Scheibes Kolumne PC-Scharlatane unterwegs

stern.de-Kolumnist Scheibe ist sauer. Eine Freundin hat ihr Notebook zur Reparatur gebracht. Das war ein großer Fehler, denn sie ist bei einem PC-Scharlatan gelandet. Der hat ihr das Notebook so lange kaputt repariert, bis sie sich vom gleichen Geld auch ein neues Gerät hätte kaufen können.

Vor ein paar Tagen rief eine gute Freundin an. Leider zu spät. Sie wollte sich einen Rat holen, ihr Familien-Notebook betreffend. Das Gerät sei nun inzwischen drei Jahre alt und hätte in letzter Zeit immer wieder Aussetzer gehabt. Es habe nur noch quälend langsam gearbeitet und manchmal ganz den Dienst aufgekündigt.

Dummerweise ist sie mit diesem Problem nicht zu mir gekommen, sondern hat das Gerät zu einem kleinen lokalen PC-Dienst gebracht - in einer dunklen Nebengasse und in einem verstaubten Ladengeschäft von vielleicht zwei Quadratmetern Fläche angesiedelt. Jeder Vertreter der modernen MediaMarkt-Generation hätte einen weiten Bogen um diese kleine Butze gemacht. Aber die normalsterblichen Familien wissen ja oft nicht, was sie tun sollen, wenn es doch einmal zu einem Problem mit ihren Rechnern kommt.

War es die Festplatte?

Der PC-Laden hat laut Aussage meiner Bekannten eine "Software-Wartung" durchgeführt und zugleich auch noch die Festplatte ausgetauscht - die sei kaputt gewesen und nur aus diesem Grund hätte das Notebook so langsam gearbeitet. Das Ganze sollte dann knapp 300 Euro kosten. Leider zeigte sich noch am gleichen Abend im heimischen Einsatz für die Hausaufgaben der Tochter, dass sich nicht auch nur das Geringste am PC geändert hatte. Er war noch immer genau so langsam wie zuvor. Damit konfrontiert, schlug der PC-Händler munter vor, im nächsten Schritt doch die Notebook-Tastatur auszutauschen. Sicherlich würde es auch daran liegen, dass der Rechner so langsam sei.

War es die Tastatur?

Das war dann der Zeitpunkt, wo ich angerufen wurde. Viel war jetzt nicht mehr zu retten, aber immerhin konnte ich noch den sicherlich sündhaft teuren und völlig unnötigen Austausch der Notebook-Tastatur verhindern. Das Geld ist futsch, der Nutzen der ganzen Operation nicht messbar. Aber vielleicht kann man ja noch andere warnen.

Mehr von Carsten Scheibe

In seiner Freizeit geht Carsten Scheibe golfen - und arbeitet daran, dass der Golfball auf der selben Bahn ankommt, von der er abschlägt. Wenn's mit dem Spielen nicht so gut klappt, schreibt er lieber - für das eigene, kostenfrei in den Golf-Clubs ausliegende Magazin "Mein Golf-Heft". Das gibt's mit allen Artikeln auch im Internet. Natürlich ist der PC auch hier ein Thema.

Zunächst einmal: Wenn der Rechner immer langsamer wird, dann hat das in 99 Prozent der Fälle etwas damit zu tun, dass das Windows-System angeschlagen ist, dass die Festplatte fragmentiert und viel zu voll ist und dass zu viele unnötige Programme in den Arbeitsspeicher geladen werden. Ein verantwortungsvoller PC-Dienst bittet den Anwender deswegen zunächst darum, alle persönlichen Dateien zu sichern, damit im Anschluss die Festplatte formatiert werden kann - um dann das System neu aufzuspielen. Nach diesem Akt ist das System wieder sauber, intakt und vor allen Dingen richtig schnell. Nachdem die persönlichen Daten wieder aufgespielt sind, kann die Arbeit auch schon wieder weitergehen. Kostenpunkt: 2 bis 3 Arbeitsstunden für den Profi. Kluge Anwender ziehen sich nach der Erstkonfiguration ihres Notebooks selbst ein Komplett-Image der Festplatte, das sich dann ganz nach Bedarf in wenigen Minuten wieder ins System zurückspielen lässt, um den alten Status Quo nach dem Kauf des Rechners wieder herzustellen.

Und dann noch das: Eine Festplatte ist kaputt oder sie ist es nicht. Dass sie nur noch halbherzig arbeitet, das gibt es ebenso wenig wie halbschwanger. Deswegen ist eine Festplatte nicht dafür verantwortlich, wenn der Rechner mit den Jahren plötzlich langsamer wird. Einzelne Sektoren können ausfallen. Aber das äußert sich dann ganz anders.

Was hat die Tastatur damit zu tun?

Was mich besonders ärgert: Was soll es bringen, bei einem uralten Notebook die Tastatur auszutauschen? Wenn einzelne Tasten deutlich klemmen sollten, dann muss man versuchen, sie zu reparieren. Ansonsten: Jeder Notebook-Typ hat doch sein ganz eigenes, spezielles Tastenfeld. Das bei einem drei Jahre alten Gerät komplett auszutauschen, ist ganz bestimmt besonders teuer. Und mit großer Sicherheit völlig überflüssig.

Der wichtigste Gedanke, den alle Anwender unbedingt verinnerlichen sollten, ist der: Reicht ein Neuaufspielen des Systems nicht auf, ist es oft klüger, gleich ein neues Gerät zu kaufen. Ein topmodernes System ist bereits ab 400 Euro zu haben. Ein solches Notebook bietet dann aber auch gleich das neueste Betriebssystem, mehrere Gigabyte Arbeitsspeicher, eine riesige Festplatte, einen DVD-Brenner, ein noch frisches und deswegen besonders helles Display (die dunkeln nach mit der Zeit) und vor allem zwei Jahre Garantie. Das ist leider die Quintessenz in unserer Wegwerfgesellschaft: Reparieren lohnt nicht. Und wer es trotzdem macht, tut seinen Kunden nicht immer einen guten Dienst. Meine Bekannte hätte sich für das sinnlos ausgegebene Geld bereits einen neuen Rechner kaufen können.

Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania

PRODUKTE & TIPPS

Mehr zum Thema