Als Disney seinen eigenen Streaming-Dienst vorstellte, zitterte die Branche. Doch bis auf wenige Ausnahmen setzte der Entertainment-Gigant bei Disney+ bislang eher auf die Macht der Klassiker, statt wie Netflix und Co. ständig neue Inhalte bereit zu stellen. Auf seinem jährlichen Investoren-Event fuhr Disney aber nun richtig auf. Der Großangriff auf die Streaming-Konkurrenz dürfte auch mit den Veränderungen durch Corona zusammenhängen.
Eine Ankündigung folgte der nächsten - und eine war hochkarätiger als die andere. Allein die Ankündigungen jeder Menge neuer "Star Wars"- und Marvel-Blockbuster, kommende Animationshits aus dem Disney-Studio Pixar sowie ein neuer "Indiana Jones"-Titel hätten die Investoren-Herzen wohl schon höher schlagen lassen. Der große Fokus lag aber auf neuen Serien. Und die dürften die Streaming-Konkurrenten zum Schwitzen bringen.
Blockbuster im Dutzend
Mit knapp zwei Dutzend neuen Serien bläst Disney zum Angriff auf das Wohnzimmer - und setzt dabei ebenfalls auf seine Blockbuster-Schwergewichte. Gleich acht Serien aus dem Marvel-Universum laufen bald exklusiv auf Disney+, sie werden eng mit den Kinofilmen verwoben sein. Neben Details zu bereits angekündigten Serien wie "Loki" oder dem im Januar startenden "WandaVision" gab Disney auch hochkarätig besetzte Neuheiten bekannt. So sollen die eigentlich fürs Kino bekannten Schauspieler Don Cheadle und Samuel L. Jackson mit ihren Marvelrollen eigene Serien bekommen.
Noch mehr Grund zum Feiern gab es für "Star Wars"-Fans. Nachdem "The Mandalorian" zum großen Vorzeigehit des Streaming-Dienstes wurde, legt Disney kräftig nach. Zwei der zehn neuen "Star Wars"-Fernsehserien sind Spin-Offs der Kopfgeldjäger-Serie. Zusätzlich kommen Serien zu Han Solos Schmuggler-Kumpel Lando Calrissian, zu Androiden, Klonkriegern und zur Vergangenheit der Republik. Das größte Highlight ist sicher die Rückkehr des Superschurken Darth Vader: In der bereits angekündigten Serie "Obiwan Kenobi" soll auch der dunkle Lord wieder auftauchen - gespielt von Hayden Christensen, der ihn schon auf seinem Weg zur dunklen Seite der Macht in den Prequel-Filmen spielte.
Betrachtet man sich die begeisterten Reaktionen der Fans im Netz, müssen sich Netflix und Co. wohl warm anziehen. Disney setzt nun genau das um, was alle fürchteten. Während die Streamingdienste vor der Herausforderung stehen, immer wieder neue Marken kreieren zu müssen, um hohe Lizenzkosten zu vermeiden, kann Disney voll auf die Macht seiner größten Marken setzen. Klar, auch Netflix gelingt es immer mal wieder, einen Welthit wie "Stranger Things" zu entwickeln. Verglichen mit der Zugkraft des "Star Wars"- oder des Marvel-Universums oder den klassischen Disney-Helden verblassen die Erfolge aber ziemlich schnell.

Corona verändert das Geschäft
Dass Disney nun voll auf seinen Streaming-Dienst setzt, dürfte mehrere Gründe haben. Zum einen hat "The Mandalorian" gezeigt, dass das Konzept gut gemachter Spin-Off-Serien hervorragend angenommen wird, es lohnt sich also, hier Geld zu investieren. Zum anderen hat die Coronakrise die Digitalisierung der Unterhaltung dramatisch beschleunigt.
Das sieht man auch an Disneys Einnahmen. Weil die Geldströme aus Kinovorführungen und den Vergnügungsparks dramatisch eingebrochen sind, ist das Direktkundengeschäft, zu dem neben Disney+ etwa auch der Blu-ray-Verkauf zählt, plötzlich zur zweitwichtigsten Einnahmequelle geworden. Die Investitionen in neue Serien sollen die Sparte noch stärken. Das ist auch nötig: Obwohl die Einnahmen sich im Laufe der letzten neun Monate fast verdoppelten, macht Disney mit dem Direktkundengeschäft aktuell noch Verlust.
Wer nun aber eine Übersättigung mit neuen Inhalten fürchtet, sei beruhigt: Die Neuankündigungen kommen nicht alle in den nächsten Monaten heraus, sondern sind zum Teil für Jahre im Voraus angekündigt worden. Viele der Serien sollen im nächsten Jahr erst mit der Produktion beginnen. Ein Weihnachtsextra des Marvel-Erfolgs "Guardians of the Galaxy" soll etwa ebenfalls auf dem Streaming-Dienst laufen. Geplanter Starttermin: die Weihnachts-Saison 2023.
Quelle: Disney-Konferenz, Quartalsbericht