Cindy ist ja soooo süüß, wie sie sich da auf dem Reifen räkelt in ihrem knappen Fummel. Die Besucher drängeln, als verteile am Stand jemand "i-Phones for free". Schwarze Rappertypen in Turnschuhen und XXL-T-Shirts zücken ihre Digikameras und Fotohandys. Gegenüber signiert irgendein Blondinchen ihr eigenes Poster in ähnlicher Darbietung. Auch dort stehen die Männer in langen Schlangen, als ob Party-Luder Paris Hilton zur Autogrammstunde bittet. Welcome to Las Vegas, welcome to the SEMA. Was hier tuningmäßig abgeht, ist schlicht unglaublich. Egal durch welche der vielen Eingänge man die Hallen betritt, schon auf den ersten Metern wissen die Augen nicht, wo sie zuerst hinschauen sollen. Amerika feiert seinen Autokult. Die Banche boomt.
Herren-Entertainment
Besonders die Südhalle hat es den überwiegend männlichen Besuchern angetan. Hier präsentieren sich hauptsächlich die Reifen- und Felgenhersteller sowie die automobile Puff- und Pornofraktion. Pimp my car. Will heißen: Schwarzer Rolls-Royce Phantom, 30-Zoll-Chromfelgen, weißes Leder, Schaltknauf mit Diamanten besetzt, 1000-Watt-Sound-System, Flachbildfernseher im Fond und anderes Luxus-Spielzeug. Noch Fragen? Verschont wird keine Marke. Mercedes- und BMW-Modelle werden teilweise bis zur Unkenntlichkeit verhunzt, liegen danach so tief auf dem Asphalt, dass kein Blatt Papier mehr dazwischen passt. Im Niveau nicht besser, nur optisch höher zeigt sich die Fraktion der Monster-Trucks. Das sind Pick-ups vom Typ Ford F150 oder Dodge Ram, deren Karosserie so hoch gelegt wurden, dass Erwachsene mit den Scheinwerfern auf Augenhöhe stehen oder Kinder die Radkästen als Abenteuerspielplatz nutzen könnten.
Keiner denkt hier an Spritverbrauch oder CO2-Ausstoß, hier lebt man – bei Cola und Cheesburger – die amerikanische Welt von gestern, Als das Benzhin noch zehn Cent die Gallone kostete und das Zeug scheinbar unbegrenzt aus verchromten Zapfpistolen floss. Und als wenn es wirklich keinen anderen möglichen Antrieb für Automobile gibt als einen V8-Motor, buhlen auf der Messe alle paar Meter die Big Blocks um die Wette, mit und ohne Kompressor, mit und ohne Turbolader, mit 500, 600 oder auch 800 PS. Kräftige Unterstützung gibt es sogar werksseitig, von General Motors (GM) und Ford, die eifrig ihre "Performance Parts" beisteuern, egal ob es sich dabei um Zylinderköpfe, Nockenwellen oder Rennkolben handelt.
Null Bock auf Klima-Diskussion
Möglich ist alles. Es gibt es nichts, was es nicht gibt. Ein Schlaraffenland selbst für den, der sich sein Auto komplett aus Einzelteilen zusammen schrauben möchte. Das kann ein 55er Chevy Convertible ebenso sein wie ein Ford-Coupé von 1932. So gut wie jedes Teil wird nachgefertigt. Verchromte Lampenringe, Zierleisten, Stoßstangen, Rückleuchten, Türverkleidungen, Instrumente, Lenksäulen und anderes mehr. Selbst Blechteile sind nicht ausgenommen, werden neu gepresst, zu neuen Karosserien verschweißt und anschließend galvanisiert. Preis: ab 25 000 Dollar aufwärts.
Draußen auf dem Freigelände steht derweil der Ausstellungs-Truck von Volkswagen. Die Wolfsburger erklären auf Schautafeln unter anderem, was SunFuel und Biodiesel ist und wie wunderbar die Welt doch wäre, würden alle auf den "Clean Diesel" umschwenken. Gezeigt wird, wie viel Geld und CO2 sich dabei auf einer Strecke von zum Beispiel Los Angeles nach Vail in Colorado sparen lässt. Interesse hat jedoch keiner der SEMA-Besucher. Der Stand ist so leer, als würden die Zeugen Jehovas hier den Wachturm verteilen. Vielleicht sollte sexy Cindy die Sache einmal einmal in die Hand nehmen.