Kolumne - Neulich im Netz Handy-Wörterbuch: Nie ohne London

Moderne Handys verfügen über die segensreiche Einrichtung T9. Sie erleichtert das SMS-Tippen ungemein, weil eine Menge Tastendrücke gespart werden. Viele Wörter stecken schon im Gerät, eigene lassen sich hinzufügen. Zeige mir dein Wörterbuch, und ich sage dir, was für ein Mensch du bist.

Gerade im zwischenmenschlichen Bereich zeigt T9 deutliche Schwächen. "Bussi" kennt es nicht, "Bussie" auch nicht, "Kuss" schon. Auch manch Körperteil fehlt völlig, gerade im Intimbereich offenbaren sich Schwächen. T9 hat zwar "Hand" und "Fuß", doch um die Jugend zu retten, gibt es kein "Petting", dafür aber "Verhütung". Spannend und vielleicht ein Fall für Schleichwerbungs-Jäger: Wer "Kondom" tippt, bekommt als Alternative "London" geboten.

"Liebeskummer" kennen die Programmierer nicht und schlagen "Lieberktnofr" vor. Mutig, die Informatiker, wenigstens was den kreativen Umgang mit Buchstaben angeht. Dafür gibt es den "Zahnarzt", aber schon bei "Zahnschmerzen" muss der kleine Kasten passen. Der "Urologe" fehlt wie auch die "Prostata", was beweist, wer hier Zielgruppe ist - und wer nicht. Ach ja, "Glatze" ist auch nicht im Angebot.

Guido Augustin

Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das A der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.

"Kappes" ist nicht "Kasper"!

Immerhin kennt das System nicht nur "Umsatz", "Gewinn" und "Eifersucht", sondern auch "Verführung", "Begeisterung", "Euphorie" und sogar "Dankbarkeit". Dafür muss man ihm "hihi" buchstabieren, aus dem rheinhessischen "Kappes" (Unsinn) macht es "Kasper" und bleibt damit immerhin in Reichweite. "Muskete" und "Panzer" stehen bereit, nicht jedoch "Gänsehaut" oder "Kribbeln". Schade eigentlich.

Und dann gibt es noch das schöne T9-Rätseln, indem man immer einen anderen Vorschlag nimmt und so fürchterliches Kauderwelsch schreibt, der andere muss dann heraus bekommen, was ursprünglich gemeint war. So kann beispielsweise aus "Ich freue mich, dich heute zu sehen" folgendes werden: "Häd freud nich, diag heute zu regen". Fragt sich, welchem Sprachraum "Häd" und "diag" entnommen sind, aber es macht Spaß.

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