Merkel setzt auf Strom In zehn Jahren sollen in Deutschland eine Million Elektroautos fahren

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte am Montag auf dem Elektromobilitäts-Gipfel mit Spitzenvertretern der deutschen Industrie in Berlin, Deutschland in den nächsten Jahren zum "Leitmarkt für Elektromobilität" machen zu wollen.

Bis 2020 sollen eine Million Autos auf deutschen Straßen mit Strom fahren. Das ist das Ziel der Nationalen Plattform Elektromobilität, die Kanzlerin Angela Merkel am Montag in Berlin startete. Der Lenkungskreis soll bis zum Jahresende konkrete Schritte erarbeiten, wie Deutschland zum Leitmarkt bei E-Autos werden kann.

Merkel sagte, die Mobilität der Zukunft müsse "ressourcenunabhängiger, umweltfreundlicher, nachhaltiger" sein und den Klimawandel begrenzen. Deutschland habe "sehr, sehr gute Voraussetzungen", mit den weltweiten Entwicklungen mitzuhalten. Ziel sei es, dass 2020 jeder 45. Wagen auf deutschen Straßen ein Elektroauto ist.

Die Plattform wird von Henning Kagermann von der Nationalen Wissenschaftsakademie acatech geleitet. Mitmachen sollen in sieben Arbeitskreisen Vertreter von Industrie, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Sie beraten über Probleme von der Batterietechnologie bis hin zur Standardisierung. Für Merkel ist das Kernproblem die Speichertechnologie.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer nannte es eine typisch deutsche Diskussion, dass bereits über staatliche Kaufprämien spekuliert werde, bevor das erste Elektroauto überhaupt in Großserie gegangen sei. E-Autos müssten künftig so begehrt sein wie neue Handys. "Ich setze auf die Attraktivität dieser Produkte", sagte der CSU-Politiker.

Auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüdele lehnte Kaufprämien ab. "Eine künstliche Nachfrage zu entfachen, ist nicht die Lösung", meinte der FDP-Minister. Er sei auch gegen die Abwrackprämie gewesen. "Wir müssen nicht den französischen Weg gehen", erklärte Brüderle. Frankreich hat mehrere tausend Euro als Kaufanreiz in Aussicht gestellt.

Der Vorsitzende des Lenkungskreises, Kagermann, sagte, in den nächsten Jahren könne man nicht über den Preis Kunden für Elektroautos gewinnen. Zunächst müsse man Interessenten suchen, die etwas für die Umwelt tun wollten und Spaß an Technologie hätten. Abstimmen wolle man sich auch über "schnelle pragmatische Lösungen", zum Beispiel für Ladestationen zu Hause, bei Firmen oder an Bahnhöfen.

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, sagte, es gebe angesichts der internationalen Konkurrenz bei Elektroautos "überhaupt keinen Grund, Furcht und Schrecken zu haben". Doch bei den E-Autos seien noch immer die Batterien das Problem. Sie machten heute den Preisunterschied von rund 10.000 Euro zum herkömmlichen Wagen mit Verbrennungsmotor aus.

Hans-Peter Keitel, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie, sagte, er sehe neben der Speichertechnologie auch die Entwicklung intelligenter Netze mit Strom und Service als Herausforderung. Der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber sagte, noch fehlten die Elektroingenieure, die die Autos bauen sollen.

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann (Grüne), nannte den Elektromobilitätsgipfel eine "Mega-Inszenierung ohne Substanz mit viel unverdientem Selbstlob". Der SPD-Wirtschaftsexperte Garrelt Duin meinte, die vom Gipfel verabschiedete Erklärung sei enttäuschend und lediglich der kleinste gemeinsame Nenner. Umweltschutzverbände warfen der Regierung vor, die Klimaschutzziele zu vernachlässigen und nur den Interessen der Industrie zu folgen. Die Allianz pro Schiene beschuldigte die Regierung, "die real existierende Elektromobilität mit der Eisenbahn" einfach zu ignorieren.

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DPA/AFP