Wer soziale Medien nutzt, wird in den vergangenen Monaten sicher mindestens einmal darüber nachgedacht haben, die gängigen Apps zu löschen. Twitter, Facebook und vermehrt auch Instagram sind voller Zwist, schlechter Nachrichten, Schwurbelei und Hass. Spaß macht das oft nicht mehr, und seine Aufgabe, vom Alltag abzulenken, erfüllt das Internet somit auch nicht mehr wirklich. Doch da ist ein Account, der selbst hartgesottenen Griesgramen derzeit immer mal wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Und das, obwohl er den sperrigen niederländischen Namen "Buitengebieden" trägt. Gepostet werden hier regelmäßig Fotos und Videos von Tieren – immer herzerwärmend, lustig oder einfach süß.
Unfreiwillig komisch: Fotowettbewerb zeigt die lustigsten Tierfotos des Jahres

"Buitengebieten bedeutet wörtlich: Außengebiete", sagt Sander van den Berg, der hinter dem unheimlich erfolgreichen Account steckt, im Interview mit dem stern. Er ist 41 Jahre alt und alleinerziehender Vater von vier Kindern. Er lebt in der Nähe von Lauwersoog, nahe der niederländischen Nordseeküste, in einem solchen ländlichen "Außengebiet". "In meiner Freizeit gehe ich liebend gern wandern und fotografiere viel. Meine andere große Leidenschaft ist das Wetter. In der Vergangenheit hatte ich eine eigene Wetterstation und eine Website, die das Wetter für meine Region vorhergesagt hat", berichtet van den Berg. "Die Natur fasziniert mich einfach. Es gibt da draußen so viel zu sehen."
Der Mann hinter "Buitengebieden" ist Niederländer
Sein Geld verdient der Niederländer mit einem Vollzeitjob als Kundenbetreuer und Einkäufer für einen Webshop. Wie da die Zeit für Twitter & Co. übrig bleibt, ist erstaunlich, denn statt vor dem PC ist Sander van den Berg viel lieber draußen unterwegs. Seine Region, die innerhalb der Provinz Groningen liegt, bedeutet ihm viel. Und so entstand einst auch "Buitengebieden": "Ich habe den Account ins Leben gerufen, um Aufmerksamkeit auf die Probleme hier in Groningen zu lenken, die durch Gasbohrungen entstanden sind. Die Menschen hier kämpfen seit Jahren gegen die Politik. Es gab mehrere Erdbeben in der Provinz, die viele Häuser beschädigt haben. Anfangs hat niemand geglaubt, dass die Beben durch die Gasbohrungen entstanden sind. Wir mussten jahrelang darum kämpfen, dass das eingesehen wurde und die Hausbesitzer Entschädigungen bekamen."
Also war "Buitengebieden" anfangs, etwa 2016, paradoxerweise ein Account voller Wut, Frust und schlechter Nachrichten – und genau deshalb begann van den Berg, gelegentlich zwischen den ernsthaften Posts Tierfotos oder -videos mit seinen Followern zu teilen. "Um die Leute aufzuheitern, die mir schon folgten", erklärt der 41-Jährige. "Kurz darauf ging eins meiner Videos viral und ich wurde vom berühmten amerikanischen Basketballer Rex Chapman entdeckt, der heute ein guter Freund von mir ist. Er likte meine Posts und teilte viele Videos in seiner eigenen Timeline." Und so begann "Buitengebieden" zu wachsen – allerdings wollten die neuen Fans nun vor allem Tiervideos sehen.
"Ich habe Tiere schon immer gern gehabt"
Für Tierfreund van den Berg kein Problem: "Als Kind bin ich mit Hunden aufgewachsen. Meine Eltern leben auf einem Bauernhof und halten hobbymäßig Schafe, Hunde und Hühner. Ich habe Tiere schon immer gern gehabt, sie sind einfach süß und lustig. Heutzutage habe ich zwei Katzen, schon seit 14 Jahren: Doepy und Muis." Er ist inzwischen fast immer auf der Suche nach passenden Clips im Netz, die er teilen kann. "Ich schaue den ganzen Tag über nach Videos. Es gibt auch außerhalb von Twitter tolle Plattformen, auf denen Videos geteilt werden, wie Reddit. Eine Menge gutes Zeug findet man heutzutage natürlich auch bei Instagram und TikTok. Wenn ein Video mir ein gutes Gefühl gibt, teile ich es. Ich muss es zuallererst selbst mögen."
Diese Tier-Fotografien bringen Sie garantiert zum Schmunzeln

Er hat jedoch niemals erwartet, dass ihm je so viele Menschen folgen würden, sagt der Niederländer. "Ich hätte nie geglaubt, dass dieser Account so groß werden würde. Ich kann noch immer nicht fassen, dass ich so viele Follower habe. Jeden Tag überrascht es mich, dass meine Posts so populär sind. Für mich ist es eben noch immer der gleiche Kanal, den ich vor Jahren gestartet habe, nur eben mit ein paar Followern mehr. Es verblüfft mich auch, weil der Accountname ja nichts über den Inhalt, den ich poste, aussagt, und er ist für viele Menschen auf der Welt schwer auszusprechen. Darum erstaunt es mich, dass so viele Leute beschließen, mir zu folgen." Inzwischen sind es fast 800.000 Menschen, die auf Twitter seine warmherzigen Posts sehen wollen.

Van den Berg verdient nichts mit dem Account
"Ich bemühe mich immer, die Originalquelle eines Videos zu finden, leider ist das häufig nicht mehr möglich. Wenn ich den Urheber finde, erwähne ich ihn auf Twitter und frage ihn, ob es okay ist, wenn ich das Video auf meinem Channel teile", sagt der Niederländer. "Die Leute freuen sich immer, wenn man sie vorher fragt. Wenn man die Erlaubnis hat, bekommt man auch keinen Ärger." Ihm selbst bringt das Betreiben des erfolgreichen Accounts – nichts. Zumindest finanziell.
"Ich mache damit kein Geld", sagt Sander van den Berg. "Ich habe einen Link zu meinem PayPal-Konto in meinem Profil, für Leute, die meine Arbeit unterstützen wollen. Sonst nichts. Es haben mich schon mehrere Firmen gefragt, ob ich mit ihnen zusammenarbeiten will, aber ich habe das immer ignoriert. Geld ist nicht der Grund, warum ich auf Twitter und anderen Plattformen aktiv bin." Stattdessen möchte er einfach nur eines: "Einen positiven Vibe verbreiten und die Menschen für ein paar Sekunden von dieser verrückten Welt ablenken."
Anfangs habe er auch lustige Fail-Videos geteilt, aber das hätte er schnell wieder gelassen. Andere Menschen im Netz könnten das ohnehin besser, sagt van den Berg, und seine Follower hätten auf so etwas inzwischen auch gar keine Lust mehr. Er möchte pure Positivität. "Die Menschen brauchen eine Pause, wenn sie durch ihre Timeline scrollen. Das wollen sie auch mit ihren Freunden teilen. Es hilft ihnen dabei, sich daran zu erinnern, wie schön die Welt eigentlich ist und dass es noch Menschlichkeit gibt. Das moderne Leben ist so stressig und hektisch, da vergisst man schnell, dass die Welt größer ist als das Internet."
Immer mehr Menschen wollen ihm folgen
Gerade während der Pandemie bemerkte er, wie gut seine Postings den Menschen taten. "Vor der Pandemie hatte ich 130.000 Follower, nun sind es mehr als 750.000", sagt Sander van den Berg. "Die Reaktionen, die ich bekommen habe, haben sich im letzten Jahr auch geändert. Häufig höre ich: 'Das ist ein heller Ort in dieser dunklen Welt', oder 'Das habe ich heute gebraucht'." Er sagt, er habe sich selbst eine Mission gegeben: "Ich will ein positiver Teil von Twitter sein, ohne Politik oder negative Themen. Wir wissen alle, dass Twitter gerade oft eine negative Plattform ist, wo jeder eine Meinung hat. Doch während der Pandemie wollen die Menschen nicht immer negative Dinge lesen, sondern einfach unschuldige und lustige Videos sehen, um kurz aus dem Alltag abtauchen zu können."
Sander van den Berg erhält jede Menge Nachrichten von dankbaren Followern. "Am meisten berührt hat mich eine, die ich im vergangenen Jahr bekommen habe. "Eine Mutter hatte meine Tweets immer mit ihren Kindern geteilt. Sie ist Ende letzten Jahres gestorben, und einer meiner Tweets war die letzte Nachricht, die sie an ihre Kinder geschickt hatte. Es war ein Leuchtkäfer, der zum Flug abgehoben hat. Als ich die Nachricht eines ihrer Kinder gelesen hatte, habe ich weinen müssen."
Viele Eltern schreiben ihm, dass sie regelmäßig ihren Kinder die Tiervideos zeigen und das allen Spaß mache. "Als Single-Vater ist es manchmal schwer, so etwas zu lesen, weil ich meine Kinder nicht mehr jeden Tag hier um mich habe. Ich vermisse diese Momente, in denen man etwas Schönes mit den Kids teilen kann, sehr." Aber dann denkt er daran, dass er mit seiner Arbeit anderen Familien solche Momente bescheren kann. Und dann macht er weiter.
Sander van den Bergs Account: "Buitengebieden"