte das jetzt auch noch honoriert werden? Es gibt kein Recht auf Geld für unternehmerische Fehlleistungen.
Im Autosektor gibt es zudem ein dramatisches Überangebot. Ford und VW sind ohne Steuergeld erfolgreich und zahlen in Deutschland ihre Steuern. Warum sollten ihnen das fatale Signal gesendet werden: Der Wettbewerber war nicht so gut - und deshalb gleicht der das Staat aus?
Das Spielchen "Geld gegen Arbeitsplätze" sollte die Regierung nicht mitmachen. Es gibt die Chance für einen sauberen Schlussstrich.