Internet-Auktion Geheime Polizeidaten im Ausverkauf

Das Internet-Auktionshaus Ebay ist immer für außergewöhnliche Schnäppchen gut. Doch was jetzt ein ahnungsloser Student ersteigerte, brachte vor allem das Innenministerium von Brandenburg in Erklärungsnot.

Erst vor kurzem war der Nachlass des Münchner Geschäftsmanns Rudolph Moshammer im Angebot des Internet-Auktionshauses Ebay aufgetaucht. Noch brisanter ist das Ebay-Schnäppchen, das jetzt ein Student machte. Für knapp 20 Euro hatte der ahnungslose Käufer eine ausrangierte Festplatte eines Potsdammer Polizeicomputers ersteigert. Was er dann beim Einbau in seinen PC auf dem Datenspeicher entdeckte, brachte die Brandenburger Ordnungshüter in Erklärungsnot. Auf der Festplatte befanden sich interne Alarmpläne für "besondere Lagen" wie Geiselnahmen oder Entführungen, Namenslisten für die Besetzung von Krisenstäben, Einsatzbefehle und -analysen sowie Lagebilder über die sicherheitspolitische Situation im Land, wie der "Spiegel" berichtet.

Innenministerium ist ratlos

Anders als normalerweise kann bei diesem Geschäft aber das Einverständnis des bisherigen Besitzers ausgeschlossen werden. Entsprechend überrascht reagierte das Potsdamer Innenministerium auf die Meldung, wonach die streng geheimen internen Alarmpläne mittlerweile an der Potsdamer Uni kursieren. "Wir können uns das zurzeit nicht erklären", sagte Ministeriumssprecherin Dorothee Stacke. Eine eilig eingesetzte Arbeitsgruppe soll nun klären, wie die Festplatte zu Ebay kam.

Der Weiterverkauf von Festplatten mit vertrauchlichen Daten ist in Brandenburg fast schon Alltag. Bis Ende 2004 wurden Festplatten, die nicht mehr gebraucht wurden geschreddert. Die darauf enthaltenen Daten konnten so - anders als bei konventionell gelöschten Laufwerken - auch von findigen Computerspezialisten nicht rekonstruiert werden. Seit Beginn dieses Jahres nun werden die Platten zunächst per Spezialverfahren gelöscht und anschließend zum Verkauf angeboten. Der Erlös fließt in die Landeskasse.

Die leere Landeskasse ist schuld

Das dabei angewandte Löschverfahren sei zuverlässig und vom Bundesamt für Sicherheit in der Datenverarbeitung anerkannt, sagte die Sprecherin von Innenminister Jörg Schönbohm. Die Firma habe Erfahrung auf dem Gebiet und vernichte "viel sensiblere Daten" als die aus dem Potsdamer Innenministerium. "Wir entsorgen pro Jahr 800 bis 1200 Festplatten", erläuterte Stacke.

Mit dem Verkauf der bereinigten Datenträger hatte Schönbohm eine neue Einnahmequelle entdeckt. Denn trotz des wegen knapper Landeskassen von Ministerpräsident Matthias Platzeck verordneten strengen Sparkurses für das gesamte Kabinett will der CDU-Politiker nur ungern bei seinen Polizisten kürzen. Auch ein geplanter Umtausch der grünen in blaue Uniformen kostet Geld.

Den Weg der offenbar nicht gelöschten Festplatte zur Internetauktion will das Innenministerium nun schnell aufklären. Ein Diebstahl ist Stacke zufolge zumindest bislang nicht registriert worden. Der Fehler scheint also bei der beauftragten Löschfirma zu liegen. "Wir werden nachprüfen, ob dort technisches Versagen vorlag oder kriminelle Energie dahinter steckte", kündigte Stacke an. Zumindest der Verkäufer wird sich schnell ermitteln lassen. "Ebay ist in solchen Fällen sehr kooperationsbereit", sagte die Ministeriumssprecherin.

Nicht die erste Panne

Eine noch größere Panne hatte sich vor einigen Jahren das Thüringer Innenministerium geleistet. Dort waren Computer des Verfassungsschutzes gestohlen worden, die während des Ministeriumsumzuges in einer Garage lagerten. Darauf befanden sich unter anderem Namen von V-Männern der Geheimdienstler in der Neonazis-Szene. Dass sich auch solche brisanten Informationen auf der Brandenburger Polizei-Festplatte befinden, schloss das Potsdamer Innenministerium aber aus.

AP
Sven Kästner/AP

PRODUKTE & TIPPS