Schon der Spielstart unterstreicht die Andersartigkeit des niederländischen Rollenspiels: Wo bei der Konkurrenz epische Intro-Videos auf das kommende Spielerlebnis vorbereiten, grinst "The Chronicles of Spellborn"-Usern kalt und unspektakulär der nackte Anmeldeschirm entgegen. Unpraktisch: Einen Link zur Accounterstellung bietet das Programm nicht. Erst nach erfolgter Registrierung auf der Homepage, wo sich im Übrigen auch die Story des Spiels nachlesen lässt, geht es zur Charaktergenerierung. "The Chronicles of Spellborn" bietet nur zwei unterschiedliche Fraktionen mit jeweils drei Charakterklassen (Kämpfer, Magier und Schurke). Nicht gerade viel, aber fürs Erste ausreichend.
Immerhin dürfen die Charaktere nach Belieben gestaltet werden. Angefangen von der Knubbelnase bis hin zur Statur gibt es zig Variierungsmöglichkeiten. Auffällig ist, dass sogar die Waffen und die Rüstung zu Beginn festgelegt werden. Im Vergleich zur Konkurrenz werden bei "The Chronicles of Spellborn" die Rüstungs- und Waffenwerte allein durch sogenannte Siegeln verbessert. Bis die ersten jedoch gefunden sind, vergeht allerdings etwas Zeit, die vor allem mit altbekannten Botenaufträgen, Sammel- und Kopfjäger-Quests totgeschlagen wird.
Wirklich neu ist das Kampfsystem. So haben die Entwickler ein Fadenkreuz eingebaut, das die Gegner erfassen muss. Passive Fähigkeiten gibt es nicht. Und: Wer stehen bleibt, verliert. Wie bei einem Action-Titel sollte den Gegnerattacken durch Seitenschritte und Rollen rückwärts ausgewichen werden. Spezialangriffe werden mittels "Skilldeck" ausgelöst. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine Fertigkeitenleiste, die wie bei "Guild Wars" mit bis zu fünf Zaubern bestückt werden kann. Wurde eine Fähigkeit ausgelöst, dreht sich die Leiste zur nächsten der insgesamt sechs Skill-Reihen weiter, was mächtige Kombinationen erlaubt.
Was sich in der Theorie gewitzt anhört, stellt sich vor allem zu Beginn als knifflige Angelegenheit heraus. Überhaupt gibt das Spiel zunächst so gut wie keine Hilfestellung. Wo, warum, wieso und wohin - vier große Fragen, die mehr schlecht als recht - wenn überhaupt - beantwortet werden. Auf mittlerweile etablierte Hilfen wie Hinweise auf der Minimap wurde komplett verzichtet, ebenso auf eine sorgfältige Übersetzung: Viele Dialogzeilen erscheinen noch auf Englisch, der Rest auf Deutsch. Eine Sprachausgabe ist bei den NPCs so gut wie gar nicht vorhanden.
Nicht minder schlampig sind die Charaktere gestaltet worden. Obwohl das Spiel auf der "Unreal Engine 2.5" basiert, wirkt die Grafik größtenteils ziemlich unspektakulär. Weder die Animationen noch die matschigen Charaktertexturen können den Vergleich mit der Konkurrenz bestehen. Etwas mehr Mühe gaben sich die Designer bei der Landschafts- und Stadtgestaltung.
The Chronicles of Spellborn
Hersteller/Vertrieb | Spellborn NV/Frogster |
Genre | Online |
Plattform | PC |
Preis | 15-30 Euro |
Altersfreigabe | Ab 12 Jahren |
Unterm Strich dürfte "The Chronicles of Spellborn" seine Nische zwar finden, "World of Warcraft" und Co. aber in keinster Weise gefährlich werden. Einige Ansätze sind durchaus innovativ, jedoch nicht ausreichend, um die Liste an kleineren und größeren Mängeln vergessen zu machen. Neugierige sollten die kostenlose Download-Variante ausprobieren, bevor sie sich die Vollversion ins Regal stellen.