Er war mein Erster, und ihren Ersten vergisst eine Frau nicht. Niemals. Er war klein, aber die Länge ist ja nicht das Wichtigste. Er war vier Jahre jünger als ich, hatte kecke Kulleraugen, pralle Pobacken und war so britisch wie warmes Bier. Ich sang ihm Springsteen-Songs vor, dafür ließ er seinen Keilriemen nur einmal jährlich reißen. Mein Mini, meine Rennsemmel. Einzig war er immer, artig selten.
15 Jahre ist unser erstes Treffen her; als er starb, fand ich Trost bei seinem jüngeren Bruder. Auch in dessen Kofferraum passt nur die Kelly-Bag. Auch er hatte schnitzelförmige Rostflecken am Seitenholm, deren kostspielige Entfernung zur Aufnahme geregelter Arbeit zwang. Auch er ist Kurvenkünstler. Die Kupplung knarzt, der Auspuff brummt, der Motor rasselt, die Lenkung ächzt; das Gebläse macht Fiep-Fiep, die Heizung nichts, die Bremse wenig. Seine Kopfstütze kuschelt sich zwischen die Schulterblätter, der Sitz ist weich wie ein Marshmallow und die Federung so hart, als führe man mit eckigen Rädern und nicht mit dollen Dunlops.
Am Anfang der Fahrt zieht man den Choke (Das ? liebe junge Leser ? ist ein wunderlicher Starter), am Ende quetscht man sich in Lücken, vor denen andere wütend kapitulieren. Dazwischen genießt man eine Mixtur aus Kart-Fahren ohne Nasswerden und Zoobesuch, weil man an der Ampel immer angestarrt wird von BMW-Fahrern, bevor man sie beim Start locker versägt.
Nun ist der Gerneklein, der nie erwachsen werden wollte, tot. Seine Sargträger heißen: EU-Abgasvorschrift oder NCAP-Crashtest-Norm. Dafür kommt jetzt ein Kriegsgewinnler daher, der sich forsch als eine Art junger Stiefbruder des Minis vorstellt, geschniegelter, größer, schwerer, mit richtigen Muckis.
Und ich hatte eigentlich geschworen, ihn zu hassen. Gleich auf der Testfahrt hinzurichten, samt Schnickschnack wie ABS, DSC und PDC in siedendem Öl zu versenken. Scheinwerferwaschanlage, Scheibenwischer-Regensensor und Brillenhalter hinterherzuschmeißen. Den Pseudo-Mini-Konstrukteuren in München eingewachsene Fußnägel bis in die dritte Generation zu wünschen.
Eigentlich. Aber dann. Der neue Mini hat immer noch Grinsegrill, Kurzheck und wirkt, als sause er gleich von alleinlos. Drinnen pappt appetitlich wie ein dicker fetter Pfannkuchen der Tacho mittig ? fast wie früher! Ein Stups aufs Gaspedal, inzwischen auch für Füße über Größe 39,5 geeignet, und 115 PS machen »wwwrrrrumm«! Dank Mehrlenker-Hinterachse und einer Vorderachse, die 63 Prozent des Gewichts trägt, kleben die Reifen auch in Haarnadelkurven wunderbar. Kart-Feeling wie gehabt.
Gewöhnungsbedürftig sind: Servo-Lenkung (die alte sparte viel Geld fürs Fitness-Studio), Sitze mit Seitenhalt und geradezu eklig gute Scheibenbremsen. Und dass man sich ab Tempo 80 (und sogar bei 180) unterhalten kann, weil die Kühlerhaube nicht klappert. Schlimm ist, dass man nur noch einen Schlüssel verlieren kann, nicht mehr kultige drei. Und dass man nun mit Lupo- und Twingo-Fahrern um die Parkplätze konkurriert.
Der neue Mini Cooper ist leidlich hübsch, er fährt sich klasse. Er ist vernünftig, er ist sicher ? wie Sex mit Kondom. Man kann ihn ab September fahren, wenn man 32075 Mark übrig hat. Weltweit will BMW 100000 bis 120000 Stück verkaufen. Aber kann man ihn auch lieben?
Ich liebe nur eines: seinen Auspuff. Mit dem hat es, wie BMW-Designer Frank Stephenson amüsiert erzählte, eine besondere Bewandtnis: Weil die Konstrukteure nach fünf Jahren Arbeit kurz vor der Präsentation bei den BMW-Bossen merkten: Upps, da unten fehlt das Endrohr, das hinten rauszuschauen hat, schmirgelten sie fix eine Budweiser-Dose ab, entfernten den Boden und pappten sie an. Und seither sieht der Auspuff dosig aus. Wenigstens etwas, das nicht vernünftig ist!
Bettina Schneuer
Mini Cooper
Motor: Vierzylinder mit 1,6 Liter Hubraum und 115 PS/85 kW
Fahrleistung: 0?100 in 9,2 Sek., Spitze 200 km/h
Verbrauch: Durchschnittlich 6,7 Liter Super,
Schadstoffklasse: Euro 4
Masse: Länge: 3,62 Meter, Breite: 1,68 Meter, Höhe: 1,40 Meter, Leergewicht: 1050 Kilo, Zuladung: 430 Kilo
Preis: Mini Cooper 32075 Mark; Mini One: 28359 Mark