Im vergangenen Herbst versetzte Steve Jobs posthum die TV-Hersteller in helle Aufregung. Er wolle einen Fernseher bauen, sagte der Apple-Gründer seinem Biografen Walter Isaacson, welcher alle elektronischen Geräte wie Tablets oder Smartphones miteinander verbinde. Kein Herumgefummel mehr an Kabeln, keine DVD-Player, die man anstöpseln müsse. Der Apple-Fernseher würde so leicht zu bedienen sein, wie man es sich nur vorstellen könne. "Endlich habe ich das Problem geknackt", ließ sich Jobs zitieren.
Als diese Sätze öffentlich wurden, war der IT-Visionär bereits tot. Seitdem rätselt die Branche, was Jobs wohl in seinen letzten Tagen erfunden haben mag - und ob Apple erneut einen Markt auf den Kopf stellen kann.
Das Unternehmen aus dem kalifornischen Cupertino hat in den vergangenen Jahren viele Hardware-Hersteller vor sich hergetrieben; bei MP3-Spielern und Handys hat Apple Maßstäbe gesetzt, den Markt für Tablets sogar selbst kreiert. Kein Wunder, dass die TV-Hersteller auch den Apple-Fernseher fürchten - wenn er denn auf den Markt kommt. Die Branche wartet nun seit einem Jahr auf das Gerät. Passiert ist bislang nichts.
Die Branche macht sich bereit
Gleichwohl bauen die angestammten Hersteller schon einmal vor. Sie bilden Allianzen für Inhalte-Plattformen und entwickeln eigene Smart-TVs, die sich mit anderen Geräten verbinden lassen. Für Sony , Toshiba oder LG geht es um viel:Riesige Fernseher etwa sind für viele der Elektronikkonzerne das Aushängeschild auf der Ifa. Der Wettbewerb ist hart wie zuletzt auch der Preisverfall. Der Branchenverband Bitkom geht davon aus, dass allein die Deutschen in diesem Jahr rund 12,9 Mrd. Euro für Unterhaltungselektronik ausgeben werden - die Hälfte davon für Fernseher.
Verunsichert zeigt sich etwa LG aus Südkorea. Man beobachte das Verhalten von Apple genau und sei sich auch des Risikos bewusst, sagt Lee Kwan-sup, Chef der Marketing-Kommunikation, der "Financial Times Deutschland". Lee verweist dabei auch auf die enorme Finanzkraft, mit der Apple als das derzeit teuerste Unternehmen der Welt den Markt aufrollen könne. Doch bei LG werden die Spekulationen um einen Apple-Fernseher sehr unterschiedlich bewertet. "Ich habe meine Meinung, mein Chef eine andere, der nächste Mitarbeiter eine dritte", so Lee.
Der LG-Manager jedenfalls erwartet keinesfalls eine Revolution, wie sie etwa bei den Smartphones stattgefunden hat - allein wegen hoher Eintrittsbarrieren. "Der Apple-Fernseher wird kommen, denke ich. Aber ich schätze, es wird noch länger als ein Jahr dauern", prognostiziert Lee. Der Markt für Fernseher sei anders als der für kleine Geräte wie Handys und MP3-Spieler. "Man muss erst einmal große Investitionen tätigen, um die Panels zu bekommen", so Lee.
Bündnisse werden immer wichtiger
Doch nicht nur Apple könnte gefährlich werden für die Hersteller. Bei den Tablet-Computern etwa zogen rasch Unternehmen wie Amazon , Google und Microsoft nach. Unter anderem Apple und Google haben bereits jetzt Receiver herausgebracht, die man an den Fernseher anschließt und über die sich Medieninhalte der Konzerne empfangen lassen. TV-Hersteller wie LG, Toshiba und Philips arbeiten derzeit an einer gemeinsamen Plattform, um ihrerseits Filme und Musik zugänglich zu machen, berichtet die Agentur Bloomberg. "Es gibt eine Menge Plattformen, das Angebot ist fragmentiert", sagt Toshiba-Produktmanager Olivier van Wynendaele. Entsprechend wichtig sei es, Bündnisse zu schließen.
Übernommen aus ...
... der Onlineausgabe der "Financial Times Deutschland"
Der koreanische Hersteller Samsung hingegen wird künftig mit Google zusammenarbeiten und den Web-Browser Chrome sowie den App-Store des Betriebssystems Android auf den Fernsehern zugänglich machen. "Wenn Google etwas entwickelt, müssen wir mit ihnen zusammenarbeiten, weil sie dominierend werden können", stellt TV-Chef Kim Hyun-suk fest. Derzeit prüfen die Fernsehproduzenten, wie sie über diese Inhalte-Plattformen am Werbeumsatz mitverdienen können. LG beispielsweise hat eine Partnerschaft mit dem Vermarkter Smartclip abgeschlossen.
Entspannt gibt man sich bei Panasonic in Sachen Apple-TV. "Ich frage mich, was der Vorteil sein könnte", sagt Europa-Chef Laurent Abadie. Auf der Ifa stellt Panasonic ein System vor, das den Fernseher etwa mit Smartphones, Tablets und Kameras verbindet. "Das TV wird zu einer Art Fenster. Wir werden sehen, was andere daraus machen", so Abadie. Er erwartet nicht, dass Apple schnell mit einem Gerät komme. "Nach allem, was ich weiß, ist die Sache aufgeschoben. Apple glaubt, dass man keinen zusätzlichen Nutzen erzeuge."
Eine Hoffnung, die vor einigen Jahren auch die Handy-Hersteller hatten.