Denn hinter dieser Formel verbirgt sich nicht weniger als "das schnellste und stärkste Serienfahrzeug, das jemals von General Motors angeboten wurde", jubelt es aus der Presseabteilung. Von außen ist ihr das kaum anzusehen: gleiche Form, gleicher Radstand, wenige Millimeter länger und breiter. Allein die Lufthutze auf der schier endlosen Motorhaube macht stutzig, der Blick darunter klärt die Verklärung der GM-Mannen. Unter der schwarzen Abdeckung mit den roten Ventildeckeln steckt ein neuer Achtzylinder-Motor, abgeleitet aus der Corvette-Rennversion C6.R, mit der die Amis im vergangenen Jahr in LeMans die Konkurrenz in Grund und Boden fuhren. Ganz ohne Turbolader oder Kompressoren saugt der "small block" genannte V8 aus seinen sieben Litern Hubraum satte 512 PS (377 kW), die den Wagen in 3,9 Sekunden auf Tempo 100 katapultieren – im ersten Gang. Auch der Blick auf die Tachoscheibe trügt diesmal nicht. Die Skala endet mit der Ziffer 320 – und genauso schnell fährt das Muskelpaket.
Technische Daten
Corvette Z06 Coupé
Hubraum: 7011 ccm
Leistung: 512 PS
Drehmoment: 637 Nm 0-100 km/h: 3,9 sec
Höchstgeschw.: 320 km/h
Verbrauch (Mix): 14,7 Liter
Länge: 4459 mm
Breite: 1927 mm
Höhe: 1246 mm
Gewicht: 1418 kg
Kofferraum: 634 Liter
Preis: 79 950 Euro
Doch nicht nur Hubraum und Leistung wurden gegenüber der Serien-Corvette, die mit ihrem 404 PS (297 kW) starken 6-Liter-V8 auch schon nicht gerade untermotorisert zu nennen ist, aufgestockt. Um die 637 Newtonmeter Schubkraft über das kurz und knackig gestufte Sechsganggetriebe auf die Straße zu bringen, mussten ebenso Räder, Bremsen, Kühlsystem und Auspuffanlage vergrößert werden. Was umgekehrt wiederum zu einem Mehrgewicht von 40 Kilogramm führte. Um nicht nur die Kraft, sondern auch das Leistungsgewicht im Zaum zu halten, griffen die Ingenieure deshalb zu feinstem – und teurem –Leichtbaumaterialien. So besteht die Rahmenkonstruktion komplett aus Aluminium statt aus Stahl und viele Technik- und Motorteile sind aus Titan, Magnesium und Karbon gefertigt. Unterm Strich bringt die Corvette Z06 mit ihren 1418 Kilogramm rund 85 Pfund weniger als die Serienversion auf die Waage.
Zu spüren ist das auf der Straße. Ein Druck auf den unscheinbaren Start-Stopp-Knopf rechts neben dem Lenkrad, der Achtzylinder erwacht und lässt den Wagen erzittern. Den ersten sanften Tritt aufs Pedal quittiert er noch mit dumpfem Bollern. Erst wenn man ihm die Sporen gibt, brüllt er auf und lässt seinen Kräften freien Lauf, mit denen die 325er-Walzen an der Hinterachse, zumindest auf feuchter Fahrbahn, ihre liebe Mühe haben. Mit Wucht katapultiert der V8 den Wagen nach vorn, und trotz der gesamten Palette elektronischer Fahrhilfen immer wieder an die Grenzen der Fahrphysik. Immerhin, die Pizzateller großen Bremsscheiben gebieten dem wilden Treiben ebenso vehement Einhalt.
Neben Proll-Power-Darbietungen kann die Corvette Z06 aber auch im Asphalt-Alltag glänzen. Dank des freudigen Drehvermögens, das sich erst bei 7000 Touren rot färbt, lässt es sich nicht nur ganz gemütlich durch Stadt und Land bummeln. Womit, nebenbei bemerkt, vielleicht auch der angegebene Spritverbrauch von 14,7 Liter auf 100 Kilometer noch am wahrscheinlichsten einzuhalten ist. Darüber hinaus schluckt der 634 Liter große Kofferraum spielend Wochenendeinkäufe ebenso wie das Gepäck für die Fahrt in den Urlaub - der nach einer Tagesetappe in den straff gepolsterten Schalensitzen dann aber auch angebracht ist.
So überzeugend die gefühlte Performance hinterm Lenkrad, so enttäuschend fällt die optische aus. Im Interieur herrscht die schlichte Langeweile. Oberflächen, Schalter, Tasten, Bedienhebel - wohin man auch schaut und greift, präsentiert sich eine triste Plastiklandschaft. Immerhin fällt die Serienausstattung, unter anderem mit Zwei-Zonen-Klimaanlage, schlüssellosem Zugang, Tempomat, elektrisch verstell und heizbaren Ledersitzen sowie Bose-Audiosystem vergleichsweise üppig aus. Ein besonderes Gimmick ist das Head-up-Display, auf dem frei wählbar in Augenhöhe des Fahrers Tempo, Drehzahl und Navigationsdaten wie auch im speziellen Renn-Modus Fliehkraft und Querbeschleunigung auf die Frontscheibe projiziert werden.
Milde stimmt der Kaufpreis: Für 79 950 Euro ist die ultimative US-Fahrmaschine in Europa zu haben. Ein Schnäppchen, im Vergleich zu Wettbewerbern wie Ferrari F430, Lamborghini Gallardo, Mercedes SLR oder dem kommenden Porsche 911 Turbo, die teilweise das Doppelte kosten. Das scheint sich in Deutschland, dem größten Corvette-Markt Europas, längst rum gesprochen zu haben. Die geplanten 250 Exemplare für 2006 sind bereits verkauft.
Fazit:
Die Corvette Z06 ist ein reinrassiger Sportwagen mit allen artgerechten Attributen, der darüber hinaus aber auch durchaus mit alltagstauglichen Qualitäten glänzen kann - den genre-typischen Verbrauch mal außen vor gelassen. Was so gar nicht dazu passen will, ist das lieblose Interieur. Dafür ist das Preis-Ausstattungsverhältnis einfach nur konkurrenzlos.