Detroit Motorshow Kleine Stars, fette Diesel

Von Helmut Werb/Detroit
In Detroit, dem wichtigsten Ereignis der US-Motorwelt, wollen die Amis der Welt beweisen, dass sie's noch können. Auch mit "Öko"-Antrieben. Okay, die einen können's besser, die anderen weniger.

Detroit, die triste Motor-Metropole, arg gebeutelt in den letzten Jahren, könnte ein wenig Glanz und Glitter gut gebrauchen. Die amerikanische Autoindustrie ist in die Knie gegangen, der Superbowl war letztes Jahr, und Motowns tolle Tage sind auch schon ziemlich lange vorbei. Die Autoriesen wollen etwas gut machen, also eröffnete General Motors die "North American International Auto Show", Amerikas jährliches Auto-Spektakel, mit einer 2-Millionen Dollar Party für 2000 Gäste und einer Handvoll Hollywood Stars. Wie sehr Detroit an Zugkraft verloren hat, zeigte sich an dem zum Auftrieb bereiten Starangebot. Die A- und auch die B-Liste der fernen Filmstadt meidet Amerikas Rost-Gürtel wie die Pest, und so musste man froh sein, dass solch namhafte "Zugpferde" wie Christian Slater, Rosie Perez und (immerhin) Jennifer Hudson die Autos des kränkelnden Autoriesen zu präsentieren bereit waren. Trotzdem: Es war ein sehr nettes Fest, denn die Autos der diesjährigen Autoshow machen einiges gut, obwohl man bei manch einer Neuvorstellung immer noch den Kopf schütteln möchte.

Feuerwerk der Gimmicks

So versucht Ford beim neuen Modelljahrgang, sich mit beleuchteten Cup-Holders, virtuellen Lava-Lampen und Microsofts als revolutionär angekündigte Telefon-Freisprechanlage aus der Krise zu strampeln. Aber immerhin war unter solch umweltbewussten Neuerungen wie recycelten Mohair-Fußmatten für den Lincoln MkR auch ein Airstream Concept Car, der – neben der oben genannten Lava-Lampe – auch einen voll-elektrischen Antrieb zu verzeichnen hat. Ob das Ding jemals Asphalt unter die Räder bekommen wird, war nicht zu vernehmen. Das zarte Pflänzchen der Kraftstoffersparung machte Ford mit dem fast sechs Meter langen 400-PS-Hammer Interceptor wieder den Garaus, der Wiedergeburt urwüchsiger Muscle Cars, der als Alibi auch mit FlexFuel angepowert wird, jenem sagenumwobenen Bush-Gemisch aus Benzin und einem bisserl Ethanol, das Amerika aus den Klauen gieriger Erdölproduzenten befreien soll. Naja, jedes kleine Bisschen hilft.

Immer mit Strom

General Motors, noch die Nummer Eins im Autogeschäft, verlegt sich ebenfalls – und deutlich glaubwürdiger – aufs Geschäft mit dem Umweltschutz, um das von Global Warming verunsicherte Konsumentenbewusstsein zu besänftigen (die Temperaturen des sonst in der Januarkälte bibbernden Detroit lagen bei milden 10 Grad) und stellte den Volt vor, einen Elektro-getriebenen Prototypen, der in dieser Form mit grosser Sicherheit nie das Licht der Massenproduktion sehen wird. Hinter dem durchaus ansehnlichen – und erstaunlich produktionsnahen – Volt steckt das GM-Konzept von EFlex, einer modernen, globalen Autoplattform, die in jeder Variante von elektrischen Strom angetrieben wird und bei dem nur die Art variiert, wie die Batterien des Fahrzeugs aufgeladen werden – ob mit Biodiesel, Ethanol oder über Brensstoffzellen. Totale Unabhängigkeit vom Benzin verspricht General Motors CEO Bob Lutz, wenn eine tägliche Reichweite von 60 Kilometern nicht überschritten wird. Sollten es 90 Kilometer zwischen zwei Steckdosen werden, sieht Lutz bei seinem EFlex-Konzept einen Verbrauch von 1.5 Liter auf 100 Kilometer.

Sangeskunst und Monsterdiesel

Vielleicht hat sich der Wind ja wirklich in den Köpfen amerikanischer Verbraucher gedreht, denn die Umwelt und gesenkter Benzinverbrauch war in aller Munde. Trotz gewaltiger Prachtlimousinen wie Audis neuem Q7 Prototyp, ausgestattet mit einem V12-Diesel, der ein Drehmoment von gewaltigen 1000 Newtonmetern verspricht, will zum Beispiel die teutonische Bluetec-Allianz den Flottenverbrauch und den Schadstoffausstoss deutlich mildern. Als Rockstar Seal bei Audis Q7 V12 TDI mitfeierte, freute sich Konzern-Oberguru Piech über die enthusiastische Resonanz bei der US-Fachpresse.

Ein bisschen teurer

Mercedes Benz setzte gar Hundeschlitten und Eiskunstläufer ein, um dem neuen Prachtfahrzeug Ocean Drive ein kühles Image zu verschaffen. Das Super-Luxus Cabrio mit vier Türen dürfte in dieser Version allerdings nur als Versuchsballoon dienen, um die Schmerzgrenze amerikanischer Geldbeutel zu testen – hinter vorgehaltener Hand war von weit mehr als einer Viertelmillion Euro die Rede, sollte der Ozeandampfer auf Rädern jemals in Serie gehen. Die Frage, ob der Ocean auch mit Diesel befahren werden wird, wurde tunlichst ignoriert.

Kracher aus dem Reich der Fantasie

In diesem auf Grün geschminkten Umfeld stachen die Concept Cars von Acura, Mazda und Nissan als Ananchronismen vergangener Autoshow-Tage heraus – Auffallen um jeden Preis mit exotischen, garantiert realitätsfreien Traum-Konzepten, die meist nicht einmal über ausgearbeitete Innenräume verfügen und per Kran aufs Podest gehoben werden mussten. Show können die Amis inzwischen wieder besser – General Motors präsentierte einen Retro- Dream Car der australischen Holden-Tochter, den EFIJY, den man sich wirklich in der Garage wünscht, und den Prototypen des Camaro Cabrios, das 2009 fast ohne Änderungen auf den Markt kommen soll.