Vattenfall Stromkunden können auf Preissenkung hoffen

Die hohen Strompreise spülen kräftig Geld in die Kassen des Versorgers Vattenfall. An die Aktionäre wird eine Dividende von 37 Cent ausgesschüttet. Die Kunden können indes auf eine Strompreissenkung hoffen.

Der Energieversorger Vattenfall Europe hat für heute in Berlin zur Hauptversammlung geladen. Auf Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat sollen für das vergangene Geschäftsjahr 74,8 Millionen Euro an Dividende (0,37 Euro pro Aktie) ausgeschüttet werden. Das Unternehmen machte im ersten Halbjahr 2006 einen kräftigen Gewinnsprung. Bei einem Umsatz von 6,1 Milliarden Euro (plus 8,9 Prozent) stieg der Betriebsgewinn ohne Sondereffekte um 43,6 Prozent auf eine Milliarde Euro. Die Aktionäre von Vattenfall Europe hatten auf einer außerordentlichen Versammlung im März mit mehr als 99 Prozent des Kapitals der Aktienübertragung auf den schwedischen Mutterkonzern Vattenfall AB zugestimmt. Die verbliebenen Aktionäre sollen eine Zwangsabfindung von 42,77 Euro erhalten. Gegen den Beschluss sind Klagen anhängig.

Sprecher kündigt Preissenkung an

Die Kunden von Vattenfall in Berlin und Hamburg können indes auf eine Strompreissenkung hoffen. Ein möglicher Abschlag bei den Entgelten für das Verteilnetz durch die Bundesnetzagentur würde an die Kunden in beiden Städten weitergegeben, sagte ein Sprecher des Energiekonzerns Vattenfall. Nach Vorliegen eines rechtswirksamen Bescheids würde dies unverzüglich umgesetzt. Ein Entscheid der Bonner Behörde wird für die nächsten Wochen erwartet.

Die Bundesnetzagentur hatte Ende Juli entschieden, dass die Stromnetz-Tocher von E.ON Thüringen ihre Durchleitungsgebühren um 14 Prozent senken muss. Die Kontrolle der Stromnetzpreise durch die Bundesnetzagentur zeigt jetzt erstmals Wirkung für die Verbraucher. Der Stromkonzern E.ON gab eine Preissenkung für seine Kunden in Thüringen bekannt. E.ON teilte mit, die Preise für rund 700 000 Privatkunden in Thüringen rückwirkend zum 1. August zu senken. Weitere Unternehmen dürften folgen, auch wenn das wegen des umfangreichen Prüfverfahrens und der großen Zahl von bundesweit etwa 900 Netzbetreibern noch einige Monate dauern könnte.

Anfang Juni gab die Bundesnetzagentur ihre erste Entscheidung bekannt. Sie betraf das Überlandnetz des in Ostdeutschland aktiven Versorgers Vattenfall. Ende Juli folgten die Genehmigungen für die Überlandnetze von RWE und EnBW. RWE und EnBW wurden die beantragten Entgelte um neun beziehungsweise acht Prozent gekürzt, Vattenfall sogar um 18 Prozent. Der Antrag des vierten Überlandnetzbetreibers, E.ON, ist noch in der Bearbeitung. Erstmals aber entschied die Behörde Ende Juli aber auch über die Preise in einem Verteilnetz.

Die thüringische E.ON-Netztochter Thüringer Energie AG (TEN) muss ihre Netzentgelte um 14 Prozent senken. An dieser Stelle wird es für die Verbraucher interessant. Die Netzentgelte insgesamt machen nach Expertenangaben etwa 36 Prozent des Strompreises aus. Auf die Überlandnetze, für die drei der bisher vier Entscheidungen der Regulierungsbehörde gelten, entfallen davon nur zehn Prozent. Unter dem Strich sind das 3,6 Prozent des gesamten Strompreises; eine Preissenkung in diesem Sektor um rund zehn Prozent macht also kaum fünf Euro im Jahr für den Durchschnittshaushalt aus. Anders ist es bei den Verteilnetzen, auf die - noch einmal unterteilt in drei Spannungsebenen - die restlichen 90 Prozent des Stromnetzanteils am gesamten Strompreis entfallen. Bei TEN zum Beispiel ergibt sich nach Angaben von Sprecher Martin Schreiber aus der Senkung der Netzentgelte um 14 Prozent eine Entlastung von 48,75 Euro pro Jahr für einen Durchschnittshaushalt mit 4.500 Kilowattstunden Stromverbrauch.

"Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit"

Bis die Verbraucher bundesweit in den Genuss einer ähnlichen Preissenkung kommen, wird es aber noch etwas dauern. Die Bundesnetzagentur will nach Angaben von Sprecherin Renate Hichert in naher Zukunft über den Antrag für das Überlandnetz von E.ON entscheiden. Danach kommen dann die Verteilnetzbetreiber an die Reihe. Zwei Beschlusskammern müssen über 96 Verteilnetze im ganzen Bundesgebiet entscheiden, für die eine unmittelbare Zuständigkeit bei der Bundesnetzagentur liegt. Außerdem muss die Bonner Behörde über 146 Netze befinden, für die eigentlich die Bundesländer Berlin, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Thüringen zuständig wären. Diese Länder haben die Arbeit an die Bundesbehörde abgegeben. Für die übrigen etwa 650 Stromnetze liegt die Preisaufsicht bei den Ländern, wenn auch in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur. "Wir entscheiden zwar schnellstmöglich, aber das ist sehr sehr viel", meinte Hichert. Dazu komme, dass Unternehmen auch nach der Prüfung ihrer Unterlagen weitere Dokumente nachschieben könnten, die dann erneut sorgfältig gelesen und bewertet werden müssten. "Gründlichkeit geht hier vor Schnelligkeit", sagte Hichert. Schließlich müssten die Entscheidungen auch vor den Verwaltungsgerichten Bestand haben.

Die Regulierungsbehörde in Bonn war ursprünglich nur für Post und Telekommunikation zuständig. Seit Juli 2005 kümmert sich die in Bundesnetzagentur umbenannte Regulierungsbehörde auch um Strom und Gas. Zwar müssen die Stromversorger ihre Endkundentarife nicht der Behörde zur Genehmigung vorlegen, wohl aber die Stromnetzentgelte, die sie von den Nutzern ihrer Netze - vor allem Stadtwerke, aber auch große Industrieunternehmen - für die Durchleitung des Stromes verlangen.

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