Als 1989 ein hellblauer Audi 100 Avant den Messestand der Ingolstädter auf der IAA zierte, haben nur wenige geahnt, wie wichtig das neue Kürzel auf seiner Heckklappe werden würde: TDI stand da. Zum ersten Mal. Der Rest ist Geschichte. Durch den niedrigeren Energiesteuersatz, ehemals Mineralölsteuer genannt, und den ebenso niedrigen Verbrauch wurde der Diesel für viele ein Muss.
Rückgang der Verkaufsanteile
Zwischen 1995 und 2005 verdreifachte sich der Marktanteil der Autos mit Heizölverträglichkeit von 14,6 auf 42,7 Prozent. Jetzt ist Schluss. Das Center Automotive Research (CAR) der FH Gelsenkirchen misst nach dem Zenith von 47,7 Prozent im letzten Jahr erstmals einen Rückgang der Dieselverkaufsanteile. Im 1. Quartal dieses Jahres waren es noch 45,9 Prozent. Prognose: Der Otto gewinnt Stück für Stück. Und das, obwohl mehr als die Hälfte aller Westeuropäer am liebsten auf und mit dem Diesel abfährt. stern.de nennt die sieben wichtigsten Gründe für den beginnenden Abstieg des Selbstzünders.
Benziner mit mehr Potenzial
Im Vergleich zum Diesel waren die Benziner bisher Simpeltechnik. Aber jetzt wird das ungenutzte Sparpotential des Ottomotors mit den gleichen Mitteln erschlossen wie einst beim Diesel: Direkteinspritzung der zweiten Generation, Turbo- oder sogar Doppelaufladung und das so genannte Downsizing der Motoren heben die Effizienz schrittweise an. CAR schätzt die mögliche Verbrauchssenkung auf bis zu 30 Prozent. Wie ernst es Massenhersteller wie Volkswagen damit meinen, zeigt die Einführung dieser Technologien auf breiter Front ("TSI").
Sinkender Spritpreisabstand
Dieselfahrer trauten ihren Augen nicht, als sie im Dezember Zapfsäulen entdeckten, an denen sie mehr zahlen mussten als die Benzinbrüder. Inzwischen sind die Zustände chaotisch: An einem Tag ist Diesel acht Cent billiger, am nächsten Tag zwei Cent teurer als Super. Angeblich liegt das an der weltweit gestiegenen Nachfrage, zum Beispiel aus den USA. Für Fahrer von Klein- und Kompaktwagen wird sich der Diesel darum kaum noch rechnen; nur Vielfahrer in großen Autos haben weiter ihren Vorteil.
Steigender Wertverlust
Nach der Prognose von CAR wird der Gebrauchtwagenmarkt durcheinander geraten. Der Grund: Firmen setzen wegen der hohen Fahrleistungen auf den Diesel. Für Privatfahrer rechnet der sich aber immer weniger, was auf die Restwerte drückt. In der Folge verliert der Diesel auch für die mit spitzem Bleistift rechnenden Firmen an Anziehungskraft. Der Griff zum Benziner wird wieder leichter.
Schwierige Abgasreinigung
Die Zeiten der schwarzen Wolke aus dem Dieselauspuff sind fast vorbei. Dem Partikelfilter sei Dank. Neues Ungemach droht allerdings in Form der Stickoxide, die in vielen Staaten der USA heute schon aufwändig aus dem Abgas geholt werden müssen. Harnstoffeinspritzung, im Schönsprech "AdBlue" genannt, plus Zusatzfilter machen den Diesel noch teurer. Ein Trend, der bald in der EU ankommen wird. Beim Benziner ist die Abgasreinigung unkomplizierter.
Hohe Wartungsintensität
Die neuen Abgasreinigungstechniken erhöhen die Wartungsintensität und damit die Kosten. Von den Preisen eines Zahnriemenwechsels bei einem Passat V6 TDI ganz zu schweigen. Zusätzlich müssen die aktuellen Partikelfilter noch beweisen, dass sie für 200.000 Kilometer gut sind.
Hybrid stärkt Benziner
Die extrem teure Hybridtechnik wird auch aus Kostengründen bisher vor allem mit dem Benziner kombiniert. Alle Hersteller werden die "Efficient Dynamics"-Technologien von BMW nachahmen und damit den Verbrauch senken. Noch 2008 werden die ersten deutschen Mildhybride den Durst der Benziner weiter deutlich senken. Ab 2010 kommen die Plug-Ins, die ihren Batterien an der Steckdose aufladen können. Nur auf der Autobahn wird der Diesel unschlagbar bleiben.
Diesel mit CO2-Nachteil
Pro verbranntem Liter Sprit wird beim Diesel (2650 Gramm) mehr Kohlendioxid frei als beim Benziner (2370 Gramm). Bei der kommenden, CO2-basierten Kfz-Steuer steht der Diesel also tendenziell schlechter da. Und die Überlegungen, mit Einführung der CO2-Steuer den Steuervorteil bei der Energiesteuer aufzuweichen, sind nicht vom Tisch.
Dieselanteile Europa 2007
Luxemburg | 77,2% |
Belgien | 77,0% |
Norwegen | 74,4% |
Frankreich | 73,9% |
Spanien | 70.9% |
Österreich | 59,0% |
Italien | 55,7% |
Deutschland | 47,7% |
England | 40,1% |
Dänemark | 38,4% |
Schweden | 34,7% |
Schweiz | 32,1% |
West-Europa | 53,3% |