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Die Gastronomie hat die Corona-Krise besonders schwer getroffen. Schon vor Wochen gingen Besucherzahlen und Reservierungen zurück. Jetzt ist den Lokalen der Gästebereiche geschlossen. Wer kann, verkauft seine Ware zum Mitnehmen. Einige Betriebe haben dagegen komplett geschlossen. "Das Wasser steht uns buchstäblich bis zum Hals", warnten im März deshalb die Berliner Gastronomen in einem offenen Brief an den Berliner Bürgermeister Michael Müller.
Auch Sternekoch Tim Raue zählt zu den Unterzeichnern. In Berlin betreibt er mehrere Sternerestaurants. Weil die nun für Gäste geschlossen haben, hat Raue binnen weniger Tage einen eigenen Lieferdienst namens "Fuh Kin Great" auf die Beine gestellt. Seit dem 31. März liefert sein Team dienstags bis samstags vorgekochte Mahlzeiten aus. Während die Sterneküche sonst auf die Sekunde genau Gerichte kreiert, setzt das Team bei "Fuh Kin Great" auf "die Casual-Schiene". Das sieht man auch an den Preisen. Die liegen zwischen 9 und 22 Euro. "Das ist natürlich nicht zu vergleichen mit dem Menüpreis von 228 Euro, den wir normal haben", so Raue.

"Wenn man keine Gäste mehr hat, ist der Ofen aus"
Den Schritt zum Lieferservice hat Raue gemeinsam mit seinen Mitarbeitern entschieden. Der Umstieg vom regulären Restaurant- auf den Lieferbetrieb war dabei anfangs gar nicht so leicht. "Mit ein paar Boxen, also 40 oder 50 da geht das relativ einfach", so Raue. "Wir haben aber schon mit 300 Boxen am ersten Tag angefangen, am nächsten waren es über 400." Die Zufriedenheit der Kunden schlägt sich neben der Nachfrage auch in Fotos und Social-Media-Beiträgen nieder. "Grundsätzlich ist das Feedback überragend", bilanziert Raue.
Der Erfolg mit dem Lieferservice kommt für das Team wie gerufen. In der Woche der Schließungen habe man 100 Prozent des Umsatzes verloren, so Raue. In der Woche davor, als die Restaurants noch mittags geöffnet waren, seien es 75 Prozent gewesen. "Die Gastronomie funktioniert ähnlich wie die Top-Clubs der Bundesliga", erklärt Raue. Anstatt der Millionengehälter einzelner Spieler schlagen in der Gastro-Branche aber die generellen Personalkosten besonders zu Buche. "Wenn man keine Gäste mehr hat, dann ist der Ofen aus", bilanziert Raue.
Politik darf Angestellte nicht hängen lassen
Zwar sei Raue froh, dass es in der Gastronomie mittlerweile die Möglichkeit zu Kurzarbeitergeld gebe. Angesichts der geringen Gehälter vieler Mitarbeiter in der Branche reiche das aber kaum zum Leben. "Das Entscheidende ist, dass die Regierung jetzt Geld in die Hand nimmt", findet Raue. "Das ist einfach angebracht, damit die Angestellten ein Lohnniveau haben, mit dem sie existieren können." Für sie fordert er deshalb absolute Unterstützung. "Die dürfen wir auf gar keinen Fall hängen lassen", so Raue.
Wie es für die Gastro-Branche nach der Krise weitergeht, wenn die Beschränkungen im öffentlichen Raum gelockert werden, dazu will Raue keine Prognose abgeben. "Wir können im Moment nur von Tag zu Tag leben", sagt er. Positiv an der Krise sei allerdings, dass man der Gastronomie nun zum ersten Mal zuhöre. "Glücklicherweise haben wir uns relativ früh zusammengetan und mit einer Stimme gesprochen", so Raue. "Da merkt man, dass das etwas bringen kann und die Politik in Zugzwang setzt."
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