Rinspeed Splash Schwyzer Fliewatüüt

Kinderträume werden wahr: Züricher Tüftler bauen ein Auto, das schwimmen und sogar fliegen kann. Im Splash steckt High Tech pur.

Kinderträume werden wahr: Züricher Tüftler bauen ein Auto, das schwimmen und sogar fliegen kann. Im SplasH steckt High Tech pur.

Wer hat's erfunden? Klar, die Schweizer. Ricola, den Kräuterzucker. Rex, den Sparschäler. Splash, ein schwimmendes Auto, das obendrein fliegen kann. Quatsch, oder? Doch, is' wahr. "Es gibt eine Geschichte von Daniel Düsentrieb, die hat sich mir als Bub im Kopf eingebrannt", sagt Frank Rinderknecht aus Zumikon bei Zürich. "Der hat was an die weiße Wand gemalt, und das wurde dann Realität."

Verrückte Kisten für den Genfer Autosalon

Rinderknecht hat viele Daniel-Düsentrieb-Geschichten gelesen damals. Und er hat bis heute viele verrückte Kisten gebaut, jedes Jahr eins für den Genfer Autosalon. Da steht er dann an seinem Messestand in der riesigen Halle. Von der Decke hängt ein Schild mit dem Namen "Rinspeed" drauf, so heißt seine Firma. Auf den anderen Tafeln stehen Namen von Weltruf - Ferrari, Toyota, Mercedes -, und die Messelandschaften darunter sind gigantisch.

"Da hat's klick gemacht"

Rinderknecht mietet nur ein paar Quadratmeter, aber im Verhältnis zur Fläche ist der Glotzfaktor höher als bei den anderen. Einen Einsitzer hat er schon gezeigt, bei dem das Cockpit schwenkbar ist und so in Kurven die Fliehkraft kompensiert. Wie ein Motorrad, bloß auf vier Rädern. Oder ein Stadtauto, das zum Einparken auf Knopfdruck kürzer wird. Oder einen Porsche mit Ladefläche, automatisch ausfahrbar natürlich. Irgendwann müssten dem Mann eigentlich die Ideen ausgehen. Aber als die Leute sich beinahe daran gewöhnt hatten, dass sie bei ihm immer etwas Durchgeknalltes zu sehen bekommen, kam einer vorbei und sagte: Frank, bau doch mal ein Auto, das alles kann. Schwimmen. Und am besten auch fliegen. "Da hat's klick gemacht", sagt der und tippt sich an die Stirn.

Kreuzung aus Stelzen und Wasserskiern

Am Blue Cypress Lake, einem idyllischen Anglerparadies in Florida, rollt Anfang Februar ein silbrig-blauer Sportwagen langsam auf das flache Seeufer zu. Bleibt nicht etwa stehen, sondern gleitet ins lauwarme Wasser, über dem nach Sonnenuntergang die Moskitos wimmeln. Es ist nur verschwommen zu erkennen, aber irgendwas tut sich da jetzt an dem komischen Autoboot. Sieht aus wie eine Kreuzung aus Stelzen und Wasserskiern, die sich drehen und auseinander falten. Der große Heckspoiler klappt nach hinten weg und taucht ins Wasser. Dann brodelt es, das Gefährt setzt sich in Bewegung, nimmt Tempo auf. Und dann, immer schneller, hebt es sich, etwas wackelig noch, aus dem See, die Räder sind in der Luft, und der Mann im Cockpit reckt die Faust - geschafft! Mit 80 Sachen glitscht Rinderknechts jüngste Erfindung namens Splash dahin. Diese verrückten Schweizer.

Splash fliegt, allein das zählt

"Es ist immer ein Nervenspiel, jedes Jahr um diese Zeit", sagt Rinderknecht, denn seine Projekte entstehen in wenigen Monaten. Doch Splash hätte den 48-Jährigen fast zur Verzweiflung gebracht. Am Flughafen von Miami nahm der Staplerfahrer von der Lufthansa das Spaßmobil dummerweise falsch auf die Gabel - krach. Dann versagte noch die Elektronik . Und keine Ersatzteile dabei: "Egal, was du mitnimmst", sagt Rinderknecht, "es ist sowieso immer das Falsche." Zu allem Überfluss trat er sich in Florida auch noch einen rostigen Nagel tief in den Fuß und humpelte an Krücken ins Flugzeug nach Hause. Aber die Reparatur gelang, Splash fliegt, allein das zählt.

Jeder Aufgabe gewachsen

Dabei ist der Kerl kein Ingenieur, sondern Kaufmann. Autoveredler und Dienstleister für die Branche. Mit den Düsentrieb-Einzelstücken will er seinen Auftraggebern demonstrieren, dass er jeder Aufgabe gewachsen ist. Rinderknecht sagt bescheiden von sich selbst, er könne nichts richtig, das aber richtig gut. Ein "Siebasiäch", sagen die Schweizer, einer, der so viel drauf hat wie sieben zusammen.

Jedenfalls kennt er die richtigen Leute. Peter Kägi ist einer von ihnen, auch so ein Wunderknabe. Kägi ist einer der Köpfe von Esoro, einer Ingenieursfirma aus dem Nest Fällanden, gleich um die Ecke. Dort werden heute Brennstoffzellenautos entwickelt und morgen Hochhausfassaden aus superwärmedämmendem Glas. "Viele unserer Kunden denken, bei Esoro arbeiten 300 Leute", sagt Kägi. "Dabei sind wir nur 20." Aber High Tech statt Hinterhof.

Eine Holzkiste als Prototyp

Und dann ist da noch Christian Bolinger, ein Schiffsbauingenieur. Von der Tragflügeltechnik verstehen nämlich selbst Rinderknecht und Kägi nicht viel, deshalb sitzt Bolinger auch im Cockpit. Im Frühsommer 2003 waren die ersten Computerberechnungen fertig, dann entstand der Prototyp, eine hässliche Holzkiste mit Außenbordmotor. Aber sie ging wenigstens nicht unter, und tatsächlich hob sie sich aus dem Vierwaldstätter See. "Bevor du viel Geld ausgibst, musst du einigermaßen sicher sein, dass du's nicht verbläst", sagt Rinderknecht. Das Budget für den Splash reicht nämlich an eine Million Euro heran. "Nächstes Jahr muss ich die Ausgaben unbedingt wieder zurückfahren", sagt er.

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Frank Warrings