Neben jungen Autor:innen mit dem Traum, ein eigenes Buch zu veröffentlichen, gibt es eine neue Gruppe, die ihre Bücher auf der Plattform von Amazon hochlädt: Menschen, die Bücher von Künstlicher Intelligenz erstellen lassen und diese dann auf der Plattform verkaufen. Denn mit der Verbreitung von ChatGPT und Co. ist es so einfach wie nie, ein Buch zu schreiben. Man muss lediglich ein paar Stichworte eingeben und schon verfasst das KI-Programm einen ganzen Roman.
Ben Schickler hat so ein Buch veröffentlicht. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärt er, er habe niemals geglaubt, jemals ein Buch schreiben zu können. Doch dann kam ChatGPT und bot ihm eine ganz neue Möglichkeit. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz konnte Schickler im Januar 2023 innerhalb weniger Stunden ein 30-Seitiges Kinderbuch schreiben und auf Amazon veröffentlichen. Mit "The Wise Little Squirrel: A Tale of Saving and Investing" wird Ben Schickler zum offiziellen Autor auf Amazon. Und das, obwohl er das Buch nicht selbst geschrieben hat.
Der Erfolg blieb aus. Die wenigen Bewertungen, die ihn erreicht haben, sind negativ. Die Leser:innen wissen, dass es sich bei diesem Buch um ein durch Künstliche Intelligenz geschaffenes Buch handelt und machen ihren Ärger deutlich. Ein Nutzer schrieb in seiner 1-Sterne-Bewertung: "Wir sind nicht nur Zeugen des Todes der Kunst. Dies ist der Tod ALLER menschlichen Bemühungen."
Das Problem für Amazon: Vermeintliche Bücher die keinen Sinn ergeben
Bücher, die mit KI-Unterstützung geschrieben worden sind, sind nicht das größte Problem für Amazon. Viel schlimmer, sind die Bücher, die ausschließlich durch Künstliche Intelligenz generiert und bei Amazon veröffentlicht werden. Denn diese sind nicht nur schlecht, sondern ergeben teilweise gar keinen Sinn. Trotzdem haben es viele dieser Bücher letzte Woche auf die Amazon Bestsellerliste für Liebesromane für junge Erwachsene geschafft. Der Autor Wesley Chu hat einen Screenshot mit der Liste auf Twitter geteilt und schreibt dazu: "Amazon Self-Publishing macht gerade irgendwas durch…"
Mit Titeln, die keinen Sinn ergeben und lieblos zusammengesetzten Covern erkennt man schnell, dass diese Bücher nicht von einer echten Person geschrieben wurden. Nur 19 der 100 Titel auf der Bestsellerliste seien demnach von echten Menschen geschrieben worden. Der Rest war KI-generiert. Eines dieser angeblichen Bestseller war "Fanatical Leader". Das Magazin "Extremetech" hat einen Auszug aus der ersten Seite des KI-Romans, der mittlerweile nicht mehr existiert, veröffentlicht: "Dieser Schwager ist wirklich zu ehrgeizig, diese Person ist der Meister des Schattendämonenpalastes, jeder Sektenmeister hat eine äußerst schreckliche Stärke, wenn nicht, wie kann ich dann auf der Position des Oberhauptes der Sekte sitzen?"
Wesley Chu wirft die Frage auf, wie es dazu kommen konnte, dass solche Bücher auf der Bestsellerliste gelandet sind. Schließlich müssten viele Leute diese Bücher lesen, damit diese so weit oben auf der Liste platziert werden. Er spekuliert deshalb, dass es sich hierbei um Bots handeln müsse, die die Bücher konsumiert haben.
Zwei Tage später war die Bestsellerliste zwar wieder bereinigt, das Problem gibt es allerdings schon länger. So sollen, laut der Nachrichtenagentur Reuters, bereits Mitte Februar 2023 über 200 E-Books bei Amazon zum Verkauf gestanden haben, in denen ChatGPT als Autor oder Mitautor offiziell genannt wurde. Es sei davon auszugehen, so Reuters, dass die Zahl an E-Books, in denen die Mitarbeit des KI-Chatbots nicht explizit erwähnt wurde, weit darüber liege. Eine Dunkelziffer, die mit dem Anstieg der KI-Technologie weiter wachsen wird.
Gegenüber Reuters erklärte Amazon-Sprecherin Lindsay Hamilton per E-Mail: "Alle Bücher im Shop müssen sich an unsere Inhaltsrichtlinien halten, einschließlich der Einhaltung der Rechte an geistigem Eigentum und aller anderen geltenden Gesetze". Ob sie allerdings planen, ihre Inhaltsrichtlinien zu ändern, um gegen die Nutzung von Künstlicher Intelligenz vorzugehen, habe Amazon nicht beantwortet.
Nutzung von KI um Bücher zu schreiben: Eine Chance
Verena Macziejek hat bereits ein Buch über Amazon selbst veröffentlicht. Mit ihrem Debütroman "Cursed Beasts and Wicked Souls" hat sie im vergangenen Monat die Welt der Amazon-Autor:innen betreten. Und auch wenn sie selbst keine KI bei der Erstellung ihres Buches genutzt hat, sieht sie dessen Gebrauch nicht als vollkommen schlecht an. "Das ist eine Sache, die können wir nicht aufhalten", sagt sie gegenüber dem stern. "Das ist eine technische Revolution, die in Zukunft nicht mehr wegzudenken sein wird." Und auch wenn sie betont, dass es generell nicht richtig sei, eine Maschine sein Buch schreiben zu lassen, sieht sie eine Chance dahinter, Künstliche Intelligenz unterstützend zu benutzen. Sie fügt als Beispiel an, dass Autor:innen heutzutage ja auch Programme nutzen, um ihre Rechtschreibung und Grammatik korrigieren zu lassen. Wenn ChatGPT und Co. in Zukunft immer besser würden, so Verena Macziejek, können auch diese genutzt werden, um in der Entwicklung eines Buches Hilfe und Unterstützung zu geben.
Quellen: Reuters, T3N, Extremetech