Pharma Im Apothekenwesen weht ein schärferer Wind

Mehr Wettbewerb für eine bessere Versorgung: Zum 1. Januar wird im bislang überregulierten deutschen Apothekenwesen die Preisbindung der frei verkäuflichen Ware aufgehoben. Der Medikamenten-Versandhandel wird legal.

Im bislang streng regulierten deutschen Apothekenwesen wird vom kommenden Jahr an ein schärferer Wind zu Gunsten der Patienten wehen. Die Preisbindung der Apotheken bei frei verkäuflichen Waren wird zum 1. Januar aufgehoben. Jeder Apotheker darf vier Verkaufsstellen statt bisher nur eine betreiben. Der Versandhandel mit Medikamenten wird legal, was zusätzlichen Wettbewerbsdruck schafft. Die Verbraucher werden durch die Gesundheitsreform mit höheren Zuzahlungen für Medikamente zur Kasse gebeten, sollen aber gleichzeitig von einem stärkeren Wettbewerb zwischen den Apotheken profitieren können.

Apotheker in nervöser Wartestellung

Jene Geschäfte mit dem besten Angebot und den niedrigsten Preisen sollen profitieren, das Niveau der Versorgung steigen. So will es der Gesetzgeber. Unter den deutschen Apothekern sorgt der neue Wettbewerb für Aufregung. "Man weiß einfach nicht, wie sich der Markt entwickelt", erklärt der Vizepräsident der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände, Heinz-Günter Wolf. "Die Kollegen stehen in gespannter Wartestellung, haben Adrenalin-Ausstoß und warten, was geschieht." Gerade kleine Apotheken hätten Angst vor der Zukunft.

Kein Freibrief für Ketten

Dennoch glaubt Wolf nicht, dass sich der Apothekenmarkt im neuen Jahr grundsätzlich verändern wird. Durch die Begrenzung auf maximal vier Verkaufsstellen pro Apotheker werde verhindert, dass sich einige wenige Ketten den Markt aufteilen. Außerdem hätten die Apotheker über ihre Großhändler eine gewisse Marktmacht beim Aushandeln von Preisen. Wolf glaubt nicht, dass zum Beispiel Versandhändler Medikamente "großartig billiger" anbieten können. Auch Michael Brinkert von Deutschlands zweitgrößtem Arzneimittelgroßhändler GEHE Pharma in Stuttgart sieht kein erfolgreiches Geschäftskonzept für den Versand von Medikamenten. Dem widerspricht Ralf Däinghaus, Geschäftsführer und Gründer der von den Niederlanden aus operierenden Internetapotheke DocMorris.

DocMorris freut sich

"Wir bieten sowohl den Patienten als auch den Krankenkassen Einsparmöglichkeiten", sagt Däinghaus. Sein Unternehmen kaufe von den Herstellern Medikamente in großen Mengen ein, könne dadurch interessante Preise aushandeln und diese schließlich an Kassen sowie Patienten weitergeben. Beispielsweise werde DocMorris von Januar an lediglich die Hälfte der erhöhten Zuzahlungssätze von den Patienten kassieren. Auch rezeptfreie Mittel seien günstiger.

Wettbewerb dürfte zunehmen

Mit einer gesetzlichen Krankenkasse hat DocMorris bereits einen Vertrag für die Abrechnung von Medikamenten geschlossen. Mit etwa 40 weiteren Kassen steht die Internetapotheke nach Angaben von Däinghaus derzeit in Verhandlung. "Wir gehen davon aus, dass sich unser Umsatz im kommenden Jahr auf 100 Millionen Euro verdoppeln wird", sagt der Manager, der als einer der Pioniere beim Medikamentenhandel per Internet gilt. Allein im dritten Quartal 2003 hätten die Kunden 400.000 Bestellungen bei seinem Unternehmen aufgegeben. "Der Wettbewerb auf dem deutschen Apothekenmarkt wird zunehmen, wird zu einer Marktbereinigung führen und letztendlich dem Verbraucher nutzen", sagt Däinghaus.

DocMorris bleibt in den Niederlanden

Trotz der guten Erwartungen für den deutschen Markt will DocMorris seinen Handel weiterhin aus den Niederlanden betreiben. Bei einem Versand von Medizin aus Deutschland würden die gleichen Zuzahlungen wie in Apotheken fällig. So sieht es das Gesetz vor.

Versandhäuser könnten Konkurrenz sein

Großunternehmen bleiben auch in Zukunft weiter vom Endkunden-Geschäft mit Arzneimitteln ausgeschlossen. In Deutschland darf nur ein ausgebildeter Apotheker und keine juristische Person ein Arzneimittel vertreiben. Langfristig allerdings sieht DocMorris-Chef Däinghaus vor allem in etablierten deutschen Versandhäusern, Drogerie- und Einzelhandelsketten eine Konkurrenz. "Aber dazu müssen noch weitere Gesundheitsreformen folgen."

DPA
Michael Ihly

PRODUKTE & TIPPS