Dieser Van würde selbst Top-Agent James Bond gefallen. Natürlich ist der Hyundai Staria nicht ganz so atemberaubend wie ein Aston Martin. Und so schnell wie dieser ist er sowieso nicht. Doch dafür hat er eine Menge Extras an Bord, wie sie sich auch in jedem Action-Film gut machen würden. Trotzdem steckt hinter dem Einzelstück kein Geheimdienst, sondern die die Technische Universität München (TUM). Dort ist der Wagen Teil eines Forschungsprojekts, in dem sich alles um Robotik, vor allem aber um deren konkrete Anwendung dreht. Wer allerdings bei den Stichworten Roboter und Auto an eine besondere Form des autonomen Fahrens denkt, liegt falsch.
Im Auftrag der Umwelt

Worum es sich dreht, wird selbst dann noch nicht deutlich, wenn sich die große Heckklappe öffnet. Nach und nach holen Prof. Dr. Sami Haddadin von der TUM und sein Team aus jungen Wissenschaftlern ihre wertvolle Fracht aus dem Fahrzeug. Es ist eine ganze Flotte aus unterschiedlichen Robotern: mehrere Flugdrohnen, eine Unterwasserdrohne, die wie ein Mini-U-Boot aussieht, und schließlich ein Roboter, der sich an Land fortbewegen kann. Letzterer sieht zwar nicht pfiffig aus wie R2D2 aus Star Wars, hört aber auf den netten Namen Husky. Zurück im Van bleibt neben viel technischer Ausrüstung und Werkzeug ein Schreibtisch mit einem überdimensionalen Bildschirm, der fast die ganze Seitenwand des Hyundai abdeckt.
„Wir forschen an Robotertechnik“, stellt Prof. Haddadin die TUM-Tochter MIRMI vor, der er als Direktor vorsteht. Die Abkürzung steht für Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence. „Das Entscheidende ist dabei, dass es uns immer um konkrete Anwendungen und Einsatzmöglichkeiten geht“, ergänzt er und verweist auf die ausgepackten Roboter: „Sie sind für die Umweltüberwachung bestimmt und so konstruiert, dass zur Bedienung kein spezielles Roboter-Know-how notwendig ist.“ Die Liste der Einsatzmöglichkeiten ist lang und reicht vom Aufspüren von Umweltverschmutzungen bis hin zur Untersuchung verminter oder konterminierter Regionen. Der SVAN genannte Wagen ist dabei Roboter-Hub, Ladestation, Rechenzentrum und Kommandostand in einem.
Die Flugdrohnen überwachen – logischerweise – von oben und erkunden das Gelände. Als Besonderheit kann der Drohnenpilot gleich mehrere Fluggeräte (Stückpreis: 5000 Euro) automatisiert steuern und somit schneller und effizienter ein Gebiet erfassen. Wird dabei beispielsweise in einem Gewässer ein Gefahrgut entdeckt, kommt die Unterwasserdrohne zum Einsatz. Sie verfügt über einen beweglichen Greifarm und wird aus dem SVAN heraus gesteuert – mit einem Controller von der Xbox. Das übertragene Videosignal dient den Forschern dabei zu Orientierung. Die Tücke steckt allerdings im Detail: Da sowohl WLAN als auch Mobilfunk unter Wasser zur Datenübertragung nicht funktionieren, hängt der Roboter an einem Kabel. Rund 300 Meter kommt man damit weit und immerhin 100 Meter tief. Mehr ist technisch möglich, aber eine Frage der Anwendung und der Kosten: Knapp 10000 Euro veranschlagen die MIRMI-Forscher aktuell für ihr unbemanntes U-Boot.
Es schnappt sich mit seinem Greifarm das Gefahrgut (was sich leichter anhört als es ist) oder entnimmt Proben. Zurück am Ufer steht Husky bereit, um zu übernehmen – ebenfalls ferngesteuert. In diesem Fall sind allerdings zwei Controller zur Steuerung notwendig: einer um den Roboter zu bewegen, einer um den vollständig beweglichen Greifarm zu bedienen. Obwohl sich Prof. Haddidin und sein Team darauf fokussieren, bei der Hardware möglichst vorhandene Komponenten zu nutzen, ist Husky mit einem Wert von 60.000 Euro kein Schnäppchen. Hinzu kommt noch die Technik an Bord des Staria: Er dient nicht nur als Einsatzzentrale, sondern auch als Router auf vier Rädern. Einerseits hält er Kontakt zu den Robotern, andererseits überträgt er auch die Daten in Echtzeit rund um den Globus. So können die Roboter via SVAN und Videosignal auch aus einem entfernten Labor gesteuert werden.
Dass die Wahl der Münchner Forscher auf den Hyundai Staria fiel, mag zufällig erscheinen – folgte allerdings einer Logik. „Ursprünglich hatten wir an einen privaten Umbau auf Basis eines Gebrauchtwagens gedacht. Doch das war nicht darstellbar“, erklärt Alexander Moortgat-Pick, der das SVAN-Projekt leitet: „Dann haben wir recherchiert, welcher Autohersteller besonders nachhaltig agiert und sich auch schon in anderen Projekten engagiert.“ Die Wahl fiel auf Hyundai, nicht zuletzt auch wegen der Unterstützung der weltweiten Aktion „Healthy Seas“, bei der Taucher alte, für die Tierwelt gefährliche Fischnetze aus dem Meer bergen. Jetzt fördert Hyundai zusätzlich das SVAN-Projekt. Dass der Einsatz-Staria nicht elektrisch fährt, klingt nach einem Schönheitsfehler. Doch tatsächlich werden die Umweltroboter zunehmend auch in abgelegenen Regionen in Ländern Europas erprobt, wo es kein ausreichendes Ladenetz gibt. Aufgaben für die Umwelt-Roboter gibt es leider reichlich.