Geschiedene, die in einer neuen Lebensgemeinschaft ihrem Partner den Haushalt führen, verlieren nicht unbedingt den Unterhaltsanspruch gegenüber dem Exmann. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat in drei am Donnerstag bekannt gegebenen Urteilen die 2001 veränderte Berechnungsmethode des Unterhaltsanspruchs auch auf Fälle erstreckt, in denen der Geschiedene mit einem neuen Partner zusammenlebt und diesen versorgt (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof XII ZR 132/02, XII ZR 10/03 und XII ZR 15/03). Die schriftliche Begründung der Urteile soll in einigen Wochen vorgelegt werden.
Wie teuer ist Hausarbeit?
Den Urteilen des Familiensenats des BGH liegt unter anderen der Fall einer jetzt 29-jährigen Frau zu Grunde, die 1997 heiratete und ein Jahr später ein Kind zur Welt brachte. Aber die Beziehung scheiterte, und die Ehe wurde im Jahr 2000 geschieden. Während der Ehe hatte die Frau nur ein geringes eigenes Einkommen. Der Mann zahlte neben dem Kindesunterhalt umgerechnet rund 500 Euro Unterhalt an seine geschiedene Frau. Als die aber Arbeitslosengeld bezog und einen neuen Freund hatte, mit dem sie ab Ende 2001 auch zusammenwohnte, wollte der Ex-Mann seine Unterhaltszahlungen einstellen. Das Oberlandesgericht Oldenburg folgte seinem Antrag. Es bewertete die Leistung, die die Frau für den neuen Partner im Haushalt erbringt, mit 425 Euro monatlich. Diesen Betrag zog das OLG vom ursprünglichen Unterhaltsanspruch ab und kam unter Berücksichtigung des Arbeitslosengeldes zu dem Ergebnis, dass die Geschiedene keine Unterhaltsansprüche mehr habe. Der BGH hob diese Entscheidung auf und verurteilte den Exmann zur Zahlung von rund 175 Euro Unterhalt im Monat.
Geänderte Rechtsprechung seit 2001
Nach der seit 2001 geänderten Rechtsprechung wird die Hausarbeit, die in der Regel die Frauen für die Familie leisten, als fiktives Einkommen bewertet. Bis dahin wurde sie dem Familieneinkommen überhaupt nicht zugerechnet. Folge war, dass eine Hausfrau/ein Hausmann nach einer Scheidung rund die Hälfte des Erwerbseinkommens des berufstätigen Partners erhielt. Nahm der Geschiedene dann eine Arbeit auf, wurde jeder verdiente Euro vom Unterhaltsanspruch aus der Ehe abgezogen. Erwerbstätigkeit führte also zur Verringerung von Unterhaltsansprüchen bis hin zum völligen Verlust. Der Anreiz, erwerbstätig zu werden, war folglich gering. Das änderte sich 2001. Wird eine Ehefrau erst nach der Scheidung erwerbstätig oder arbeitet mehr als zuvor, wird das neue Einkommen nicht mehr voll vom Unterhaltsanspruch abgezogen. Vielmehr wird das neu erzielte Erwerbseinkommen als der Wert eingestellt, den die frühere Haushaltsführung hatte.
Neuer Partner 'schadet' nicht
Juristisch umstritten war, ob das auch noch gilt, wenn die Geschiedene mit einem neuen Partner in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Der BGH bejahte das jetzt. Die Hausarbeit, die sie früher für den Ehemann geleistet habe, erbringe sie jetzt für einen Dritten, hieß es. Diese Leistung bewerteten die Richter mit 425 Euro monatlich - was dem Wert entspricht, den die Hausarbeit bereits in der Ehe gehabt hatte. Im Falle der 29-Jährigen kam der BGH dadurch zu dem Ergebnis, dass sie weiterhin einen Unterhaltsanspruch von 175 Euro gegenüber ihrem Ex-Mann hat.