Tesla gilt als Pionier der Elektromobilität. Das Unternehmen um CEO Elon Musk hat es zum wertvollsten Autobauer der Welt geschafft – und den langetablierten Autoherstellern den Weg in die vollelektrische Zukunft erfolgreich vorweggenommen. Während Musk auf jeder Veranstaltung zu sehen ist, sein Unternehmen gegenüber der Presse vertritt und auf seinem Twitter-Account über Neuigkeiten von Tesla berichtet, agiert im Hintergrund ein gewisser Zach Kirkhorn.
Der Finanzchef des US-Elektroautobauers ist laut einem Bericht von "The Wall Street Journal" maßgeblich für die steile Erfolgskurve von Tesla verantwortlich. Demnach soll er deutliche Kosteneinsparungen im Unternehmen erreicht haben. Als Kirkhorn Anfang 2019 vom Stellvertreter zum Finanzchef aufstieg, hatte Tesla mehr als ein Jahrzehnt rote Zahlen geschrieben. Der US-Autobauer wurde zu dem Zeitpunkt mit rund 50 Milliarden Dollar bewertet, heute sind es mehr als zehn Mal so viel.
Kirkhorn, studierter Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaftler mit einem Master-Abschluss an der Harvard Business School, soll mitverantwortlich dafür sein, dass Tesla seine Produktion effizienter machen und 15 profitable Quartale hintereinander schreiben konnte. Eine entscheidende Funktion hatte er, als sich der US-Autobauer etwa 2014 auf die Produktion des Mittelklassewagens Model 3 vorbereitete. Dem Bericht der "The Wall Street Journal" zufolge gehörte der heute 38-Jährige damals zu einem Team, das eine Kooperation mit Panasonic über eine gemeinsame Batteriefabrik aushandeln sollte. Konkret ging es dabei um unterschiedliche Vorstellungen darüber, welchen Preis Tesla für die benötigten Batteriezellen zahlen müsste. Schließlich gelang es, eine Vereinbarung zu erzielen, die zum Erfolg des Modells beitrug. Der Start des Model 3 verlief holprig, laut Musk hätte dies beinahe die Pleite von Tesla zur Folge gehabt. Trotzdem hat sich das Auto inzwischen weltweit etabliert.
Finanzchef versteht sich gut mit Tesla-CEO Musk
Reagierten Anleger 2019 nervös, als Musk verkündete, dass Finanzvorstand Deepak Ahuja das Unternehmen nach über zehn Jahren verlassen wird, so wird Kirkhorn mittlerweile längst intern für seine Leistung bewundert. Er soll zum Einen ein kollegiales Management verfolgen und zum Anderen die Fähigkeit besitzen, mit Musk zu kommunizieren. Daran waren andere Führungskräfte in der Vergangenheit gescheitert. Denn der Tesla-Chef stellt ziemlich hohe Erwartungen an seine Beschäftigten und veranlasst beispielsweise Personalkündigungen ohne Vorwarnung.
Doch in Kirkhorn setzt Musk großes Vertrauten. Das liegt unter anderem auch daran, dass der Finanzchef als Mittelsmann agiert, wenn Musk eine Forderung stellt, die unmöglich zu erfüllen scheint: er trennt die Forderung in kleine Teile auf, um sie dann zu erfüllen. Ehemaligen Kolleg:innen zufolge ist Kirkhorn dazu in der Lage, die Vision des Tesla-Chefs hinter den Kulissen umzusetzen.
"Das große Risiko oder das Problem, über das Sie nicht sprechen wollten? Er wird es finden und sich schnell damit befassen", sagte RJ Johnson, zuvor Leiter des Energiegeschäfts bei Tesla, über den amtierenden Finanzchef. Und weiter: "Er würde Probleme höflich auseinandernehmen."
Ein guter Gegenspieler
Außerdem hat sich Kirkhorn als guter Gegenspieler zu Musk bewährt. Wenn der Tesla-Chef riskante Wetten zur Revolutionierung der Autoindustrie eingeht, hält Kirkhorn die Finanzen bei Tesla sauber. Als das US-Unternehmen 2021 Bitcoins im Wert von rund 1,5 Milliarden Dollar kaufte, sorgte dies für viel Aufsehen. Auch Kirkhof war über den Kauf nicht erfreut und Tesla verkaufte einen Großteil seiner Bitcoins schließlich wieder – mit Gewinn. Der Kurs der Kryptowährung erlebte dann im vergangenen Jahr einen großen Crash.
Ehemalige Kolleg:innen berichteten, dass Kirkhorn viele Aufgaben des Chief Operating Officer übernimmt, obwohl er offiziell nicht Musks Stellvertreter ist. Kirkhorns Name fiel auch schon im Zusammenhang mit einer möglichen Nachfolge für Musk, der neben dem Chefposten bei Tesla jenen bei der Raketenfirma SpaceX sowie bei Twitter innehat. Tatsächlich würde der Tech-Milliardär seine Führungsposten lieber abgeben. Bei Twitter wird er bald als Chef zurücktreten, wie er vergangenen Woche ankündigte. Ob er es bei Tesla ebenfalls tun wird, darüber gab es zumindest Spekulationen.
Dennoch würde Kirkhorn Musk "nicht das Rampenlicht wegnehmen", sagte Kurt Kelty, ein Vizepräsident des Unternehmens für Batteriematerialien, Sila, und ehemaliger Senior Direktor für Batterietechnik bei Tesla. In der Öffentlichkeit ist er jedenfalls kaum bekannt (weshalb es auch kaum öffentliche Fotos von ihm gibt) und an der Wall Street kennen ihn nur Wenige gut.
Elon Musk: Seine Firmen, seine Familie – der reichste Mensch der Welt in Bildern

Kirkhorn verantwortet Einführung eines neuen Massenautos mit
Auf Teslas Investorentag im März trat Kirkhorn, der von Tesla "Master of Coin" (Meister der Münze) genannt wird, allerdings neben Musk vor Publikum auf. Hier versprach er: "Wir werden eine noch nie dagewesene Größe in der Produktion erreichen." Denn momentan liegt es mit in seiner Aufgabe, die geplante Einführung eines neuen Autos für den Massenmarkt umzusetzen. Das geplante Auto soll halb so viel kosten wie das Model 3. Und nach drei Jahren ohne neues Fahrzeug wird es Zeit für Tesla. Der Finanzchef teilte mit: "In dem Maße, wie wir die Erschwinglichkeit verbessern, steigt die Zahl der Kunden, die Zugang zu unseren Produkten haben, dramatisch an."
Tesla will zum Jahr 2030 20 Millionen Elektrofahrzeuge jährlich produzieren – keine leichte Aufgabe. Vergangenes Jahr lieferte das US-Unternehmen rund 1,3 Millionen Autos aus, die Konkurrenz (vor allem aus China) nimmt stark zu, Herstellern gelingt es zunehmend, sich auch gegen den E-Autopionier Tesla durchzusetzen. Mit Kirkhorn will Tesla dagegen halten.
Quellen: The Wall Street Journal, Tesla, mit Material der dpa