Elektromotorräder haben im Vergleich zu elektrischen Autos aktuell das Nachsehen. Es gestaltet sich offenbar deutlich schwerer, Akkus zwischen zwei statt vier Räder zu klemmen, sodass die Reichweite bei vielen Krafträdern stark limitiert ist. Der finnische Motorradhersteller Verge Motorcycles möchte das ändern – und zeigt auf der Technikmesse CES in Las Vegas ein elektrisches Kraftrad der Superlative.
Ausstattung auf Top-Niveau
Das Verge TS Ultra soll mit einer Spitzenleistung von 204 PS (150KW) und 1200 Newtonmetern Drehmoment am Hinterrad nicht nur mit der PS-starken Verbrennerkonkurrenz Beine machen, sondern dank einer maximalen Reichweite von bis zu 375 Kilometer auch Tagestouren ohne Ladestopp überstehen. Und selbst wenn dem TS Ultra mal die Puste ausgeht – an der richtigen Ladesäule soll das Bike binnen 25 Minuten wieder zu Kräften kommen. Das entspricht durchaus einem normalen Tankstopp mit kurzer Pause, wäre also auch bei Gruppenfahrten nicht hinderlich. Die Akku-Kapazität gibt Verge mit 20,2 Kilowattstunden an.
Die maximale Geschwindigkeit des Power-Nakeds soll bei 200 Kilometern pro Stunde liegen, der Sprint auf 100 km/h soll nicht länger als 2,5 Sekunden dauern. Zum Vergleich: Eine Ducati Streetfighter V4S benötigt trotz 208 PS rund 3,3 Sekunden. Bei der Endgeschwindigkeit hat das Elektro-Motorrad selbstverständlich das Nachsehen, da sonst die Batterie zu schnell erschöpft wäre.
Das Verge TS punktet aber nicht nur mit ausreichender Leistung für Vielfahrer, sondern auch optischen Eigenheiten, die man sonst nur aus Filmen wie "Tron" kennt. Während das Vorderrad wie üblich in einer Upside-down-Gabel von Wilbers oder Öhlins steckt, klafft am Hinterrad nur ein großes Loch. Denn das Hinterrad, das gleichzeitig auch der Motor des Motorrads ist, kommt ohne Speichen aus. Der Antrieb ist umrahmt von einer Felgenringbremse, hinten steckt der Nummernschildhalter an der Nabe.
Die Kombination aus Motor und Hinterrad erfordert eine gewisse Breite, weshalb Verge beim TS Ultra auf die Reifendimension 240/45 ZR 17 setzt, was für ein Power-Naked ungewöhnlich breit ist. Das Motorrad kommt standardmäßig mit zwei Paar Fußrasten. Das soll laut Hersteller entweder eine Fahrt mit zwei Personen ermöglichen, oder aber den Wechsel der Sitzposition. Für eine lockere Fahrt und damit eine entspannte Haltung dienen Fußrasten knapp hinter dem Vorderreifen, für eine sportlichere Haltung stehen Rasten auf Höhe der Sitzbank zur Verfügung.
Startpreis für das Basis-Modell auf Augenhöhe mit Luxus-Ducati
Die futuristische Optik bietet Verge bei allen Modellen der TS-Reihe – denn es gibt drei. Das TS und das TS Pro unterscheiden sich im Grunde nur in Sachen Leistung und Batteriekapazität, außerdem stehen weniger Lackierungen zur Auswahl. Alle Modelle sollen bereits in diesem Jahr auf den Markt kommt. Im Mai will Verge mit dem TS Pro starten, ab September mit dem TS und das Ultra-Modell soll im vierten Quartal erscheinen.
Oft dürfte man ein Verge-Motorrad aber nicht sehen, denn der Einstiegspreis des in Estland gebauten Bikes liegt bei 33.011 Euro. Möchte man das Verge TS Ultra kaufen, werden mindestens 54.431 Euro fällig. Durch Zukauf einer Alcantara-Sitzbank steigt der maximale Preis auf 55.181 Euro.
Im Vergleich steht Verge damit nicht besonders attraktiv da, selbst wenn man eine Energica Ego mit allem möglichen Zubehör ausstattet, schafft man es nicht über 46.500 Euro. Bei Zero Motorcycles ist 30.000 Euro so ziemlich die Obergrenze für ähnliche Modelle. Bei Verbrenner-Motorrädern muss man schon tief im Katalog von Luxus-Marken wie Ducati oder Harley-Davidson abtauchen, um ähnlich teure Exemplare zu finden.