Wahrscheinlich hat Stefan Schmid Recht, wenn er sagt, dass er nicht das ganze Gesundheitssystem retten kann. Doch ein nettes kleines Beispiel, wie die Krankenkassen Geld verplempern, kann er liefern. "Bei Toilettensitzerhöhungen", sagt der Jungunternehmer. Seit einem Jahr betreibt er in Dingolfing ein Sanitätshaus nach dem Supermarkt-Prinzip. Toilettensitzerhöhungen kosten bei ihm 39 Euro. "Es ist genau dieselbe, für die die AOK 78,80 Euro zahlt", sagt Schmid. Die Kasse rechnet, wie üblich, nach Standardsätzen ab. Der Duschhocker kostet bei ihm 76,10 Euro - die AOK zahlt 110,20 Euro. "Und ich verdien' schon nicht schlecht", sagt er. "Ich dachte nur immer, die Kassen müssen sparen!"
240 Milliarden Euro lassen sich die Deutschen ihre Gesundheit jährlich kosten, allein 146 Milliarden fließen als Beiträge in die gesetzlichen Krankenkassen. Nur in den USA und in der Schweiz wird pro Kopf mehr Geld dafür ausgegeben. Und: Es wird ständig teurer. Union und SPD verhandeln deshalb mal wieder über eine große Gesundheitsreform. Doch es steht zu befürchten, dass das Großprojekt zur bloßen Finanzreform verkümmert. Statt zu sparen, soll noch mehr Geld ins System kommen.
Muss das sein? Ja, wegen des technischen Fortschritts, sagen die Kassen. Wegen des Alterns der Bevölkerung, sagen die Politiker. Doch schaut man dem Ungeheuer in den Rachen, lassen sich noch andere Gründe für seine Gefräßigkeit finden. Das deutsche Gesundheitssystem ist sagenhaft ineffizient und lädt zur freimütigen Verschwendung ein.
Die Politik nennt das, was im Sumpf aus 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), 250 Krankenkassen, 120.000 niedergelassenen Ärzten und über 2000 Krankenhäusern sinnlos versickert, "Effizienzreserve". Das klingt vornehmer als "Verschwendung". Das Gesundheitsministerium geht von jährlich 20 bis 25 Milliarden Euro aus - etwa so viel, wie alle gesetzlichen Kassen für Arzneimittel ausgeben. Der Allgemeine Patientenverband schätzt die Verschwendung gar auf bis zu 40 Milliarden Euro. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, findet darum schon die Grundannahme, das System sei unterfinanziert, falsch. "Richtig ist daran nur, dass die gesetzliche Krankenversicherung vor allem ein Ausgabenproblem hat."
1. Doktor-Spiele
21,6 Milliarden Euro gaben die Kassen 2005 für ärztliche Behandlung aus - 15 Prozent des Gesamtbudgets
Dr. Jung ist ein ganz normaler Arzt. Er untersucht und behandelt, er überweist und verordnet, er tut wie seine Kollegen alles, um möglichst eines zu sammeln: Punkte, für die ihm die KV sein Honorar überweist. Je mehr Punkte, desto größer das Stück vom Kuchen namens Budget. Wenn er ein bisschen trickst, hier ein bisschen mehr verschreibt, dort ein wenig mehr behandelt, bekommen die Kollegen weniger - und umgekehrt.
Wo ist das Problem?, fragen Dr. Jung und seine Kollegen, schließlich schadeten sie sich Dank betonierter Budgets nur gegenseitig, die Kassen zahlten nicht drauf. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. "Bei uns unterliegen nur 61 Prozent aller Leistungen der Budgetierung", sagt Markus Braun von der AOK in Bayern. Die restlichen 39 Prozent - etwa ambulante Operationen oder Vorsorgeuntersuchungen - werden extra abgerechnet. Zudem bleibt es selten bei einer Behandlung. Durch Überweisungen an Spezialisten oder Kliniken, durch Labortests oder Rezepte, Krücken oder Krankentransporte entstehen jede Menge zusätzliche Ausgaben.
"Jede Praxis verursacht in der Regel viermal höhere Kosten, als sie selbst abrechnet", sagt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Der Professor für Gesundheitsökonomie hält die Trennung von Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten für das Grundübel des Systems. "Wir leisten uns eine Doppelstruktur, die einfach zu teuer geworden ist." Den selbstständigen Radiologen und den im Krankenhaus. Den Internisten in der Praxis und den in der Klinik. Lauterbach ist überzeugt, dass man durch den Abbau der Fachärzte-Dopplung bis zu zehn Milliarden Euro sparen könnte.
Könnte! Doch die Ärzte verteidigen ihre Pfründen: Seit 1955, Adenauers Zeiten, sind die Praxisärzte vor der Klinik-Konkurrenz geschützt. Seither darf im Krankenhaus in der Regel nur behandelt werden, wer auch über Nacht bleibt. Seither basteln die freiberuflichen Ärzte an ihrer aufwendigen Parallelstruktur, die weltweit ihresgleichen sucht. Allein von 1991 bis 2004 stieg die Zahl der niedergelassenen Ärzte um fast ein Drittel. Zwar gibt es heute in einigen ländlichen Regionen zu wenig Ärzte, doch in den meisten der 395 Planungsbezirke gilt ein Niederlassungsstopp. So herrscht zum Beispiel in München eine teure Überversorgung. Es gibt dreimal so viele Anästhesisten, doppelt so viele Internisten wie benötigt. Und 40 Prozent über Satz sogar bei Hausärzten. Alle sammeln fleißig Punkte.
Ein Wunder, dass bei dieser Dichte jeder Arzt im Schnitt und nach Abzug aller Kosten im Westen 7000 Euro im Monat verdient, im Osten 6500 Euro - Privatpatienten nicht mitgerechnet. Im wissenschaftlichen Institut der AOK geht man davon aus, dass jede zweite ärztliche Leistung "angebotsinduziert" ist. Zu Deutsch: aufgeschwatzt. Kein Wunder, dass Umfragen unter Ärzten immer wieder zeigen: sich selbst würden die Dottores weit weniger verordnen.
Unsere Ärzte sind nach den US-Kollegen Weltmeister bei Herzkatheteruntersuchungen - trotzdem ist das Risiko, in Deutschland an einem Infarkt zu sterben, nicht geringer als anderswo. Unsere Ärzte sind nach den Japanern Weltmeister im Röntgen - und müssen sich doch fragen lassen, warum ihre schwedischen Kollegen mit halb so vielen Untersuchungen auch ganz gut im Bilde sind.
2. Technik-Tücken
In zehn Jahren hat sich die Zahl medizinischer Großgeräte verfünffacht
Was einst als Zukunft der Medizin galt, döst heute in Klinikkellern der Verschrottung entgegen: Robodoc. Anfang der 90er Jahre wurde der Chirurgenroboter, der half, künstliche Hüften einzusetzen, als Held im OP-Saal gepriesen. So ruhig, die Hand. So präzise, die Arbeit. Dann stellte sich heraus, dass der Held nicht nur Knochen aufbohrt, sondern auch Muskeln und Nerven zerfetzt. 2004 wurde Robodoc in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Bis dahin hatten ihn sich rund 90 Kliniken zum Stückpreis von einer halben Million Euro angeschafft. 45 Millionen Euro - verschwendet. Folgeschäden nicht mitgerechnet.
Derzeit heißt die Zukunft Protonen- und Schwerionentherapie. Bislang gibt es in ganz Europa keine einzige dieser Anlagen zur Krebsbehandlung. Doch allein in Deutschland sind an sechs Kliniken Protonentherapiezentren geplant. Die ersten sollen im Herbst in Betrieb gehen. Jedes Zentrum ist lang wie ein Fußballfeld, drei Stockwerke hoch - und kostet stolze 150 Millionen Euro. "Man muss sich fragen, ob es sinnvoll ist, gleich so in die Breite zu gehen, bevor überhaupt feststeht, ob die Methode einen Zusatznutzen bringt", sagt Rainer Hess, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses, des obersten Gremiums der Selbstverwaltung im Gesundheitssystem.
Bewiesen ist die Überlegenheit der Protonenbehandlung nur für vier Tumorarten. Und die treten eher selten auf. Theoretisch bräuchten etwa 10 000 Patienten im Jahr so eine Therapie - für jeweils 15 000 bis 20 000 Euro. In den bislang geplanten sechs Anlagen können aber 24 000 Tumorpatienten behandelt werden. Die teils privaten Betreiber gehen dennoch davon aus, dass sich die Investition rentieren wird. Weil man noch immer genügend Patienten fand. Weil sich die Kassen des Drucks der Lobbyisten noch nie lange erwehren konnten.
Das Trällern der "Fortschritts-Arie" sei so wirksam, "dass bei jedem kleinen Hoffnungsschimmer in der medizinischen Forschung reflexartig gedacht wird: Das muss so schnell wie möglich ins System", kritisiert der Bremer Gesundheitsforscher Norbert Schmacke. Beispiel: Positronen-Emissions-Tomografie (PET). Gab es 1994 in Deutschland gerade 13 PET-Scanner, so sind es heute etwa 100 dieser bis zu 2,5 Millionen Euro teuren Apparate - die Briten begnügen sich mit sieben. Im selben Zeitraum hat sich die Zahl der Computer-Tomografie-Geräte verdoppelt. Und die der Kernspin-Tomografen vervierfacht. Laut Statistischem Bundesamt standen 2004 fünfmal so viele medizinische Großgeräte in deutschen Kliniken wie 1994. Wie viele die niedergelassenen Ärzte zusätzlich betreiben, weiß kein Mensch. Nicht einmal die Krankenkassen.
3. Klinik-Irrgarten
49 Milliarden Euro zahlten die Kassen 2005 für die Krankenhausbehandlung. Das waren 34 Prozent der Gesamtausgaben
Das Klinikum Berlin-Buch ist kein Krankenhaus, es besteht aus 167 Häusern. Dazwischen viel Grün und 100 Kilometer Straße, auf denen die Kliniktransporter pro Jahr 430000 Kilometer zurücklegen - also etwa elfmal um den Globus fahren. "Es ist unmöglich, so eine Klinik wirtschaftlich zu betreiben", sagt Henning Baberg, Assistent der Geschäftsführung. Darum hat das Land Berlin den Irrgarten an die private Helios-Gruppe verkauft. Darum baut Helios für 200 Millionen Euro eine neue Klinik auf dem Gelände und legt die alten Häuser still. Viele kommunale Krankenhäuser haben so viel Geld nicht, leiden aber an einer ähnlich wahnwitzigen Infrastruktur. Mal findet sich die Notaufnahme im hintersten Winkel, mal die Radiologie fernab vom OP-Saal. Unablässig sind Ärzte und Patienten unterwegs.
Noch immer liegen deutsche Patienten im Schnitt fast neun Tage im Krankenhaus, während die Franzosen mit sechs Tagen auskommen. Noch immer stehen fast 50000 Betten zu viel in deutschen Kliniken. Und eine Studie der Münchner Unternehmensberatung PMP zeigt, dass gravierende Organisationsfehler in den Kliniken zu dreißig Prozent überhöhten Personalausgaben führen. So arbeiteten 62 Prozent aller Häuser "zur falschen Zeit mit der falschen Personalmenge". Und drei Viertel aller Operationen und Klinikaufenthalte seien schlecht geplant.
4. Pillen-Wahn
25 Milliarden Euro gaben die Kassen 2005 für Arzneimittel aus. Das waren 17,7 Prozent der Beiträge
Neulich wurde Horst Seehofer gefragt, warum es in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern keine Positivliste für Arzneimittel gebe. Schließlich hatte die Regierung schon 1993 versucht, eine solche Liste der wirksamen Medikamente einzuführen, und da war Horst Seehofer Gesundheitsminister. Der CSU-Mann lächelte verlegen und gab zu: "Weil die Industrie dagegen war."
Die Ausgaben für Medikamente steigen schier unaufhaltsam. "Zum Teil sind es wirklich Innovationen, die die Therapie verbessern", sagt Professor Ulrich Schwabe von der Universität Heidelberg, "doch ein Drittel des Kostenanstiegs ließe sich vermeiden." Der Pharmakologe gibt den "Arzneimittelverordnungsreport" heraus - darin rechnet er jährlich vor, wie viel man hätte sparen können, wenn die Ärzte nur vernünftiger verordneten. 2,9 Milliarden Euro waren es 2004, vier Milliarden Euro schätzt Schwabe für 2005.
In Deutschland sind etwa 3000 Wirkstoffe für knapp 9000 Arzneimittel zugelassen. Die Schweiz kommt mit einem Viertel weniger aus. Der Bremer Pharmakologe Peter Schönhöfer hält darum die große Mehrheit der Neuzulassungen für Scheininnovationen, die nicht besser seien als ihre Vorgänger, aber mit großem Aufwand in den Markt gedrückt würden. Für diesen Druck sorgen die 16000 Pharmareferenten der Hersteller bei 25 Millionen Praxisbesuchen im Jahr. Für Schönhöfer ist klar: "Der Erfolg eines Arzneimittels hängt nicht von der Qualität ab, sondern vom Marketingaufwand." Und das führe zur Überteuerung. So hält er die neuen Kunstinsuline für "größten Klamauk". Verglichen mit natürlichem Insulin seien sie in der Regel nicht besser, dafür aber rund 30 Prozent teurer. Im Mai kam mit "Exubera" gar das erste Insulin zum Inhalieren auf den Markt - auch das sei nicht besser, aber gleich dreimal so teuer.
Um den Wildwuchs wenigstens grob zu beschneiden, soll nun das "Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen" in Köln prüfen, ob ein neues Medikament Zusatznutzen verspricht und deshalb weiterhin von den Kassen bezahlt werden sollte. Im Fall von Exubera kam es jüngst zu dem Ergebnis: nein. Seitdem herrscht Krieg zwischen Hersteller und Institut (stern Nr. 25/2005: "Das Pharma-Duell").
5. Aktenzeichen XY
Betrug und Missbrauch bringen die Kasse jährlich um 8 bis 24 Milliarden Euro
Die Fahnder der Krankenkassen können viele haarsträubende Geschichten erzählen. Etwa die von dem Physiotherapeuten, der 12000 Euro Fahrtkosten abrechnet für die Behandlung von Senioren eines Heimes, in dem er selbst seine Praxis unterhält. Oder von Ärzten, die Vorsorgeuntersuchungen an Verstorbenen abrechnen. Oder von Ergotherapeuten, die Gruppensitzungen als Einzeltherapien in Rechnung stellen. Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International schätzt, dass dem deutschen Gesundheitswesen durch Betrug, Misswirtschaft und Bestechung jährlich acht bis 24 Milliarden Euro verloren gehen. Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass bis zu 95 Prozent aller Betrugsfälle im Gesundheitswesen nicht aufgedeckt werden.
Immerhin: Von Anfang 2004 bis Ende 2005 haben die Korruptionsbeauftragten der Kassen mehr als 270 Millionen Euro Schadensersatz wegen betrügerischer Abrechnungen geltend gemacht. Die Kontrolleure sind einiges gewöhnt. Doch das, was sich derzeit im Saarland offenbart, lässt selbst sie hyperventilieren.
Alles hatte ganz harmlos begonnen. Vor drei Jahren. Eine Ärztin wird beschuldigt, sie verschreibe gern teure Medikamente, die der Apotheker dann bei der Kasse abrechnet - obwohl kein einziges über die Theke geht. Den Gewinn teilen sich Ärztin, Apotheker und Patienten. 2787 dieser "Luftrezepte" im Wert von insgesamt 750000 Euro konnte man der Ärztin nachweisen, sie wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.
Inzwischen scheint es aber so, als wäre das halbe Saarland in ähnliche Fälle verwickelt: Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken ermittelt gegen mehr als 120 Ärzte und Apotheker sowie gegen rund 2000 vermeintliche Patienten, die ihre Versichertenkarten gegen "Leihgebühr" professionellen Kartenbeschaffern überlassen haben sollen. Stand Juni. "Und es tauchen ständig neue Verdächtige auf", sagt Oberstaatsanwalt Raimund Weyand.
Bei der jüngsten Razzia, im Morgengrauen des 10. Mai, beschlagnahmten 200 Polizisten in 44 Arztpraxen, Apotheken und Wohnungen Hunderte Kisten Beweismaterial. Mittlerweile ist der Materialberg so gewaltig, dass die Staatsanwaltschaft ein mehrstöckiges Haus als Lager anmieten musste. Dort fressen sich die 24-köpfige Ermittlungsgruppe "Rezept" und zehn Experten durch den Wust. "Wir werden noch Monate bis Jahre brauchen", klagt Oberstaatsanwalt Weyand.
6. Kassen-Luxus
Etwa 250 Krankenkassen geben jährlich 8 Milliarden Euro für Verwaltung aus - im Schnitt 160 Euro pro Mitglied
Es ist nicht so, als weigerten sich die Krankenkassen, auch bei sich selbst zu sparen. 60 Millionen Euro haben sie 2005 geschafft. Aber das waren nur 0,75 Prozent der gesamten Verwaltungskosten. Acht Milliarden Euro geben die etwa 250 Kassen jährlich dafür aus, das sind 5,5 Prozent ihres Gesamtbudgets von 146 Milliarden Euro. Davon werden nicht nur die 140000 Mitarbeiter entlohnt, sondern auch Hunderte von Vorständen, "die alle ziemlich gut bezahlt werden", wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kritisch bemerkte. Sie hat weitere Kassenfusionen angeregt. Der einfache Gedanke: je weniger Kassen, desto geringer die Verwaltungskosten. Doch einfache Gedanken sind dem Gesundheitswesen meist fremd. So schrumpfte seit 1992 zwar die Zahl der Krankenkassen um knapp 80 Prozent, doch im selben Zeitraum stiegen die Verwaltungskosten um die Hälfte.
7. Patienten-Dauergast
Im Schnitt geht jeder Deutsche 10-mal pro Jahr zum Arzt
Fragt man Dänen nach ihrer Gesundheit, antworten drei Viertel mit gut oder sehr gut. Von den Deutschen sagt das nicht mal jeder Zweite. Kein Wunder, dass sie doppelt so oft zum Arzt gehen wie die Dänen. "Ein völlig freier Zugang zum Arzt macht auch keinen Sinn, denn der findet immer was", sagt der Gesundheitsökonom Peter Oberender. Er schlägt vor, eine Praxisgebühr pro Arztbesuch einzuführen.
Und wenn die Behandlung von Raucherkrankheiten tatsächlich Milliarden von Euro jedes Jahr kostet, müssten Raucher dann nicht höhere Beiträge zahlen? Oder Bewegungsmuffel? Oder Extremsportler? Wolfgang Böhmer, früher Frauenarzt, heute Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, findet: "Es kann nicht sein, dass immer die Gemeinschaft einspringt, wenn jemand sich unvernünftig verhält." Doch Vernunft zahlt sich in diesem System nicht aus.