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Apple-Tablet Das iPad sollte den Computer ersetzen – nun ist es endlich bereit dazu

Apple-Tablet: Mit iPadOS 16 wird das iPad immer mehr zum vollwertigen Rechner - inklusive der vollwertigen Unterstützung externer Monitore
Mit iPadOS 16 wird das iPad immer mehr zum vollwertigen Rechner - inklusive der vollwertigen Unterstützung externer Monitore
© Malte Mansholt / stern
Mit dem kommenden iPadOS 16 wird das iPad mehr zum Computer als je zuvor. Wir haben mit dem Konzern darüber gesprochen, warum sich das Tablet langsam vom iPhone emanzipiert – und was es zum flexibelsten Apple-Gerät macht.

Was genau macht das iPad aus und wofür sollte man es nutzen? Diese Frage stellt sich Apple seit der Vorstellung des mit Abstand am meisten verkauften Tablets immer wieder neu. Mit dem kommenden iPadOS geht das Tablet einen großen Schritt in Richtung eines vollwertigen Computers. Fragt man Apple, sind andere Neuerungen des Gerätes aber fast noch wichtiger, um das iPad zu seinem vollen Potenzial zu bringen.

Der wohl wichtigste Schritt dafür war, das iPad vom iPhone zu lösen. Seit September 2019 bekommt das iPad nicht mehr einfach das Smartphone-System iOS, sondern hat mit iPadOS sein eigenes Betriebssystem erhalten, das den zahlreichen Eigenheiten und Möglichkeiten gerecht werden soll. "Es ist unglaublich vielseitig", schwärmt Vivek Bhardwaj, aus dem weltweiten Produktmarketing bei Apple, im Gespräch mit dem stern. "Es ist ein riesiger Touchscreen, mit dem Apple Pencil und jüngst mit Tastatur und Trackpad hat es unglaubliche Eingabemöglichkeiten. Und deshalb entwickeln wird das Benutzer-Interface immer weiter, damit es sich als iPad einmalig anfühlt."

Der lange Weg zum Computer

Davon war das Tablet lange weit entfernt. Bei der Vorstellung 2010 war es quasi als großes iPhone konzipiert worden. Klar, schon damals gab es die Idee, dass es den Computer ersetzen könnte. Der Fokus war zu Anfang aber eher der Konsum. Auf dem iPad konnte man wunderbar Webseiten abrufen, sich Videos und Fotos anschauen oder Bücher und Zeitschriften lesen. Um darauf ernsthaft zu arbeiten, waren die Möglichkeiten zunächst aber stark eingeschränkt. 

Mit dem für Herbst erwarteten iPadOS 16 geht die in den letzten Jahren eingeschlagene Entwicklung, weg vom iPhone, hin zu dem Mac-Computern, einen deutlichen Schritt weiter. Das iPad kann nun erstmals externe Bildschirme vollwertig nutzen, bekommt mit Stage Manager auf einigen Modellen ein neues Multitasking-System, das gleichzeitig für die Mac-Rechner erscheint. Ist eine Tastatur angeschlossen, lassen sich bekannte Tasten-Kürzel nutzen. 

"Wir haben uns angeschaut: Was fehlt beim iPad, wenn es um die Möglichkeiten eines Desktop-Rechners geht. Ob es anpassbare Toolbars sind, systemweit einsetzbares Suchen und Ersetzen, Tastatur-Shortcuts. Einfach die Fähigkeiten der Plattform zu erweitern." Das alles kommt nun auch auf das Tablet. Dabei könnten beide Plattformen voneinander lernen, glaubt Bhardwaj. "Der Finder (die Datei-Organisation des Macs, Anmerkung der Redaktion) in macOS ist eine Art Grundstein dafür, wie man das System nutzt. Auf dem iPhone oder iPad funktioniert die Datei-Organisation sehr anders. Aber mit den Desktop Class Apps bringen wir nun das Beste aus dem Finder hinüber in Apps wie die Dateien-App." So können Nutzer nun etwa Datei-Endungen ändern und bekommen mehr Kontrolle über die Organisation der Dateien.

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Erstmals als Doppel-Entwicklung

Auch bei der Entwicklung rücken iPad und Mac zusammen. Die wohl weitreichendste Neuerung, der Stage Manager, wurde erstmals von den Entwickler-Teams für Mac und iPad gemeinsam entwickelt, verriet Apples Software-Chef Craig Federighi jüngst im Gespräch mit "Techcrunch". Das auf beiden Systemen in jeweils leicht angepasster Form erscheinende Feature verändert grundlegend, wie das Multitasking funktioniert, indem es nicht benutzte Programme als eine Art Stapel am linken Rand anzeigt.

Dabei war es dem Konzern wichtig, die Besonderheiten des iPads bei der Entwicklung zu beachten. "Wir haben bei der Gestaltung von Stage Manager für iPadOS viel darüber nachgedacht, wie die Apps und Fenster sich automatisch anordnen sollten", erläutert Bhardwaj. "Es ist eine sehr Touch-freundliche, sehr auf den mobilen Nutzer optimierte Erfahrung. Auf dem Mac dagegen ist man so sehr daran gewöhnt, mit der Maus alles bis auf den letzten Pixel genau steuern zu können, dass man das dort nicht erwarten würde. Aber auf dem iPad kann es wirklich seine Stärken ausspielen und fühlt sich fast magisch an."

Freude und Enttäuschung

Obwohl der Stage Manager bei der Vorstellung bejubelt wurde, kam schnell Kritik an der Umsetzung auf. Vielen iPad-Nutzern stieß sauer auf, dass die Neuerung nur für die aktuell drei erhältlichen iPad-Modelle mit Apples M1-Prozessor erscheint – und damit selbst ein halbes Jahr alte Modelle wie das iPad Mini 6 (das uns im Test sehr überzeugte) ausschließt. Für Apple sei es bei der Entscheidung vor allem um eines gegangen, erläutert Bhardwaj: Man wollte keine Kompromisse eingehen. "Es ist nicht nur die nächste Form von Multitasking. Es ist eine komplette Erfahrung und ein Umdenken, wie man produktiver sein kann und mehrere Apps auf dem Gerät nutzt", so der Apple-Manager. "Für uns ist Stage Manager das iPad, das externe Display, die Fähigkeit, diese beiden Dinge in einer sehr flüssigen und mächtigen Art zusammenzubringen. Das bedeutet mehrere Apps auf einmal laufen zu lassen, die Fenster überlappen zu lassen, sie wie man will anzuordnen. Und das alles auf sehr schnelle und effiziente Weise umzusetzen."

Das sei aber nur möglich, wenn die Hardware schnell genug sei, genügend Speicher zur Verfügung stehe. "Natürlich haben wir bei der Entwicklung auch die anderen iPads im Portfolio betrachtet", berichtet er. "Aber die Wahrheit ist: Die Erfahrung muss flüssig sein, sie muss schnell ansprechen. Wir sprechen hier von Neuanordnung, Größenanpassungen. Vier Apps auf dem Display, vier auf dem iPad zu starten. Wenn sich das an irgendeinem Punkt zu verlangsamen beginnt, wird es einfach eine ziemlich traurige Nutzererfahrung. Das wollten wir natürlich vermeiden." Vermutlich hätten viele Besitzer älterer iPads eine eingeschränkte Variante trotzdem in Kauf genommen, statt ganz darauf verzichten zu müssen.

Teilen im Fokus

Aus Sicht von Apple bekommen sie allerdings viele wichtige Funktionen genauso wie die Besitzer der M1-iPads. Als die iPad-Neuerungen vorgestellt wurden, stellte Apple vor allem die zahlreichen neuen Sharing-Funktionen in den Fokus. Überall im System finden sich nun Möglichkeiten, andere Nutzer zur gemeinsamen Arbeit an einem Dokument, dem Teilen einer Fotosammlung oder sogar gemeinsam genutzten Tab-Gruppen im Browser einzuladen. "Es ist einfach sehr menschlich, dass wir uns vernetzen und zusammenarbeiten wollen", erläutert Bhardwaj diese Betonung der gemeinsamen Nutzung.

Das aus Apples Sicht sicher wichtigste Feature dazu ist die Möglichkeit für Apps, über den eigenen Videotelefonie-Dienst Facetime sowie die Chat-App iMessage zusammenarbeiten zu können. Das funktioniert nicht nur in Apples Apps. "Wir haben sichergestellt, dass diese Zusammenarbeits-Möglichkeiten auch für andere Apps funktionieren und nicht nur in Safari oder der Notizen-App", erläutert Bhardwaj. "Apps von Drittanbietern können die Chat-Funktion direkt einbauen und Teil dieser Erfahrung werden."

Wie sehr das in Europa von Vorteil sein wird, muss sich zeigen. Während in den USA die Apple-Dienste klar Platzhirsche sind, setzen die Nutzer in Deutschland und den Nachbarländern in der Regel eher auf Dritt-Dienste wie Whatsapp. Die werden aber leider bislang nicht von Apples neuen Zusammenarbeits-Optionen unterstützt. Auch Freeform, eine später im Jahr erscheinende App, in der man gemeinsam Gedanken entwickeln soll, wird zunächst nur Apples Facetime unterstützen.

Ingesamt dürfte das iPad mit iOS 16 trotzdem für viele Nutzer zum deutlich vielseitiger nutzbaren Gerät werden. Eine Gefahr, dass viele deshalb lieber nur zum Tablet greifen, statt zu einem Notebook, sieht Bhardwaj aber nicht. "Am Ende des Tages haben die Nutzer eine Wahlmöglichkeit", glaubt er. "Sie haben mehrere Optionen. Und können selbst entscheiden, welche von ihnen am besten zu ihnen passt."

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