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Internet-Tauschbörsen Schlechter Sex mit der Musikindustrie

So kann's gehen. In der aktuellen Ausgabe von NEON erklärt ein ertappter Filesharer, wie es sich anfühlt, wenn Musikanwälte ein Exempel statuieren.

Max Schmidt (Name geändert) ist einer von 68 Benutzern der Tauschbörse Kazaa, die in der ersten Welle vom deutschen Phonoverband angezeigt wurden, weil sie Musikdateien zum Download angeboten hatten. Max ist 23, Auszubildender und lebt im Raum Tuttlingen.

Wie haben Sie den Moment erlebt, als Sie merkten, dass Sie Ärger kriegen?

Eines Tages lag ein Schreiben vom Amtsgericht im Briefkasten: Verstoß gegen das Urheberrecht, fünf Musikkonzerne hätten Anzeige gegen mich erstattet. Dabei war eine Liste mit Musikdateien, die ich anderen Kazaa-Usern zum Herunterladen angeboten hatte. Knapp 650 Stück. Ich dachte: Verdammt, da hat wirklich jemand auf meine Festplatte geschaut. Mir war etwas mulmig zumute.

Sie fühlten sich ertappt.

Ja, die Liste stimmte, da half kein Leugnen. Ich sollte bei der zuständigen Polizeidienststelle vorsprechen und eine Stellungnahme dazu abgeben. Was ich lieber sein ließ. Zwei bis drei Wochen später kam dann ein Bescheid, das Verfahren sei mangels öffentlichen Interesses eingestellt worden. Da habe ich aufgeatmet. Leider etwas zu früh …

Was geschah weiter?

Mir war nicht klar, dass die Sache auf dem Privatklageweg weitergehen würde. Es kam also eine Schadensersatzforderung der Kläger. Ich nahm einen Anwalt, der meinte, die Sache sei leider ziemlich eindeutig – ich müsse zahlen und ich solle mich außergerichtlich einigen. Das habe ich dann getan. Jetzt bin ich um 4.400 Euro ärmer. Als Azubi schmerzt das schon sehr.

Wissen Sie, wann Sie den Detektiven der Musikindustrie ins Netz gegangen sind?

Das stand dabei. Am 24. Dezember des letzten Jahres. Tolles Weihnachtsgeschenk! Im ersten Schritt sind, ganz exemplarisch, nur 68 User angezeigt worden. Und das, obwohl jeder, den ich kenne, Kazaa oder ein anderes Tauschprogramm auf dem Rechner hat. Das müssen Millionen von Menschen sein. Mich hat es eben erwischt, und damit muss ich leben.

Wussten Sie, dass Sie etwas Illegales taten?

Ich wusste zwar, dass es nicht legal ist, was ich da mache. Aber mir war nicht bewusst, was da auf mich zukommt und was mich für eine Strafe erwarten würde.

Jetzt gibt man sich ja, wenn man etwas wie Kazaa benutzt, auch gerne mal einen Fantasienamen. Wie war der bei Ihnen?

Den möchte ich nicht nennen. Das ist ein Spitzname, den all meine Freunde kennen, da könnten Sie gleich meinen richtigen Namen veröffentlichen. Erwischt haben sie mich allerdings über die IP-Adresse meines Computers. Wenn gegen dich ermittelt wird, muss die Telekom den Namen hinter dieser IP-Adresse preisgeben - und dann kennt der Staatsanwalt deinen echten Namen.

Werden Sie je wieder ein Tauschprogramm benutzen?

Ganz sicher nicht. Das Spiel ist für mich zu Ende. Auch all meine Bekannten haben das Programm von ihrem Rechner gelöscht. Uns allen ist bewusst geworden, was die Folgen sein können.

Kaufen Sie Ihre Musik in Zukunft vielleicht bei legalen Downloadportalen?

Sicher nicht. Da bin ich gebrandmarkt. Wen Sie mit jemandem einmal richtig schlechten Sex hatten, machen Sie es nicht wieder. Egal auf welche Weise.

Interview: Tobias Kniebe

Weitere Artikel zum Thema Filesharing und den damit verbundenen rechtlichen Problemen finden Sie in der aktuellen Ausgabe von NEON, die seit dem 20. September im Handel ist.

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