Ausgediente Technik Das Leben danach

Von Maximilian Geyer
Jeder Deutsche produziert jährlich 13 Kilogramm Elektroschrott. Was passiert mit all der ausgedienten Technik? Wir haben einen alten PC auf seiner letzten Reise begleitet.

Auf einem Recyclinghof der Stadtreinigung in Hamburg tritt ein Computer seine letzte Reise an. Zwei Jahre hatte er bei Thomas Cantzler kaputt in der Ecke gestanden. "Es war mein erster PC. Ich habe meine Liebesbriefe darauf geschrieben", erinnert er sich. Jetzt stellt er ihn in einen Schrottcontainer zwischen blinde Fernseher und verstummte Telefonanlagen. Hier wird gesammelt, was früher einmal für die Zukunft stand. Eigentlich sollen laut Elektroschrott-Gesetz die Hersteller selbst ihre alten Geräte zurücknehmen und wiederverwerten, faktisch aber landen die meisten Altrechner zunächst auf einem der rund 1500 kommunalen Recyclinghöfe.

Ist dort ein Container mit Elektrowaren gefüllt, entscheidet die Stiftung "Elektro-Altgeräte-Register" in Fürth, welcher Hersteller diesmal für die Abholung und Wiederverwertung verantwortlich ist - unabhängig davon, ob ein Gerät im Container von ihm stammt. Denn es gilt die generelle Formel: So hoch der Anteil eines Herstellers am Elektrowaren-Verkauf, so hoch auch sein Anteil abzuholender Container. Der PC von Thomas Cantzler liegt zwischen 38 Kubikmeter E-Schrott in einem Container mit dem Code "Arx7". Abholen müsste ihn die Firma Metz im 600 Kilometer entfernten Zirndorf bei Nürnberg. Doch dort wird den PC nie jemand zu Gesicht bekommen: Metz beauftragt damit eine Entsorgungsfirma - ebenso wie es die anderen 17000 Elektrohersteller tun. Auch der Entsorger rückt selten selbst an, sondern gibt den Auftrag meist an Subunternehmer oder ortsansässige Partnerfirmen weiter.

Im Fall des Containers "Arx7" hat die Firma Behrendt in Neumünster den Auftrag für die Verwertung bekommen. Bereits in der dritten Generation leben die Behrendts von dem, was andere wegwerfen. Doch was früher nur ein Schrottplatz war, ist heute eine hochmoderne Recyclingfabrik. Täglich werden bis zu zehn Container angeliefert. In zwei Schichten kümmern sich 25 Mitarbeiter darum, aus vermeintlichem Schrott wertvolle Rohstoffe wiederzugewinnen. Nach dem Wiegen kippt der Laster den Containerinhalt auf den Betonboden. Monitore bersten, Geräte krachen aufeinander. Irgendwo obenauf landet der PC von Thomas Cantzler, er sieht recht unversehrt aus. Juniorchefin Tabea Behrendt winkt trotzdem ab: "Der kommt bei uns aufs Fließband und wird zerlegt und zerkleinert."

Vorher trennt ein Magnet den Eisenklumpen vom diffusen Rest. Jetzt ist der einzelne PC nicht mehr zu identifizieren, und seine unterschiedlichen Komponenten gehen fortan getrennte Wege: Aluminium kommt in die Aluminiumhütte, Kupfer in die Kupferhütte, Edelstahl in die Metallhütte. Gerade mal 25 Cent, schätzt Tabea Behrendt, sind alle Rohstoffe eines PCs auf dem Markt noch wert - doch bei Tausenden Elektrogeräten rechnet sich auch dieser Aufwand. Von dem Computer aus Hamburg bleibt nur eine Handvoll Granulat übrig. Schwer vorstellbar, dass damit einst Liebesbriefe geschrieben wurden.

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