"Finanztest" Banken verheimlichen Dispozinsen

Ganz schön peinlich: Viele Banken kassieren so hohe Dispozinsen, dass sie die genaue Höhe lieber verschweigen. "Finanztest" bekam bei einer Umfrage die kuriosesten Ausreden zu hören.

Die Banken geraten wegen ihrer hohen Dispozinsen immer stärker in die Kritik. Obwohl sich die Institute derzeit fast zum Nulltarif Geld leihen können, nehmen sie von ihren Kunden nach wie vor hohe Zinsen, wenn die ihr Girokonto überziehen. Die Zeitschrift "Finanztest" ermittelte in einem aktuellen Vergleich einen durchschnittlichen Dispozins von 11,76 Prozent. Einige Banken knöpfen ihren Kunden sogar mehr als 14 Prozent ab, sollte der Kontostand ins Minus rutschen. Wer auch den eingeräumten Dispokredit überzieht, zahlt nochmal drauf. Dabei können sich die Finanzinstitute das Geld bei der Zentralbank oder untereinander derzeit für deutlich weniger als ein Prozent leihen.

Dieses krasse Missverhältnis ist vielen Banken offenbar selbst peinlich. Anders ist nicht zu erklären, was die Mitarbeiter von "Finanztest" bei ihren Recherchen erlebten. Die Tester schrieben 1566 Institute an mit der Bitte, die Höhe der Dispozinsen zu nennen. Nur 357 Banken waren dazu bereit. Für weitere 588 Geldhäuser konnte "Finanztest" die Daten auf anderen Wegen ermitteln, vor allem über Internetrecherche. Doch für mehr als ein Drittel der untersuchten Banken konnten die Tester weder auf Nachfrage noch über das Internet den Zinssatz herausfinden. "Wenn Sie sich nach einer neuen Bank umschauen, wird es Ihnen sehr schwer gemacht, die Dispozinsen zu vergleichen", berichtet die Leiterin der Untersuchung, Stephanie Pallasch, stern.de von den schwierigen Recherchen.

Kuriose Ausreden

Ihre U-Boot-Taktik begründeten die Verweigerer gegenüber "Finanztest" mit wechselnden nebulösen Argumenten. Die Volksbank Senden erklärte: "Die Stiftung Warentest geht nicht gut mit Banken um." Die Raiffeisenbank Gaimersheim-Buxheim schrieb, man könne die Daten nur in einem persönlichen Gespräch weitergeben, weil man Wert auf Beratung lege. Die VR Bank Kaufbeuren-Ostallgäu befürchtete gar, dass die Konkurrenten falsche Zahlen angeben würden: "Dann stehen wir als zu teuer da, wenn wir richtige Angaben machen." Andere schoben eine hohe Arbeitsbelastung vor oder erklärten ganz einfach ohne Begründung, sie wollten nicht teilnehmen.

Die Angst als Abzocker dazustehen, ist offenbar groß bei den Bankern. In sieben Fällen hatten die Tester zunächst einen Preisaushang im Internet gefunden. Doch nach der offiziellen Anfrage war der plötzlich nicht mehr aufzufinden. Bei fünf anderen zufällig ausgewählten Banken, die keine Informationen herausrücken wollten, schickte "Finanztest" freie Mitarbeiter vorbei, um den Zins vor Ort zu erfragen. Es stellte sich heraus, dass dieser deutlich über dem Schnitt liegt. Da dieser Verdacht auch für andere Heimlichtuer naheliegt, konstatiert "Finanztest": "Unser Ergebnis für alle Banken wäre wohl noch deutlich schlechter ausgefallen, wenn uns nicht immer noch viele Daten fehlten."

So kommen die 946 Banken, bei denen der Zins ermittelt werden konnte, auf einen Durchschnittssatz von 11,76 Prozent. 18 Geldhäuser verlangten mehr als 13,75 Prozent Zinsen, nur sechs Anbieter weniger als sieben Prozent. Der Zinssatz für die sogenannte "geduldete Überziehung" des Dispokredits liegt laut "Finanztest" meist noch einmal vier bis sechs Prozentpunkte höher.

Ruf nach gesetzlicher Regelung

Immer wieder in der Diskussion ist eine politische Lösung des Dispo-Problems. Die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Nicole Maisch, sagte der Nachrichtenagentur DPA: "Nur eine gesetzliche Regelung wird die Banken in ihre Schranken weisen. Wenn der Markt versagt, muss die Politik aktiv werden." Auch Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hatte zuletzt Transparenz angemahnt, es aber abgelehnt, den Banken eine Obergrenze für ihre Dispozinsen vorzuschreiben.

Wie wichtig Transparenz wäre, zeigt die Reaktion der Finanzinstitute auf den Vergleich vom vergangenen Jahr: Von den 25 Banken, die "Finanztest" damals als besonders teuer gerügt hatte, haben 24 mittlerweile die Zinsen gesenkt. Diesmal reagierten einige Banken noch schneller: Sie verweigerten "Finanztest" zwar die offizielle Auskunft, setzten aber kurz nach der Anfrage den Zins deutlich herunter, wie die Tester im Internet verfolgen konnten.